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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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Schlaf nachholen. Mach dir keinen Kopf. Ich habe alles im Griff.“
    „Willst du wirklich allein sein? Du könntest bei mir …“
    „Nein. Es ist alles okay. Gute Nacht.“
    Sie rannte aus dem Café und winkte ein Taxi herbei. Seliger Dämme r zustand umhüllte sie wie ein warmer Mantel, kaum dass sie in den Rüc k sitz gesunken war. Noch erreichten sie keine Visionen, aber Sara fühlte, wie nah sie waren. Wartend. Lauernd.
    Es erforderte all ihre Konzentration, während der Fahrt nicht einz u schlafen. Immer wieder stieß sie ihre Stirn gegen die Scheibe, rieb sich die Augen oder kniff sich in den Arm. Die kurze Fahrt zu ihrer Wo h nung zog sich zu einer Ewigkeit.
    Sara bezahlte den Fahrer, stürmte die Treppen hinauf und atmete erst aus, als die Tür hinter ihr zufiel. Summende Stille. Dunkelheit. Endlich.
    Normalerweise ging sie nicht schlafen, ohne sich einen Kaffee gekocht und eine Weile mit der dampfenden Tasse in der Hand auf die Stadt hinuntergeblickt zu haben, doch diesmal war jedes Alltagsritual zweitra n gig. Sie duschte, schlüpfte in ihr Nachthemd, legte sich auf das Bett und wartete. Auf dem Schreibtisch tickte die Uhr. Durch das Fenster fiel das Licht eines orangefarbenen, vom künstlichen Licht ausgebleichten Halbmondes.
    Zuerst begann es mit Gerüchen. Pferdefell und Erde, ein Hauch Fäu l nis und Schlamm. Die Decke ihres Schlafzimmers löste sich auf und zeigte einen weiten, klaren Abendhimmel. Nirgendwo Smog. Nirgendwo die Streifen zahlloser Flugzeuge. Es war der reine, ungetrübte Himmel der alten Welt. Leder schmiegte sich an ihre Haut. Ihre Schenkel schlo s sen sich um den warmen Leib eines Pferdes.
    Naduah schloss die Augen und spürte, wie sie davontrieb.
    Zurück nach Hause.
     

Naduah, 1844
     
    W
    ie auf de n Grund eines fliederfarbenen Himmels gemalt leuchtete der Vollmond. Naduah saß auf Siyos Rücken, betrachtete das Gestirn und fühlte, wie eine bittersüße Schwermut in ihr heranwuchs. Birken, Pappeln und wilder Roggen r a schelten im Frühlingswind, der den Duft der ersten Blumen in sich trug. Grasbewachsene Hügel wellten sich wie in ihrer Heimat und ließen Naduah fast vergessen, wie viele Tagesritte sie noch vom Dorf trennten. So sehr hatte sie die Weite vermisst. Die En d losigkeit, die dem Auge so gut tat und ihre Seele atmen ließ. Herrlich war der Abendhimmel, der das Land überspannte. Die weißen Stämme der Birken fingen sein Licht ein und spiegelten es wider.
    Nocona würde noch diesen Sommer zurückkehren, dessen war sie sich sicher. Sie würde gemeinsam mit ihm die Große Jagd bestreiten und darauf warten, dass er bei Mahto um ihre Hand anhielt. Naduah betrac h tete die dunklen Flecken auf dem Angesicht des Mondes, drehte ihren Zopf zwischen den Fingern und zitterte vor Ungeduld.
    Am Rande einer Roggenwiese garte ein Antilopenhase über dem Fe u er. Mahto machte sich einen Spaß daraus, gegen die Strömung des Flu s ses anzuschwimmen, während sein Mustang am Ufer graste. Doch sie war nicht hier, um zu träumen, sondern um zu lernen, also nahm sie ihr Training wieder auf.
    Siyo spürte die winzigste Muskelbewegung ihrer Reiterin und trottete je nach Weisung vorwärts oder rückwärts, drehte sich oder neigte sich zu Boden wie bei einer Verbeugung. Sie wich imaginären Angreifern aus, galoppierte ein Stück, stemmte ihre Vorderhufe in die Erde und kam schlingernd zum Stehen.
    Naduah empfand tiefgehenden Stolz. Es war ihr gelungen, das Band zu knüpfen. So, wie Nocona seinen Hengst auf magische Weise gelenkt hatte, tat sie es nun mit Siyo.
    Ob sie die einzige Frau im Jägertrupp sein würde? Es gab nicht viele Geschlechtsgenossinnen, die nach denselben Dingen strebten wie sie. Die meisten waren zufrieden damit, über das Tipi und die Familie zu herrschen, was ihr wilder Geist nicht nachvollziehen konnte. Es war Frauen nicht grundsätzlich verboten, auf die Jagd zu gehen , hatte Mahto ihr erzählt . Meist taten sie es, weil ihre Männer verhindert waren oder weil es einfach keinen Mann mehr gab, der für die Familie Fleisch b e schaffen konnte. Vie l leicht würden mit ihr noch andere Frauen jagen. Vielleicht würde es aber auch keinen Nocona geben, den sie beeindr u cken konnte.
    Naduah sank zurück und stützte sich auf Siyos Kruppe ab. Seelenruhig begann das Pferd zu grasen. Dunkelheit senkte sich über den Himmel, das Rückgrat der Nacht malte sein funkelndes Band in das Firmament. Lange blickte sie dort hinauf, träumte von der anderen Welt und von den Feuern der

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