Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers
gelangte ich im Handumdrehen zu folgendem Schluss: Ich war bereit für eine Beziehung, bei der es mir nicht am Arsch vorbeiging, wenn meine Freundin mit einem meiner Kollegen vögelte oder ans andere Ende des Landes zog, ohne mir etwas davon zu sagen. Ich suchte eine Frau, in die ich mich verlieben konnte, eine Frau, die ihr sterbendes Kaninchen von seinen Schmerzen erlöste.
Zurück in die Zukunft
Meinen fünfundzwanzigsten Geburtstag feierte ich in einer winzigen Wäschekammer im Avanti, umringt von sechs an deren Kellnern und einem übergewichtigen Chef de Partie namens Ramón, dessen Wange eine tätowierte Träne zierte, was vielleicht, vielleicht aber auch nicht bedeutete, dass er im Gefängnis jemanden getötet hatte.
»Herzlichen Glückwunsch«, flüsterten sie, während Ramón mir ein Tiramisu überreichte, in dessen Mitte eine einsame Kerze flackerte.
Sie flüsterten, weil die Geschäftsleitung eine neue Vorschrift erlassen hatte, nach der es den Angestellten strengstens untersagt war, während der Arbeitszeit privat miteinander zu verkehren. Insofern erinnerte diese kleine Versammlung eher an ein Geheimtreffen des kommunistischen Untergrunds der Fünfzigerjahre als an eine Feier zu Ehren des ersten Vierteljahrhunderts meiner jämmerlichen Existenz.
Obwohl wir gezwungen waren, mit gedämpfter Stimme zu sprechen, und es nach Putzmitteln und muffiger Tischwäsche roch, fand ich diese kleine Geste meiner Freunde schrecklich rührend.
»Ich habe dir kein Geschenk besorgt, dafür habe ich einem Schwein von der Farm meines Cousins eine Kugel durch den Kopf gejagt und carnitas gemacht. Ich hebe dir welche auf«, sagte Ramón.
Als ich die Kerze ausblies und meine Kollegen leise Beifall klatschten, fiel mir ein, dass ich schon an meinem siebzehnten Geburtstag in einem Restaurant gearbeitet hatte und demnach bereits seit acht Jahren in der Gastronomie tätig war. Dabei war ich schon lange nicht mehr der jugendliche Schwärmer, der seinen Träumen und Sehnsüchten nachjagte; stattdessen lief ich Gefahr, zu einem verbitterten alten Sack zu werden, der mit verschnarchten Popkultur-Anspielungen um sich wirft und seinen jüngeren Kollegen das Leben schwermacht. Ich war nach L.A. gezogen, um als Drehbuchautor durchzustarten, und während ich gleich im ersten Jahr ein Skript an den Mann gebracht hatte, schrieb ich inzwischen kaum noch etwas und schuftete stattdessen sechzig bis achtzig Stunden wöchentlich als Kellner. Was unter anderem daran lag, dass ich Geld für die Reparatur meines Ford Ranger brauchte, der nur noch in Ausnahmefällen ansprang und dessen Bremsen ein schrilles Quietschen von sich gaben, das mein rhetorisch ungemein versierter Mechaniker mit dem Geräusch verglich, »das eine Frau macht, wenn sie ordentlich durchgevögelt wird«. Leider konnte ich mich nur sehr vage an dieses Geräusch erinnern, da bei mir seit geraumer Zeit auch in puncto Frauen nichts mehr lief.
Ich war schon so lange solo, dass ich nicht einmal mehr im Traum Sex mit richtigen Frauen hatte, sondern auch dort nur zu Pornos masturbierte. Ich sehnte mich so sehr nach einer festen Beziehung, dass ich jedes weibliche Wesen, wenn es denn überhaupt einmal zu einem Rendezvous kam, gewöhnlich dadurch in die Flucht schlug, dass ich die Arme gleich zu einem oder mehreren Folgedates zu drängen versuchte oder mich pausenlos nach ihrem Wohlbefinden erkundigte. Was die Sache nicht eben leichter machte.
Ich war heimlich, still und leise in eine gefährliche Sack gasse geraten, was ich jedoch erst bemerkte, als ich die Wäschekammer verließ, um die Bestellungen einer Busladung hungriger Rentner aufzunehmen. In dem Moment wurde mir klar, dass ich genau da gelandet war, wo ich nie hatte sein wollen.
Ein paar Wochen nach meinem Geburtstag hatte ich das erste Mal seit Monaten ein Wochenende frei. Alle meine Freunde arbeiteten im Restaurant, und ich hatte nicht die Absicht, meine knapp bemessene Freizeit allein in meiner schäbigen Parterrewohnung zu verplempern – wo es noch erbärmlicher stank als sonst, seit mein dauerbekiffter Nachbar mit Feuereifer seinem neuesten Hobby nachging: Er fing mit einer Mausefalle Ratten, und wenn er sich unbeobachtet wähnte, warf er sie über den Zaun in meinen Garten. Als ich ihn dabei erwischte, spielte er den Empörten. »Vielleicht ist sie ja gesprungen, weil sie dachte, auf der anderen Seite ist Wasser, und als dann doch keins da war, ist sie verendet.« Da ich also nichts Besseres zu tun hatte und L.A.
Weitere Kostenlose Bücher