Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nocturne City 02 - Blutfehde

Nocturne City 02 - Blutfehde

Titel: Nocturne City 02 - Blutfehde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
Vom Netzwerk:
von den Augen ablas? Wahrscheinlich musste ich mich einfach damit abfinden, dass er nichts weiter als ein ehr- und treuloses Stück Abschaum war. Ohne ihn würde ich definitiv besser dran sein. Entsetzt darüber, wie wenig überzeugend meine innere Stimme klang, erhöhte ich instinktiv das Tempo meiner Schlagkombinationen, sodass der Sandsack in einer Weise zu schaukeln begann, als würde er die Finten und Ausweichbewegungen eines echten Gegners nachahmen.
    Obwohl er mich betrogen und belogen hatte, spürte ich doch, dass ich Dmitri trotzdem immer noch wollte. Natürlich war mir klar, dass ich an dieser unglückseligen Situation nicht ganz unschuldig war, aber im Moment schien es mir einfacher, Dmitri für alles verantwortlich zu machen. Die einzige vernünftige Lösung schien darin zu bestehen, ihn komplett aus meinem Leben zu streichen. Seine Augen, sein Lächeln, seinen Geruch und vor allem seine starken Hände, die nun Irina und nicht mich liebkosten – ich musste all diese Erinnerungen aus meinem Hirn verbannen. Auch das unbeschreiblich gute Gefühl, etwas nichtiges zu tun, wenn ich mit ihm zusammen war, galt es, ein für alle Mal zu beerdigen. Dmitri Sandovsky durfte einfach keine Rolle mehr in meinem Leben spielen.
    Mein Blick fiel wieder auf den Sandsack, und ich merkte an seinen trägen Bewegungen, dass ich ihn nur noch nachlässig bearbeitete. Immer wieder ließ ich meine Fäuste sinken, und auch in meinen Schlägen steckte kein System mehr. In einem richtigen Kampf hätte mich mein Gegner wohl schon längst grün und blau geschlagen.
    Ein leise piepsender Ton drang plötzlich aus der Umkleide an mein Ohr. Mort schien das Geräusch nicht zu hören, denn er starrte weiterhin unbekümmert in seinen Schundroman, doch meine sensiblen Ohren erkannten sofort, dass es mein Handy war, das da klingelte. Einen Moment lang überlegte ich, ob ich rangehen sollte. Eigentlich waren mir sofort drei Gründe eingefallen, die dagegen sprachen: Erstens war ich mies gelaunt, zweitens nicht im Dienst und drittens drauf und dran, völlig rechtmäßig einen Tag krankzumachen. Andererseits konnte es natürlich wichtig sein. Vielleicht rief ja Sunny an … oder Dmitri!
    Im Laufschritt verließ ich die Trainingshalle und konnte gerade noch rechtzeitig das Handy ergreifen. Eine Sekunde später, und der Anruf wäre zur Mailbox weitergeleitet worden. „Hallo?“
    „Warum hast du mich nicht angerufen?“
    Enttäuscht ließ ich mich neben meiner Sporttasche auf die Bank plumpsen, an der ich dank meiner schweißnassen Hose regelrecht festzukleben schien. „Trevor“, grüßte ich ihn, ohne auf seine Frage zu antworten.
    „Wo bist du gewesen?“, wollte er wissen. Meine Wade begann zu krampfen. Entnervt sprang ich auf und tänzelte in der Umkleide umher, wobei ich in der einen Hand das Telefon hielt und mit der anderen versuchte, mein schmerzendes Bein zu massieren.
    „Ich habe gearbeitet.“
    „Du hast doch gesagt, du würdest mich nach dem Gig anrufen.“
    „Tut mir leid, Trevor, aber im Moment kann ich mich irgendwie nicht daran erinnern, das gesagt zu haben. Liegt wahrscheinlich an der stumpfen Gewalteinwirkung, der mein Schädel heute Nacht ausgesetzt war“, versuchte ich das Gespräch mit einem Scherz aufzulockern. Aus der Hörmuschel drang jedoch nur ein kurzer Seufzer, der sogleich in den verzerrten Gesprächsfetzen seiner Bandkollegen und der seichten Musik, die im Hintergrund dudelte, unterging. Anscheinend war Trevor wieder mal mit dem Rest der Band in ihrer Stammkneipe – einem widerlichen Hipster-Schuppen namens Poe Bar – gelandet. „Babe, das hört sich alles gar nicht nach dir an. Gibt es da etwas, das du mir sagen müsstest?“
    Eigentlich nur, dass meine wahre Liebe mit einer großbusigen Frau an der Seite wieder in mein Leben getreten ist und ich gerade Pläne schmiede, beide über den Jordan zu befördern, dachte ich und antwortete mit leichter Verzögerung: „Nein, Trevor! Es tut mir echt wahnsinnig leid, dass ich dich nicht angerufen habe, aber ich bin wirklich hundemüde und hab gerade eine mörderische Nacht hinter mir …“
    „Okay, okay, okay, ich versteh schon“, unterbrach er mich. „Pass auf, Babe, ich hab da eine Überraschung für dich. Wir haben eine Einladung bekommen, zwei Gigs in San Romita zu spielen. Es wird wahrscheinlich nicht so viel los sein, weil die Touri-Saison fast vorbei ist, aber der Clubbesitzer hat Mega-Connections zur Ostküste.“ Er machte eine kurze Pause, um sich einen

Weitere Kostenlose Bücher