Nocturne City 02 - Blutfehde
meinen Kopf wieder aus dem Wageninneren und sah Pete mit einem überraschten Blick an.
„Sollten da nicht mehr … äh … mehr abgesprengte Teile rumliegen?“
„Genauer gesagt, sollte vom Wageninneren eigentlich gar nichts mehr übrig sein“, erklärte Pete. „Wenn der Ausgangspunkt der Explosion nicht so offensichtlich im Wageninneren läge, würde ich glattweg behaupten, dass es sich um einen ungewöhnlichen Unfall handelt, bei dem der Kraftstofftank explodiert ist oder so was in der Art.“
„Aber die Explosion ist nicht vom Tank ausgegangen“, murmelte ich und merkte, wie etwas in meinen Gedanken Form annahm, das man am ehesten als eine vage Theorie bezeichnen konnte. „Nur mal theoretisch, Pete – wie würden Sie einen Hexer wie O’Halloran ermorden?“
Er schaute mich verdutzt an. „Ich habe nicht die leiseste Ahnung.“
„Eigentlich ist es unmöglich“, dachte ich laut, „weil alle Hexen, die etwas auf sich halten, niemanden nah genug an sich heranlassen würden, dass er sie töten könnte.“
„Hmm, ich bin mir nicht sicher, worauf Sie hinauswollen, aber Sie haben da doch bestimmt eine Theorie, oder?“, fragte mich Pete vorsichtig, da ich gedankenversunken vor dem Wagen hin und her lief, als sei ich ein nervöses Tier. Alles in mir konzentrierte sich auf eine Frage: Wie tötet man einen mächtigen Casterhexer in seinem eigenen Territorium, wenn er dieses mit Unmengen von Zaubern und Wächtermarkierungen geschützt hat? Man wartet, bis er an dem einen Ort ist, an dem sich keine Markierungen befinden, und jagt ihn dann in die Luft, schoss mir die Antwort durch den Kopf.
„Detective?“, hakte Pete besorgt nach, während ich nach den Wagenschlüsseln in meiner Jackentasche wühlte.
„Ich komme gleich wieder! In der Zwischenzeit lassen Sie hier niemanden außer der Spurensicherung rein. Keine Feuerwehr, keine Gerichtsmediziner, einfach niemanden, verstanden?“
Erst auf dem Weg zum Fairlane fiel mir mit Schrecken ein, dass ich meinen Wagen keine fünfzehn Meter vom Ort der Explosion entfernt geparkt hatte und er folglich auch schrottreif Nein dürfte. Von wilder Angst gepackt, fing ich an zu laufen. Seit Ich ihn mir vor zehn Jahren gekauft hatte, war mir der schnittige Schwarze unglaublich ans Herz gewachsen: Ich hatte ihn gehegt und gepflegt und war bei jedem kleinen Kratzer immer wieder fast in Ohnmacht gefallen. Sollte der Mistkerl mit der Bombe meinen geliebten Wagen tatsächlich in die Luft gejagt haben, hätte ich neben der verletzten Shelby und ihrem toten Onkel noch einen weiteren Grund, ihn schleunigst zur Strecke zu bringen.
Am Fairlane angekommen, sprang mir sofort der beachtliche Riss in der Windschutzscheibe ins Auge, der offensichtlich von herumfliegenden Trümmern verursacht worden war. Darüber hinaus gab es aber keine ernsthaften Schäden, und zu meiner Erleichterung sprang der Wagen nach einigem Keuchen sogar an. Als ich dem Polizisten an der Zweitausfahrt der Garage meine Marke zeigte, schnurrte der Motor schon wieder wie eh und je, und obwohl er beim Beschleunigen auf der Straße noch einmal kurz ruckte, lief er dann doch geschmeidig weiter. Beruhigt atmete ich auf – bis Battery Beach war es schließlich ein gutes Stück Weg.
16
Bei hellem Tageslicht sah das Cottage meiner Großmutter Rhoda weniger furchteinflößend aus, als ich es in Erinnerung hatte. Dieses Haus des Schreckens, das sich in meinen Erinnerungen wie ein riesenhaftes, finsteres Gespenst bedrohlich über die Nachbarschaft erhoben hatte, war im entblößenden Sonnenlicht zu einem maroden viktorianischen Holzhaus geschrumpft, das langsam, aber sicher die Düne zum Meer hinabrutschte.
In der Einfahrt stand nur ein Auto – Sunnys Cabrio. Kein Wunder, denn Rhoda setzte sich für gewöhnlich nicht hinter das Steuer eines derart neumodischen Gefährts, sondern benutzte spitze Hüte und alte Besen als ihre bevorzugten Transportmittel – zumindest redete ich mir das immer ein, wenn ich mal wieder nicht so gut auf die alte Hexe zu sprechen war.
„Sunny?“ Zögernd klopfte ich an den Rahmen des Fliegengitters vor der Eingangstür, da ich Rhoda durchaus zugetraut hätte, dass sie irgendwelche Wächter an der Haustür angebracht hatte, um mich abzuschrecken. Bei meinem letzten Besuch war ich mit Dmitri mehr oder weniger bei ihr eingefallen und hatte damit einmal mehr für gehörigen Ärger im Haus meiner Großmutter gesorgt.
Ich hörte ein paar Schritte. Nachdem sich das Loch des Spions verdunkelt
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