Nocturne City 03 - Todeshunger
Stadt.«
Er murmelte etwas in sein CB-Funkgerät und versuchte dann, das Gespräch fortzusetzen. »Haben Sie Familie?«
»Hören Sie, ich finde es nett, dass Sie mich mitnehmen, aber momentan bin ich nicht wirklich in Plauderlaune.«
»He, schon gut«, sagte er. »Habe mir nur Sorgen gemacht, dass die Mistkerle, die Ihnen das angetan haben, Sie in Nocturne ausfindig machen könnten.«
»Falls die Typen dort auftauchen, werden sie Bekanntschaft mit dem Lauf meiner Dienstwaffe machen.« Der Schock von Entführung, Drogen und Verfolgungsjagd war noch frisch, und so schwor ich mir in diesem Augenblick, für Gerechtigkeit zu sorgen – vorausgesetzt, ich bekam meine Entführer zu fassen. Ohne Diskussion, ohne Zaudern. Ein Schuss, genau zwischen die Augen, wie der Killer Bertrands und der anderen Werwölfe.
Gerechtigkeit.
»Sind Sie bei der Armee oder so?«, fragte der Lkw-Fahrer. »Sieht nämlich nicht so aus, als trügen Sie eine Knarre.«
»Ich hatte eine«, antwortete ich. »Normalerweise werde ich aber auch nicht verschleppt, entwaffnet, unter Drogen gesetzt und splitternackt in einem Naturschutzgebiet ausgesetzt, um dort elendig zu verrecken. Ich hoffe, das waren genug Informationen, um den Rest der Strecke keine Fragen mehr beantworten zu müssen!«
Der Lkw-Fahrer blinzelte langsam und lange. »Ja. Klar. Dann sind Sie so was wie eine Auftragsmörderin?«
»Nein, ich bin Mitglied eines Sondereinsatzkommandos«, antwortete ich, »und verdammt müde.«
Es schien, als würde er nach meiner unfreundlichen Auskunft endlich Ruhe geben und mich tatsächlich zufriedenlassen. Wenig später schlief ich ein und wachte erst wieder auf, als wir an einem Rasthof auf dem Highway 21 hielten.
»Hier ist Endstation. Weiter fahr ich nicht rein«, informierte mich der Fahrer und drückte mir ein paar Geldstücke in die Hand, die er zwischen gelben Jointstummeln aus dem Aschenbecher hervorkramte. »Sie haben doch jemanden, den Sie anrufen können, um Sie abzuholen, oder?«
»Ja, klar«, antwortete ich gereizt. »Danke fürs Mitnehmen. Wenn Sie das Sondereinsatzkommando des NCPD anrufen, bekommen Sie eine Entschädigung für die Extrakilometer.«
»Ach Quatsch, ist doch Ehrensache, einer Dame in Nöten zu helfen!«, rief er mir nach, als ich aus dem Führerhaus stieg.
»Sie sind ein Engel«, verabschiedete ich mich und schlurfte über den Asphalt zu den Münztelefonen. Mein Fuß hatte endlich aufgehört zu bluten.
Nachdem ich die Vierteldollarstücke eingeworfen hatte, zögerte ich. Ich konnte die Nummer des Cottages wählen, wo Dmitri sicher schon mit hochrotem Kopf auf ein Lebenszeichen von mir wartete, um lautstark nach Erklärungen für mein Verschwinden zu verlangen. Höchstwahrscheinlich würden mir die paar Münzen noch nicht einmal ausreichend Gesprächszeit erkaufen, um ihn zu überzeugen, dass ich von ein paar Wahnsinnigen entführt worden war und die Zeit nicht mit meinem geheimen Liebhaber in verschwitzten Motelbetten verbracht hatte. Bei der Laune, die ich gerade hatte, würde das Gespräch unabwendbar in unverständliches Gebrüll abrutschen, also wählte ich Sunnys Nummer.
»Luna!«, schrie sie, als ich mich meldete. Ich hielt den Hörer einige Zentimeter vom Kopf weg und schüttelte ihn, damit die Rückkopplung aufhörte.
»Was ist los, Sunny?«
»Du bist los!«, rief sie. »Geht es dir gut? Die Leute von deinem Team meinten, du seiest nicht an der Plaza aufgetaucht, und dann hat sich Dmitri gemeldet und wollte wissen, wo du steckst … alle Welt sucht dich, Luna! Aber es geht dir gut!«
»Nun, es ging mir gut, bis mir von deinem Gebrüll das Trommelfell geplatzt ist«, sagte ich. »Sunny, du musst mir einen Gefallen tun und Bryson anrufen, damit er mich abholen kommt.«
»Nicht ich?« Sie klang verwirrt. »Oder Dmitri?«
»Auf keinen Fall Dmitri!«, murmelte ich.
»Luna, er ist fast verrückt vor Sorge.«
Spitze, jetzt fühlte ich mich nicht nur wie ein totales Wrack, sondern zusätzlich auch noch wie ein undankbares Miststück. »Man hat mich verschleppt, Sunny!«
Es begann eine weitere Litanei aus Schreien und Sätzen im Tempo eines Schnellfeuergewehrs. »Beruhige dich!«, brüllte ich schließlich. »Es geht mir gut!« Wie nah ich daran vorbeigeschlittert war, diesen Satz nie wieder aussprechen zu können, würde meine Cousine nie erfahren.
»Ich bin … ich bin nur …«, sagte sie mit zittriger Stimme. Nachdem sie tief Luft geholt hatte, sprach sie weiter: »Es bringt mich jedes Mal um den
Weitere Kostenlose Bücher