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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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Küken heraus und riss ihnen die Köpfe ab. Federn wehten wie Schneeflocken durch den Sonnenschein, die Erde tränkte sich in Blut. Bis zum Mittag war der gesamte Schwarm ausgerottet, denn die Tauben flohen nicht, sondern kehrten ein ums andere Mal zu ihren zerstörten Nestern zurück. So la n ge, bis kein Tier mehr am Leben war.
    Als das Kreischen der Vögel verstummte, trieben Männer Schweine herbei, damit sie sich an den Tauben, die man übrig ließ, satt fressen konnten.
    Während sich das ganze Fort zu einem rauschenden Fest zusamme n fand, raffte Naduah die nötigsten Dinge zusammen, drückte Topsannah an ihre Brust und schlich au f leisen Sohlen aus dem Haus. Niemand hielt sie auf. Das Lachen und Grölen der feiernden Menschen übertönte das Scheppern der Bretter, über die sie in ihrer Hast stolperte. Naduah blic k te nicht zurück. Sie nahm Wohnhäuser, Ställe und Schuppen als D e ckung, suchte sich eine Stelle an den Palisaden, die gut zu überwinden war, und kletterte darüber. Ihr Körper war schwach g e worden, rund und alt und hässlich, aber die Hoffnung sorgte dafür, dass er wenigstens für kurze Zeit zu seiner alten Kraft zurückfand.
    Hart krachte sie zu Boden, bemerkte erleichtert, dass kein Schmerz durch ihren Körper zuckte, und rannte los, hin zu dem lichten Birke n wäldchen, das sich entlang des Flusses zog. Diesmal würde ihr die Flucht gelingen. Sie sah bereits Noconas Augen, leuchtend vor Freude. Sie sah Quanahs lachendes Gesicht und spürte Pecans zarte Umarmung.
    Endlich! Endlich !
    Sie rannte, bis ihre Kraft versagte, und als sie glaubte, tot zusamme n brechen zu müssen, raffte sie sich noch einmal auf und lief umso schne l ler. Sonnenstrahlen glitzerten auf frischem Laub. Die weißen Birke n stämme spiegelten sich i m ruhige n Wasser des Stromes.
    Beinahe fühlte es sich an, als wäre sie bereits zu Hause.
    Pferdehufe trommelten auf regenweichen Boden. Sie kamen schnell näher.
    Naduah ignorierte das Stechen in ihren Rippen und das Brennen ihrer Lu n gen. Wenn man sie jetzt erwischte, war ihre letzte Chance verspielt. Man würde sie einsperren, ans Bett fesseln, ihr Topsannah wegnehmen und den Pastor schicken, damit er ihre Schreie mit seinen Predig t en übertönte. Keiner würde ihr mehr Glauben schenken, wenn sie auge n scheinlich resignierte.
    Der Rock wickelte sich um ihre Beine und hinderte sie am schnellen Lauf. Verzweifelt riss sie ihn sich vom Leib, warf ihn beiseite und stür m te weiter, durch den Fluss hindurch auf die andere Seite, wo der Birke n wald dichter war. Dort, weit im Westen, hinter dem Horizont, lag ihre Heimat. Und sie würde dorthin zurückkehren. Koste es, was es wolle.
    Der Zorn verlieh Naduah neue Kraft. Die Schmerzen vergingen, Leichtigkeit erfüllte ihre Muskeln.
    Bald würden ihre Verfolger aufgeben. Bald war sie gerettet. In das dichte Unterholz, das keine hundert Schritte entfernt auf sie wartete, konnten ihr die Pferde nicht folgen. Sie war eine Nunumu. Der Wald war ihr Freund. Kein Weißer lief so schnell wie ein Schatten.
    Etwas schlang sich um ihre Beine. Es gelang ihr gerade noch, sich zur Seite zu drehen, als sie mit betäubender Wucht auf den Boden aufschlug. Topsannah glitt aus ihren Armen und rollte mit rudernden Armen einen Hang hinab. Fast hätte sie ihre eigene Tochter unter sich begraben. Der Zorn machte sie rasend. Hastig wickelte sie das Seil von ihren Füßen, sprang auf und stürzte sich auf den Mann, der ihr am N ächsten war. Sie bohrte ihre Finger in seine Augen, noch ehe ihm ein Laut der Verblü f fung entfuhr. Tief drückte sie ihre Nägel in die Höhlen, so fest sie kon n te, spie und spuckte ihm ihre Verachtung entgegen, klammerte sich an ih m fest und rang ihn zu Boden. Arme packten sie und rissen sie zurück. Blutige Höhlen klafften im Gesicht des Mannes. Sie hatte ihm das A u genlicht genommen. Für immer. Doch die Rache schmeckte bitter wie Galle.
    Einer der Männer fischte Topsannah aus dem Bach, in den sie gerollt war. Jahre war es her gewesen, dass Naduah ihre Tochter weinen gehört hatte, und deshalb war das Schluchzen, das nun erklang, umso schreckl i cher.
    Ein Mann kümmerte sich um den Schwerverletzten, der andere holte aus und verpasste Naduah einen Schlag, der sie zu Boden warf. Kaum hatte sie sich herumgerollt, atemlos vor Schmerz und Wut, zerrte er sie wieder hoch, fesselte ihre Hand- und Fußgelenke und warf sie über sein Pferd, als wäre sie ein lebloses Stück Fleisch.
     

Nocona, 1868
     
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