Nocturne City 01 - Schattenwoelfe
verfing.
„Welchen?“, presste ich hervor, ohne zu wissen, wie ich in dieser Situation überhaupt sprechen konnte.
„Du hast mich auf den Geschmack gebracht“, knurrte er.
Ich zog meinen Kopf einige Zentimeter zurück und schaute ihm tief in die Augen. Sie waren neblig wie alte Smaragde, und seine Wangen waren ebenso errötet wie meine. „Warum willst du das so sehr, Dmitri?“
Er warf mir dieses Grinsen zu, das mir schon bei unserer ersten Begegnung aufgefallen war – die perfekte und undurchdringliche Maske. „Ich dachte, dass ich dich mit süßen Worten dazu bringen würde, mich das tun zu lassen, was unsere Gesetze im Fall von Lilia verlangen.“
Ich sprang auf und verstreute mit meiner ungelenken Bewegung die Erste-Hilfe-Utensilien über den Badezimmerboden. „Scher dich zum Teufel, Dmitri!“, schrie ich ihn an. „Ist es das, was ich für dich bin? Ein Mittel zum Zweck?“
Wenigstens hatte Dmitri den Anstand, einen beschämten Blick aufzusetzen. Mir war heiß. Und zwar nicht nur von dem, was beinahe passiert wäre, sondern auch, weil ich einen Flashback hatte – Joshua auf mir, das Schlangentattoo in meinem Gesicht und dazu sein grinsender Gesichtsausdruck, als würde ich ihm gehören.
„Verschwinde!“, fuhr ich ihn an und öffnete die Badezimmertür. „Du brauchst meine Wunden nicht mehr zu säubern.“
Gerade als es so schien, dass diese Nacht nicht mehr viel schlimmer verlaufen konnte, hatten wir anscheinend einen ganz neuen Weg gefunden, um alles zunichtezumachen. Sauer war gar kein Ausdruck für meine Stimmung – es war schließlich das zweite Mal, dass Dmitri mich weggestoßen hatte, und auch das zweite Mal, dass sich die brennende Scham der Ablehnung durch ein Alpha in mein Herz bohrte. Sein Verhalten ließ mich mich wieder klein, verletzlich und jung fühlen … und ich hasste es.
Dmitri kauerte noch am Wannenrand und hielt den Kopf zwischen seinen Händen. „Luna … das hab ich nicht so gemeint.“
„Dann hör auf, so verdammt egoistisch zu sein, und lausch bei Gelegenheit mal, was du so sagst!“ Ich atmete schwer, und mein Herz schlug so heftig, dass ich Donnerschläge in meinen Ohren zu hören glaubte. Mein Sichtfeld verengte sich tunnelartig, und plötzlich sah ich nur noch Dmitri – das Objekt meiner Wut. „Lilia ist tot!“, schrie ich und zeigte wütend mit dem Finger auf ihn. „Und natürlich ist es schrecklich und traurig. Und klar tut es verdammt weh und ist nicht fair! Aber wenn du weiter den Mann jagst, der das getan hat, wirst du dabei nur dein Leben wegwerfen. Du kommst nicht an ihn ran! Ich komme nicht an ihn ran! Niemand kommt an ihn ran, wenn du nicht endlich deine dämlichen Rudelgesetze beiseitelässt und mir hilfst!“
Dmitri griff nach der Flasche mit dem Desinfektionsmittel und schmetterte sie gegen die Wand, sodass sich eine scharf riechende Lache auf den Kacheln ausbreitete. „Denkst du vielleicht, dass es mir gefällt, so zu sein?“, donnerte er los. „Dass es mir gefällt zu wissen, dass ich sterben muss, um die Ehre des Rudels aufrechtzuerhalten?“
„Warum?“ Fragend breitete ich die Arme aus. „Dmitri, warum musst du mit ihr sterben?“ An den Türrahmen gelehnt sackte ich zusammen. Ich war zu erschöpft und hatte zu viel Blut verloren, um mich noch weiter auf den Beinen halten zu können. „Die Gesetze der Rudel sind dumm. Sie berücksichtigen nicht, dass es noch Menschen auf dieser Erde gibt, die dich brauchen.“ Obwohl ich die Tränen in meinen Augen zu unterdrücken versuchte, war der Kampf bereits verloren, bevor er richtig begonnen hatte. „Ich brauche dich“, flüsterte ich und begann zu schluchzen.
Dmitri starrte mich eine endlose Sekunde lang an. Die Mischung aus Schmerz und hilfloser Wut in seinen Zügen brach mir das Herz. Dann nahm er mein Gesicht in seine rauen Hände und küsste mich innig.
Als sich unsere Münder trafen, waren meine Lippen bereits feucht von den Tränen und den vielen lauten Worten. Seine hingegen waren trocken und weich wie Samt. Seine warme Zunge drang in meinen Mund ein und tanzte in einem langen und intensiven Kuss mit meiner. Dabei grub ich meine Hände in die Haut seines Rückens und klammerte mich dort fest, während er mit seinen langen Fingern begierig durch mein Haar fuhr. Als Dmitri mich dann wild küssend an sich zog, fühlte ich, wie etwas in mir zerbrach und in tausend Stücke zerbarst.
„Es tut mir leid“, murmelte er.
„Mistkerl“, zischte ich zurück und machte mich an seinem
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