um unter Leute zu kommen und Dmitri zu vergessen. Das Ergebnis war nun diese Sache mit Trevor. Seine Bemühungen jetzt eiskalt ins Leere laufen zu lassen wäre nicht nur grausam, sondern auch der endgültige Beweis dafür, dass ich ein lebens-und beziehungsunfähiges Etwas war.
Ich ging auf Trevor zu. Er schaute mich an, legte seine Arme um meine Hüften und drückte mich an sich. Dabei rieb sich mein Busen an seinem Oberkörper, sodass er unweigerlich merkte, dass ich keinen BH trug. Seine Augen wurden etwas schmaler, und um seine Mundwinkel zeichnete sich ein Lächeln ab. Als ich ihn dann küsste, drückte ich meine Zunge zwischen seine Lippen, und der leichte Druck in meiner Leistengegend verriet mir, dass wir auf dem besten Wege waren, uns wieder zu versöhnen.
„Hast du nicht was von hochgehen gesagt?“, fragte ich mit meiner Schmachtstimme und zog ihn noch enger an mich. Trevor nickte und begann, etwas angestrengter zu atmen. Sein Körper schüttete nun jede Menge Pheromone aus, die ekelhaft süß nach Narzissen rochen.
„Dann hoch!“, sagte er zustimmend. Er griff meinen Arm und zog mich hinter sich her zur Treppe.
Als ich aufwachte, war die Sonne bereits aufgegangen. Ich duschte und ging dann nach unten in mein Arbeitszimmer, um meine E-Mails durchzusehen. Trevor lag immer noch schnarchend in meinem Bett, und eigentlich hatte ich nicht vor, daran etwas zu ändern. Vorausschauend stellte ich ihm ein Fläschchen Desinfektionsmittel, ein paar Kompressen und eine Rolle Hautpflaster auf den Nachttisch. Die Kratzer, die meine Nägel auf seinen Schulterblättern hinterlassen hatten, waren mir jetzt doch ziemlich peinlich. Wenn das Thema zur Sprache käme, würde ich es ihm damit erklären, dass er mich zu ungeahnten Höhepunkten leidenschaftlicher Zweisamkeit getrieben hatte … diese kleine Notlüge war allemal besser, als ihm ins Gesicht zu sagen, dass ich eine Werwölfin war.
Wahrscheinlich hätte ich es ihm gleich erzählen sollen, als ich vor ein paar Wochen seine Band in einem Club hatte spielen sehen und wir danach angebändelt hatten. Spätestens nach unserer ersten Nacht wäre es definitiv an der Zeit gewesen. Ich warf einen Blick auf den Mondkalender an der Wand. Der nächste Vollmond war erst in sechzehn Tagen – Zeichen meiner Wandlung würden also definitiv noch nicht auftreten. Gott sei Dank! Wie ich es Trevor genau erklären würde, wenn es dann so weit war, wusste ich auch nicht.
Mein Posteingang war bis auf ein paar Spam-Mails leer, was mich aber nicht sonderlich wunderte. Wer würde auch schon gern mit einer Trübsal blasenden Luna Wilder kommunizieren wollen?
Als mein Blick auf die letzte gelesene E-Mail im Posteingang fiel, nahm ich mir vor, diesmal stark zu bleiben. Ich würde sie nicht anklicken. Nicht anklicken! Auf keinen Fall anklicken …
Meine Selbstbeschwörung war völlig nutzlos. Sofort überkam mich nämlich derselbe Zwang, der mich auch bei Internetauktionen auf den Button GEBOT ABGEBEN klicken ließ, wenn es um Designerschuhe oder Secondhandtaschen ging. Auch die anschließenden Gewissensbisse und Selbstvorwürfe ähnelten sich bei beiden Vorgängen.
Von:
[email protected] An:
[email protected] Betreff: Mach Dir keine Sorgen um mich …
Liebe Luna,
mach Dir bitte keine Sorgen um mich, Liebes. Ich kann nicht viel schreiben, nur so viel: Ich bin in der Ukraine, und es geht mir gut. Sprich mit niemandem über mich, über Dich oder über uns. Bitte! Ich kann Dir nicht genau sagen, was passiert, wenn Du es doch tust, aber unter Umständen könnte es dann ernste Probleme geben.
Ich werde versuchen, Dich zu beschützen, Luna. Ich weiß jedoch nicht, ob ich es schaffe …
Dmitri
Die Mail war fast einen Monat alt und das letzte Lebenszeichen von Dmitri. Sie war in der Nacht gekommen, in der ich Trevor kennengelernt hatte, und wenn ich halbwach im Bett lag und kurz davor war, in die Traumwelt abzugleiten, machte mir besonders der Schluss der Nachricht – dieses Ich werde versuchen, Dich zu beschützen – schwer zu schaffen.
„Toll, Dmitri, bisher hast du das ja wirklich verdammt gut hinbekommen!“, murmelte ich. Über mir hörte ich Schritte, und im nächsten Moment rief Trevor schon etwas die Treppe herunter.
„Babe, bist du da unten? Hast du vielleicht irgendwas zum Frühstück für mich?“
Rasch schaltete ich den Monitor aus und huschte aus dem Arbeitszimmer. „Es müssten eigentlich noch Cornflakes in der Küche sein“,