Nördlich des Weltuntergangs
Weihnachtsdekorationen aus Stroh an, die sie an die Kronleuchter hängte.
Die neue Einödkirche war sehr schön, sowohl von außen als auch von innen. Obwohl sie nicht geweiht und ein in vieler Hinsicht unerlaubtes Gebäude, sozusagen geistlich wild war, wohnte andächtiger Frieden darin. Es schien Eemeli Toropainen, als habe Asser gerade das angestrebt, als wolle der alte Kirchenbrandstifter vielleicht so die »feurigen« Sünden seiner Jugend büßen.
Wenn doch Asser jetzt das Ergebnis seines Testaments sehen könnte! Es war eine Kirche, die man sogar Gott zeigen konnte. Und wenn es den Allmächtigen wirklich gab, nahm er seine neue Kirche bestimmt in Augenschein, so viel Neugier war ihm zuzutrauen.
Am Heiligabend gingen alle in die Sauna, anschließend gab es bei den Matolampis ein festliches Abendessen. Kohlrübenauflauf, Schinken, Heringssalat, Maräne, Zander, kleine Maränen, in Brotteig gebacken. Tainas selbst gebrautes Bier schmeckte ausgezeichnet. In der Nacht suchte die ganze Gesellschaft gemeinsam die Kirche auf und zündete die Kerzen an. Die Frauen sangen einen Psalm. Und nun war man allgemein der Ansicht, dass es gut wäre, einen Pastor einzustellen.
Als die Feiernden die Kirche verließen, entzündeten sie vor dem Eingang zwei Teerfackeln. Die in der Frostnacht lodernden Flammen warfen ein Spiegelbild auf das klare Eis des Sees. Durch die mit Eisblumen bedeckten Kirchenfenster schimmerte das warme Licht der Kerzen. Die Menschen fühlten sich glücklich, als sie aus der Entfernung zurückblickten und das schöne Gebäude betrachteten, das da in der Winternacht ruhte. Dann trennten sie sich, um in die Weihnacht hineinzuschlafen, die Zimmerleute und die Grünen liefen auf Skiern zum Hiidenvaara, die Bauersleute zu ihrem Gehöft, Taina und Eemeli zu ihrer Sauna.
Während die Menschen schliefen, schlüpfte eine kleine Hausmaus durch die angelehnte Tür aus der Sakristei in die von Kerzen erleuchtete Kirche. Es war dasselbe Tierchen mit den runden Ohren, das an Assers Todestag in Kalmonmäki hinter dem Ofen hervorgelugt hatte. Das Mäuschen hatte sich, bald nachdem Asser gestorben war, ein Nest in den Decken des Toten gemacht, und als der Leichnam fortgeschafft war, hatte es das Sterbebett ganz für sich allein gehabt. Nachdem dann die Betten gereinigt und auf den Boden gebracht worden waren, hatte sich die Maus in Assers alter Pelzmütze eingenistet. In ihren Falten verborgen, war das kleine Fellknäuel mit zum Ukonjärvi umgezogen. Um ein Haar wäre es einbetoniert worden, als Assers Mütze in den Grundstein der Kirche eingemauert wurde. Später hatte das Mäuschen mit Taina und Eemeli in der Sakristei gewohnt, ohne groß auf sich aufmerksam zu machen, und seit die beiden ausgezogen waren, war es dort der alleinige Herr.
Jetzt huschte es durch die Gänge der Kirche, warf einen Blick nach oben zur gewölbten Decke, turnte über die Fenster, biss mit seinen kleinen Zähnen ein winziges Stück von einem Kerzenstumpf ab, trippelte zur Probe auf die Kanzel. Dort blitzten die runden Ohren über dem Kapitell auf. Das Tier blickte so konzentriert wie ein Pastor, der anfangen will zu predigen, aber es öffnete nicht sein Schnäuzchen, sondern war mäuschenstill.
Die Natur draußen schlief: Die Birkhühner gruben sich tiefer in ihre Schneekuhlen, die Eichhörnchen drängten sich in ihren mit Bartflechte isolierten Nestern aneinander, und die Königin der Ödwälder von Valtimo, die Braunbärin, hatte einen flüchtigen Wintertraum. Sie träumte von den Leckereien des Spätsommers, von dicken, saftigen Moltebeeren im Moor und von dem leckeren Postbeamten aus Valtimo.
9
Die Bronzeglocke der Kirche am Ukonjärvi wurde zum ersten Mal in der Neujahrsnacht 1992 geläutet. Der Gehilfe Taneli Heikura kletterte, beflügelt vom Bier, in den Dachstuhl und zog um Mitternacht den Strang. Später erfuhr man, dass das Läuten bis nach Kalmonmäki zu hören gewesen war, und bis dorthin waren es mehr als anderthalb Kilometer Luftlinie.
Der Bursche mit den unempfindlichen Ohren läutete die Glocke länger als eine Stunde, ehe man ihn überreden konnte, herunterzukommen. Noch am Dreikönigstag klagte er, dass seine Ohren im Takt der Glocken klangen. Eemeli versprach, ihn zum Kirchendiener von Ukonjärvi zu machen, falls die Kirche eines Tages in Betrieb genommen werde und man jemanden zum Glockenläuten brauche.
Frau Taina Korolainen reiste Anfang des Jahres nach Vaasa ab, um ihre Arbeit als Zugreinigungschefin wieder
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