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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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saß vor ihm, starr und fassungslos.
    Ja, es war die Wirklichkeit. Er war wieder bei ihr.
    Großer Geist …
    Jahre schienen vergangen zu sein, seit sie auf ihn gewartet hatte.
    Noch einmal führte er sie hinunter zum Fluss. Während das Wasser ihre Beine umströmte und Kühlung verschaffte, kämmten seine Finger durch ihr schulterlanges Haar. Er küsste ihre Stirn und ihre Wangen. Federleicht glitten seine Lippen über ihre Haut. Küssten sie. Küssten sie ohne Unterlass , und jeder Kuss legte sich wie Medizin über den Schmerz des Verlustes und löschte das Brennen der Trauer.
    Hand in Hand gingen sie an das Ufer, um sich in das staubtrockene Gras zu setzen. Naduah schwelgte im sonnenwarmen Duft seiner Haut. Im Geräusch seines Atems. Im Herzschlag unter ihren Fingern. Eine Strähne seines Haares strich über ihren Handrücken. Sie beugte sich vor und roch daran. Ein Hauch von Salbei.
    „Bist du wieder bei mir, mein Blauauge?“
    Naduah blinzelte. „Ja. Ich muss eingeschlafen sein.“
    „Du lagst in der prallen Sonne. Kein Wunder, dass du mehr tot als l e bendig bist. Warum hast du das getan? Wolltest du etwa …“
    Sie sah den Schrecken in seinem Gesicht und hob abwehrend beide Arme. „Nein, es war keine Absicht. Ich bin im Schatten eingeschlafen, und als ich aufwachte, lag ich in der Sonne.“
    Keine Erleichterung zeigte sich in seinem Blick. „Du hast deine Wu n den schlecht behandelt . Dein Blut hätte giftig werden können.“
    „Meine Wunden sind immer gut geheilt.“
    Er seufzte und schüttelte den Kopf. Das Braun seiner Augen war nicht mehr warm, sondern stumpf vor Furcht und Schrecken.
    „Was ist geschehen? Erzähl es mir, mein Blauauge. Erzähl mir alles.“
    Plötzlich lag sie weinend in Noconas Armen. Ihr Körper zuckte und wand sich, Tränen liefen über ihre Wangen, ihr Hals zog sich in Kräm p fen zusammen. Er hielt sie fest. Hielt sie einfach nur fest, bis es besser wurde, und raunte leise Worte in ihr Ohr.
    „Soldaten …“, brachte sie endlich hervor.
    Alles Vergrabene brach aus ihr hervor, in einem gewaltigen, befreie n den Strom. Nocona hörte ihr zu, schweigend und gefasst, strich über ihr Haar und legte seine Stirn gegen ihre, wenn die W o rte sich in Messer verwandelten und in ihrer Kehle feststeckten. Noch immer konnte sie kaum begreifen, dass er hier vor ihr lag. Dass sie nur die Hand ausstr e cken musste, um sein Gesicht zu berühren. Ein Gesicht, dessen Jugend so unberührt schien, so unangetastet von allem Schrecken, als wäre er eines der göttlichen Wesen, die mit unerschöpflicher Kraft und Zuve r sicht zur Erde kamen, um den weniger Starken Trost zu spenden.
    Während der Wind im sonnenverbrannten Gras klagte und das tr o ckene, herbstgelbe Laub von den Zweigen riss, beendete Naduah ihre Geschichte.
    „Was ist mit Peta?“, fragte Nocona. „Und mit meiner Schwester?“
    „Sie leben. Peta kümmert sich um Quanah. Die Kotsoteka im Westen nahmen uns auf. Makamnaya wurde schwer verletzt, aber Kehala pflegt ihn. Er wird wieder gesund.“
    „Und Zuzueca? Er ist tot, nicht wahr?“
    „Sie haben ihn hingerichtet. So wie Icabu und alle anderen Krieger. Nur drei konnten entkommen. Sie folgten den Soldaten bis in ein Fort und sahen zu, wie man sie erschoss. Alle gingen stolz in die andere Welt, mit dem Totenlied auf den Lippen. Sie haben ihren Platz an den Rat s feuern unserer Ahnen gefunden.“
    Noconas Gesicht war eine vollendete Maske. Es war unmöglich zu s a gen, was er fühlte. Ihr war, als würde n Erleichterung, Schmerz und Glück sie von innen her zerreißen, und doch zwang sie sich, vor ihm zurückzuweichen, die Tränen von ihren Wangen zu wischen und ihn zu mustern.
    Er hatte sich nicht verändert. Wäre das Leid in seinem Gesicht nicht gewesen, hätte Naduah sich in die Illusion fallen lassen können, alles wäre wie früher.
    „Warum warst du so lange fort?“
    „Ich war krank“, antwortete er. „An viel erinnere ich mich nicht mehr. Ich weiß noch, dass ich viele Tage in einem Bett der Weißen lag. Es stank und war klamm, und in das Zimmer, in das man mich eingesperrt hatte, kam nicht einmal der kleinste Luftzug.“
    „Zimmer?“ Naduah fuhr hoch. „Eingesperrt? Du warst wo? Bei den Weißen?“
    Nocona erzählte. Sie erfuhr von den MacKenzies, von ihrem langen Weg, dem Fieber und dem Fort. Der Gedanke, dass man Nocona zu einem Arzt geschmuggelt hatte, umgeben von Dutzenden Feinden, die ihn ohne mit der Wimper zu zucken aufgehängt hätten, stürzte sie in

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