Nocturne City 01 - Schattenwoelfe
umgestoßen zu werden. „Sie haben mir verschwiegen, dass Stephen mit Lilia Desko zu tun hatte.“
„Wer bitte schön?“, fragte er blinzelnd. Bekleidet mit einem karierten Pyjama und einer teuer wirkenden Strickjacke mit Lederstücken auf den Ellbogen sowie der um den Hals gehängten Lesebrille erfüllte Duncan das Bild des zerstreuten Bezirksstaatsanwalts vollkommen.
„Lilia Desko“, sagte ich und betonte jede einzelne Silbe. „Eine ermordete Prostituierte, mit der Stephen eine Beziehung hatte und die Sie in unseren Gesprächen zufälligerweise nie erwähnt haben.“
„Detective, ich habe keine Ahnung, wovon sie sprechen, und außerdem ist es bereits sehr spät“, sagte er und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Soviel ich weiß, bearbeitet Detective Bryson jetzt Stephens Fall. Es tut mir leid, aber ich muss Sie jetzt leider bitten zu gehen.“
„Bryson arbeitet an Ihrem Fall, nicht an dem von Lilia“, fauchte ich. „Ich bin also nicht mehr für den verzogenen Hosenscheißer zuständig, den Sie Ihren Sohn nennen. Sie können mir jetzt entweder sagen, was Sie wissen, oder ich fahre auf der Stelle zum Gefängnis, wo der süße Stephen auf die Anklageerhebung wartet, und jage ihn für ein Verhör aus der Koje. Und übrigens, Mr Duncan, wenn sich ein Richter weigert, den Sohn eines Bezirksstaatsanwalts gegen Kaution laufen zu lassen, dann ist er der Meinung, dass der Angeklagte schuldig ist.“
Seine Augen wurden schmaler, und er beugte sich etwas vor. „Verschwinden Sie, Detective Wilder. Ihre Anschuldigungen sind haltlos, und ich werde ein derartiges Benehmen nicht dulden. Nicht in meinem Haus. Nicht von einer Polizeibeamtin.“ Er hielt seine Finger neben mein Gesicht und schnipste. „Mit einem Fingerschnippen kann ich Sie suspendieren lassen.“ Schnips. „Oder Ihre Rentenansprüche ablehnen lassen.“ Schnips. „Oder ihren Ruf ruinieren, sodass Sie nie wieder bei der Polizei Arbeit finden.“ Schnips.
Ich beschloss, den Einsatz zu erhöhen, und trat noch einen Schritt auf ihn zu. „Und wenn ich Stephen mit den Morden an Lilia und Marina in Verbindung bringe, dann wird der sadistische Freak, der ihr Sohn eigentlich ist, seiner gerechten Strafe nicht entgehen. Was dann mit meinem Ruf oder Ihrem passiert, ist mir dabei herzlich egal. Sir.“
„Bedrohen Sie mich?“, fauchte Duncan.
„Ich denke, schon.“
„Sie Miststück“, sagte Duncan und wurde lauter. „Sie verkörpern genau das, was in der Polizei falsch läuft.“
„AI? Alles in Ordnung hier?“ Regan Lockhart erschien in seinem gewohnt schwarzen Aufzug unter dem Türbogen, der ins Esszimmer der Duncans führte. Er war urplötzlich aufgetaucht.
Als Lockhart mich erblickte, verschwand seine rechte Hand im Inneren seiner offenen Jacke. Meine wanderte fast gleichzeitig in Richtung Gürtelholster. Mit der Hand an den Waffen starrten wir uns an, bis Duncan antwortete.
„Hier ist alles in Ordnung, Regan.“
„Hier ist überhaupt nichts in Ordnung, Regan“, blaffte ich zurück. „Hex noch mal, Lockhart, was machen Sie überhaupt hier? Sind Sie beide etwa heimlich ein Paar?“
Lockhart lächelte und ließ eine Regung in seinen Augen erkennen, die fast menschlich schien und so wirkte, als würde ich ihn insgeheim amüsieren. „Ich kann Ihnen versichern, Detective, dass es nicht so ist, wie Sie vielleicht denken.“
AI Duncans Gesicht lief so rot an wie ein billiger Lippenstift. „Verschwinden Sie aus meinem Haus, Detective Wilder“, sagte er zähnefletschend. „Sie sind erledigt in Nocturne City.“
„Sie kapieren es anscheinend immer noch nicht, Mr Duncan“, versuchte ich zu erklären. „Ihr Sohn hat zwei Frauen in Stücke gerissen, und Sie machen sich nur Sorgen um mich und sich selbst.“
„Raus“, zischte Duncan. Lockhart schob sich zwischen uns und bedeutete mir mit der Hand, von Duncan zurückzutreten. Er roch immer noch widerlich, diesmal aber nicht nach Eau de Cologne. Es war ein eher rauchiger Geruch, den ich nicht genau zuordnen konnte.
„Ich habe einen Zeugen, der aussagen wird, dass Lilia und Stephen eine längerfristige Beziehung unterhielten, in der er sie oft missbraucht hat“, sagte ich. „Also feuern Sie mich ruhig, Mr Duncan, dann können wir zusammen in der Schlange vorm Arbeitsamt stehen und in Erinnerungen an die guten, alten Zeiten schwelgen, als Sie sich noch nicht in einen korrupten Schleimbeutel verwandelt hatten.“
Lockhart reagierte zuerst. „Sie haben einen Zeugen?“
„Ja“,
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