Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
von uns beiden. Genau wie Quanah. Nur in einem anderen Verhältnis.“
„Denkst du, sie werden sich eines Tages lieben? So, wie es sich für Brüder gehört?“
„Die beiden lieben sich jetzt schon. Quanah ist nur zu stolz, es zuz u geben. Er ist ein arroganter Königsvogel. Böse Stimmen behaupten, ich wäre auch mal einer gewesen.“
Naduah grinste und schmiegte ihr Gesicht an Noconas sonnenwarme Brust. Sie wickelte sich eine Strähne seines Haares um ihren Finger, be o bachtete, wie sie schillerte, nachtblau und indigofarben, roch daran und ließ das weiche Haar über ihre Wange streichen. „Ich habe gesehen“, flüsterte sie, „wie er Pecan getröstet hat, als er vom Pferd fiel. Aber erst, als seine Freunde verschwunden waren.“
„Und ich habe gehört , wie er ihn und Asa in den Mittagsschlaf gesu n gen hat. Natürlich erst, nachdem die drei allein am Fluss waren.“
„Du glaubst also, alles wird gut?“
Nocona atmete tief durch . Seine Arme schlossen sich um sie und b e schützten sie. Heiß brannte die Sonne auf ihren Rücken, doch die Scha t ten wurden bereits länger. Der Abend nahte. Ein prachtvoller Somme r abend, auf den eine prachtvolle Nacht folgen würde.
„Ja“, murmelte Nocona und legte sein Ohr an ihren Bauch. „Das glaube ich. Nein, ich weiß es. Alles wird gut.“
Nocona, 1864
I
m dichten Schneetreiben war das Dorf nicht zu sehen, nur zu spüren. Dieses vertraute, wohlige und doch schreckl i che Gefühl, nach Hause zu kommen. Schrecklich, weil sie auch diesmal mit leeren Händen zurückkehrten. Im Herbst, als sie ausg e zogen waren, um Wintervorräte herbeizuschaffen, waren die Wälder des C a nyons geplündert und getötet worden . Es gab k eine Hirsche mehr , keine Ant i lopen, kein Wild, mit dem sie ihre Familie hätten ernähren können. Stattdessen fa n den sie verwesende, unangetastete Kadaver. Leichname, aufgestapelt zu stinkenden Haufen, die nur dazu dienten, sie zu verhö h nen.
Die Erkenntnis war wie ein harter Schlag gewesen .
Weiße hatten zwar nicht das Dorf, aber den Canyon gefunden. Weiße, die nur einer Aufgabe wegen in die Prärie geschickt wurden. Das Wild zu töten, wo auch immer es ihnen begegnete, um dem Feind, der einfach nicht aufgeben wollte, für sein Land und seine Freiheit zu kämpfen, die Lebensgrundlage zu entziehen.
Der Plan der Gelben Haare ging auf.
Im Herbst waren zum ersten Mal keine Büffel über die Staked Plains gezogen. Soweit die Erinnerung in den Winterzählungen zurückreichte, hatte es immer eine Große Jagd gegeben, doch diesmal waren die Kri e ger ohne Beute heimgekehrt. Auf den Gestellen trocknete kein Fleisch, aus den Räucherhöhlen stieg kein Qualm auf. Bei der Rückkehr der Jäger hatten die Frauen ängstlich von vielen Schüssen erzählt, die tagelang durch die Schluchten gehallt waren. Man hatte eilig die Zelte abgebaut und sich versteckt, bis das unheimliche Treiben einer g e spenstischen Stille gew i chen war.
Nocona wusste, dass ihre Zukunft mit den Büffeln, den Hirschen und den Antilopen starb. Der Winter war lang und hart, die Vorräte aufg e braucht. Jede Jagd wurde zu einem Kampf um Leben und Tod.
Vor dieser düsteren Zeit hatte ihnen das Schicksal ein wundervolles Jahr geschenkt, in dessen wärmster Nacht seine Tochter geboren worden war. Ihr drittes Kind. Topsannah, seine Prärierose. Er liebte Quanah, er vergötterte Pecan, doch seine Tochter hatte vom ersten Augenblick an etwas in ihm ausgelöst, dass er nicht in Worte fassen konnte. Sie war Naduahs kleines Abbild. Sie trug die äußere wie ihre innere Schönheit ihrer Mutter, und wenn ihn bei seinen Söhnen der tief gehende Stolz eines Vaters erfüllte, sein Erbe vor sich zu sehen, war Topsannah wie Naduah selbst zu der Wärme geworden, die sein Herz am Schlagen hielt und seine Seele mit Glück erfüllte.
Um seiner Familie willen hatte Nocona gebetet, diesmal etwas zu fi n den. Und seien es nur magere Präriehühner oder Antilopenhasen, die immerhin für eine gute Suppe getaugt hätten. Doch die Packpferde tro t teten ohne Last hinter ihnen her. Kein Fleisch, das Naduahs, Topsannahs, Quanahs und Pecans hungrige M ä gen füllen würde. Kein Fleisch für Asa, Kehala und ihren Sohn, der erst im letzten Mond geb o ren wo r den war.
Makamnaya ließ den Kopf hängen. Er sagte nichts, beschränkte sich nur auf Blicke, die Nocona sporadisch trafen und ihm eine stumme Bo t schaft vermittelten, die niemand wagte, laut auszusprechen.
Der Feind war dabei, zu
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