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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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damit ausfüllte.
    „Bitte lass ihn leben, lieber Gott. Ich will ihm helfen. Das ist doch meine Aufgabe, oder? Lass mich nicht zu spät kommen.“
    Sie öffnete die Augen und sah den wasserblauen Himmel über sich. Der Pastor wäre entsetzt darüber gewesen, dass sie Gebete für einen Heiden sprach. Aber der Pastor war tot. Ein seltsames Gefühl, so weit weg von allem zu sein. Es musste Gottes Wille sein. Vielleicht war sie eine Auserwählte, und Auserwählte waren in den Geschichten vom Schicksal gebeutelt. Es machte sie stark und unbeugsam. Sie gingen einen steinigen Weg, doch am Ende stand Erlösung.
    Schnell tat sie das, wofür sie gekommen war, kehrte zum Ufer zurück, wi c kelte das Lederstück um ihre Hüften und zog das Hemd darüber. Ihre Füße begannen wieder zu schmerzen, doch sie ignorierte es.
    Mahto, der neben seinem Pferd im Gras saß und eine bunt bemalte Pfeife rauchte, erhob sich bei ihrem Anblick. Er schien beeindruckt zu sein. Davon, dass sie nicht fortgelaufen war? Oder davon, wie tapfer sie den Schmerz unterdrückte?
    Sie aßen gemeinsam Stockbrot, getrocknetes Fleisch und Felsenbirnen, dann bedeutete ihr Mahto, dass die Reise weiterging. Bereitwillig ließ sie sich auf den Mustang heben, und als der Mann endlich wieder hinter ihr saß, fühlte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben behütet. Sie kehrten zurück in den Wind und in den Himmel. Und wenn Gott ihr eine Au f gabe zugedacht hatte, würde sie alles tun, um sie zu seiner Zufriedenheit zu erfüllen. Nein, sie würde ihn nicht noch einmal enttäuschen.
    Unbemerkt floss die Zeit dahin. Es wurde Nachmittag. Die Sonne wanderte weiter, tauchte das Meer aus Gras in flirrende Hitze und ve r wandelte das Blau des Himmels in milchiges Weiß. Immer weiter ritten sie, bis der mit Wasser gefüllte Lederbeutel leer war und jeder Muskel in ihrem Körper schmerzte.
    Meile um Meile führte sie ihr Weg über die Hügel. Als der Abend sein schweres , staubiges Licht über die Hügel legte, sahen sie von W eitem eine He r de Gabelantilopen. Mit anmutigen Sprüngen jagten die Tiere davon, als sie sich ihnen näherten. Kurz darauf entdeckte Cynthia einen Adler, der aus einer Senke aufflog und bald so weit oben am Himmel kreiste, dass ihre Augen ihm nicht mehr folgen konnten.
    Hügel um Hügel erklomm Mahtos Pferd, während im Osten der Mond aufging. Als der Indianer sein Tier irgendwann zügelte, setzte Cynthias Herz einen Schlag aus. Dort über dem Horizont, blass im Dunst des schwindenden Lichtes, tauchten die Si l houetten von Zelten auf.
    Noconas Dorf.
    Mahto drückte dem Pferd die Hacken in die Flanken und ließ es noch ei n mal fliegen, hin zu den in der Dämmerung leuchtenden Tipis. Cynthia sah den Schein vieler Feuerstellen. Sie sah Frauen, Männer und Kinder. Pferde, Hunde und zwei zahme Antilopen. Ein Trällern erhob sich, das hell und freundlich klang. Unvermittelt fand sie sich umzingelt. Die Frauen stießen ihre melodischen Laute aus, die Männer nic k ten ihnen mit schweigender Noblesse zu. Kleine Jungen schwangen ihre Spie l zeugbögen, Mädchen hielten merkwürdige Stäbe empor, an deren Ende haarige Büschel im Wind flatterten.
    Vor einem Tipi, das von zwei riesigen Feigenkakteen flankiert war, brachte Mahto sein Pferd zum Stehen, stieg ab und hob Cynthia h in u n ter . Finger zupften an ihrem Kleid, streichelten über ihr Haar und b e rührten ihre Haut. Stimmen redeten auf sie ein, während ein struppiger Hund, der Ähnlichkeit mit einem Fuchs besaß, an ihrem Bein schnüffe l te.
    A ls sie sich hinabbeugte, um das Tier zu streicheln, wurde das Fell vor dem Eingang des Tipis zurückgeschlagen. Zwei Frauen traten heraus. Ihr Herz geriet ins Stolpern. Es mussten Noconas Mutter und seine Schwe s ter sein. Die Ähnlichkeit war verblüffend. Die ältere der Frauen, eine würdevolle Erscheinung mit zwei geflochtenen, hüftlangen Zöpfen, nahm Cynthia bei den Schultern und musterte sie. Das Mädchen hinter ihr besaß die Schönheit eines Engels. Ihre Zöpfe waren dick wie Cy n thias Oberarme und glänzten kostbarer als Seide. Makellos war ihre hel l bronzene Haut, ihre Augen riesig und umkränzt von dichten Wimpern.
    Während sich die ältere Frau Mahto zuwandte und ein erregtes G e spräch mit ihm begann, blickte das Mädchen stur zu Boden. Cynthia schwirrte der Kopf von all den durcheinanderplappernden Stimmen. Es währte eine Ewigkeit, bis die alte Frau endlich beiseitetrat und den Z u gang zum Tipi freigab.
    „Ho iya, ti mahel iyapo.“

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