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Nochmal tanzen - Roman

Nochmal tanzen - Roman

Titel: Nochmal tanzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limmat-Verlag <Zürich>
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sagt Alice mit einem Lächeln in seine Richtung. Er streckt Fleur die Hand entgegen. «Schön, Sie kennenzulernen.» Seine Stimme kratzt.
    Alexander setzt sich in die erste Reihe, Fleur postiert sich mit der Kamera an den Bühnenrand, von wo sie den Raum überblicken und das Eintrudeln der Leute verfolgen kann. Lis rollt einen Kleiderständer neben die Bühne, Jana schiebt eine CD in die Musikanlage. Eine Frauenstimme singt:
    Dort muss ich nicht
Dort scheint die Sonne
Dort ist Zeit
Dort wie hier
    Dort friere ich nicht
Dort geschieht mir nichts
Dort ist Platz
Dort wie hier
    Dort sind andere
Dort sehe ich sie wieder
Dort kann ich
Dort
    Alexander wippt mit dem rechten Fuß und beobachtet Alice, die alleine eine Schrittfolge tanzt. Tut sie es für sich oder für den Zuschauer? Fleur versucht, es aus ihrem Gesicht zu lesen.
    Jana klatscht in die Hände: «Bitte Paare bilden.» Alice und Pascal schauen sich an, nicken sich zu. «Der eine zieht dem anderen Kleidungsstück um Kleidungsstück aus. Ihr könnt euch mit den Kleidern eindecken, die Lis zusammengetragen hat. Bitte hört auf die Musik und zieht keine Show ab. Der Jüngere beginnt.»
    Fleur sieht Alice mit einer dicken Schicht Kleider aus der Garderobe kommen und sich vor Pascal stellen. Zum Klang des Bandoneons beugt sich Pascal vor, fingert an den Knöpfen ihrer Bluse. Alice schaut ins Leere. Nachdem die Bluse zu Boden geglitten ist und den Blick auf ein Kleid frei gibt, ergreift Alice Pascals oberstes T-Shirt und rafft es bis zu seinem Schlüsselbein über den Bauch. Obwohl sie sich auf die Zehenspitzen stellt, kann sie das Leibchen nicht über seinen Kopf ziehen. Pascal hilft nach. Fleur schaut zu Alexander. Er verfolgt die Szene gebannt. Als sie die Kamera auf ihn richtet, dreht er ihr den Kopf zu. Sie lässt die Hand sinken.
    Pascal schiebt den Träger von Alice’ nächstem Kleid mit der flachen Hand von ihrer Schulter und schaut ihr dabei in die Augen. Der Träger rutscht über den Oberarm bis zum Ellbogen. Der zweite Träger lässt sich nur wenig zur Seite bewegen. Pascal versucht es noch einmal. Als es nicht klappt, fasst er Alice an den Schultern und dreht sie, bis sie mit dem Rücken vor ihm steht. Langsam öffnet er den Reißverschluss am Rücken. Das Kleid fällt zu Boden. Alice steigt darüber und geht in einem Bogen auf Pascal zu. Beide halten Blickkontakt.
    Zuletzt steht Alice mit nackten Beinen und Armen, nur mit einem Unterrock bekleidet vor Pascal, der Boxershorts anhat. Hilfe suchend blicken sie zur Regisseurin. «Stopp!», ruft diese und wedelt mit den Armen. «Den Rest proben Pascal, Alice und ich alleine. Alle raus aus dem Probesaal. Danke für heute.»
    Fleur schaut auf die Uhr. Noch eine halbe Stunde bis zum Probenende. Soll sie auf Alice warten oder alleine nach Hause gehen? Alexander steht auf und kommt auf sie zu. «Leisten Sie mir Gesellschaft, Fleur?» Sie zögert und beginnt, die Fotoausrüstung zusammenzupacken. Worüber soll sie sich mit ihm unterhalten? «Lassen Sie uns im Imbiss unten auf Alice warten. Schreiben Sie ihr bitte eine SMS , ich habe kein Mobiltelefon.» Fleur hängt ihre Tasche um, tippt die Nachricht ein.
    Seite an Seite gehen sie durch die Flure, vorbei an Menschenskelett, Gesteinsproben, Atommodellen aus Plastik, eingelegtem Affenhirn, dem Stammbaum der Familie Escher. Alexander guckt in jede Vitrine. «Ist das verstaubt», murmelt er. Fleur ärgert sich. Woher nimmt er das Recht, über ihr Schulhaus zu lästern. Sie mag die großen Fenster, die breiten Fensterbänke aus Sandstein, die Nischen darunter und die Vitrinen, im Schulhausjargon «Schauerkästen» genannt. In keinem Schulhaus gibt es mehr Licht, in keinem eine schönere Turnhalle. Man kann die Turnstunden von einer Empore aus verfolgen und dabei tuscheln, ohne einen Rüffel zu kassieren. Als Sarah und sie in die zweite Klasse gingen, saßen sie jeden Mittwoch dort, um den Jungen der fünften Klasse beim Basketballspielen zuzusehen. Sarah gefiel ein Typ mit Rastafrisur besonders, Fleur der Sportlehrer.
    Vor dem Hauptportal schreitet Alexander aus, um die Türfalle zu drücken. Die Tür schwingt auf, bevor er die Klinke berührt. Fleur unterdrückt ein Kichern. «Nichts für altmodische Männer», sagt er.
    Auf dem Weg den Hügel hinunter überlegt sie, was sie sagen könnte. Wo sind Sie zur Schule gegangen? Keine Frage an einen alten Mann. Leben Sie in der Stadt? Hat ihr Alice schon erzählt. Alexander schaut auf die Straße unter ihnen, wo Baumaschinen

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