Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
leichte Jag d kleidung gegen fellgefütterte, hohe Mokassins, ein langes Hemd aus dickem, weichem Leder und eine Bisonrobe. Der Geruch von Schnee trieb durch die Nacht. In diesem Winter würde er, sollte er lebend z u rückkehren, endlich seinen Frieden finden.
Surrend tanzte seine Lanze durch die Luft, als er zu den Pferden hi n überging. Das Spiel mit der Waffe vermittelte ihm Stärke und Ruhe. Die nach Tod gierenden Monster zogen widerwillig ihre Krallen ein. Mit lockeren Handbewegungen drehte er die Lanze, während langsam, ganz langsam, das verzehrende Feuer in seinen Lenden erlosch. Wie sehr diese r Körperteil schmerzen konnte, wenn e r nicht bekam, was e r wollte, hätte Nocona sich nie träumen lassen. In Naduahs Nähe fühlte es sich an, als müss t e e r platzen wie eine überreife Pflaume.
Er konzentrierte sich auf das Gewicht der Lanze, auf die Gleichmäßi g keit ihrer Bewegungen und das Blitzen der Klinge, das die Nacht durc h schnitt, wenn er einen Ausfallschritt vollführte. Sein Geist lechzte nach Ablenkung. Ein Raubzug von solchem Ausmaß war gewagt, doch er war mehr als bereit, sich der Herausforderung zu stellen. Die Osage moc h ten gute Pferdezüchter sein, aber was den Krieg anging, konnte sich ni e mand mit den Nunumu messen. Abgesehen vielleicht von den Dog So l diers der Cheyenne. Nocona fieberte dem Kampf entgegen, doch er würde die Monster nicht von ihren Fesseln befreien. Die Osage waren nicht seine Feinde. Sie waren wie Kinder, die man ärgerte und neckte. Man stahl ihnen die Pferde unter der Nase weg und man nutzte sie, um die Anzahl seiner Coups zu erhöhen. Ihr Schmerz war es nicht, nach dem er lechzte.
Nocona ließ die Lanze über seinem Kopf herumwirbeln, schneller und schneller, bis sie mit der Nacht verschmolz, dann stieß er sie h in ab und rammte sie mit aller Kraft in den Boden. In seiner Vorstellung war es keine Erde, die er durchbohrte. Blut strömte aus bleichen Hälsen. Helles Haar löste sich mit feuchtem Reißen vom Schädel. Stinkende, erbärml i che Kreaturen bettelten um ihr Leben.
Die Beine drohten unter ihm nachzugeben. Stechende Insekten summten hinter seinen Schläfen. Wütend klammerte er sich an der La n ze fest und wartete darauf, dass sie verschwand en.
„Diese Nacht … ich schaffe das nicht. Nicht noch einmal. Bring mich nach Hause, Bruder …“
Mit einem gewaltigen Aufbäumen seines Willens zwang er die Monster zurück in ihre Ketten. Schale Kälte füllte seine Seele. Er riss die Lanze aus dem Boden, atmete tief ein und lief weiter. Gefrorenes Gras knirsc h te unter seinen Schritten. Icabu und Makamnaya saßen aufbruchbereit auf ihren Pferden und blickten ihm entgegen. Ihre Gestalten vor der Blässe der frostigen Prärie ließen die gefesselten Monster fauchen und geifern. Noconas Schritte wurden steif. Nie würden seine Freunde erfa h ren, weshalb er jedes Mal, wenn einer der beiden ihn berührte, zurüc k zuckte. Nie würde er ihnen sagen, woher der Hass kam, der seine Augen verdunkelte, wenn Icabus Lachen dem einer toten Kreatur zu sehr ähne l te. Er musste es endlich beenden. Nicht eher würde er zurückkehren, bis sein altes Leben endgültig vernichtet war.
„Falls wir deinen gut durchdachten Plan überleben, wird das Feuer deiner Lenden viele Nächte lang brennen.“ Icabu ließ das Messer zw i schen den Fingern tanzten. Sein mit schwarzer und roter Farbe bedec k tes Gesicht glich dem Antlitz eines Dämons. „So lange, bis entweder du ohnmächtig wirst oder deine blauäugige Krötenechse.“
„Du solltest Büffelhörner über dein Lager hängen“, schlug Makamnaya vor und bildete auf seiner riesigen, mexikanischen Fuchsst u te ein Felsmonument. „Damit deine Kraft an die eines Stieres hera n reicht.“
Nocona sagte nichts. Er umfing Cetans Kopf und lehnte seine Stirn gegen die des Tieres. S eidige Wärme besänftigte seine Gedanken. Er kraulte das Stirnhaar des Pferdes, flüsterte ihm sanfte Worte ins Ohr und dachte an das, was ihm das Leben schenken würde, wenn er es schaffte, sich selbst zu besiegen. Als er sich auf den Rücken des Tieres zog, e r wachte ein neuer Hunger in ihm. Das Verlangen, in die nächtliche Prärie hinauszureiten. Das Verlangen, Sehnsüchte ebenso hinter sich zu lassen wie die Geister der Erinnerung,
„Vielleicht solltest du ein Gürteltier töten und es vor deinem Zelt ve r graben.“ Icabu ritt neben ihm her und musterte Nocona mit den Augen eines Fuchses. „Ich habe gehört, dass diese Medizin für
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