Nördlich des Weltuntergangs
habe ich ihn in Sotkamo auf dem Markt getroffen, wir hatten zufällig unsere Stände nebeneinander. Er hat Aalraupen verkauft, ich gesalzene Plötze. Damals hat er mich gefragt, ob er nicht bei uns am Ukonjärvi wohnen kann, weil er allein stehend ist und kaum genug zum Leben hat. Der Mann ist bestimmt jederzeit bereit, den Job anzunehmen, und er zürnt uns überhaupt kein bisschen, obwohl er damals vom First der Kirche runtergefallen ist.«
Horttanainen ergänzte noch, dass Naukkarinen seines Wissens eine richtiger Militärfan sei und den Rang eines Stabsunteroffiziers der Reserve innehabe, was in diesem Falle nur gut sei.
Also wurde an Naukkarinen die Nachricht geschickt, dass man am Ukonjärvi eine militärische Aufgabe für ihn habe. Er solle Tarnkleidung, ein Elchgewehr und seinen Militärpass mitbringen. Melden solle er sich im Pfarrhaus bei Eemeli Toropainen, dem Direktor der Kirchenstiftung.
Naukkarinen erschien, sofort nachdem er die Einladung erhalten hatte. Er trug einen grünbunten Tarnanzug, Gummistiefel und eine wettergegerbte Schirmmütze. Über seiner Schulter hing ein Elchgewehr, und draußen am Pfarrhaus lehnte ein Fahrrad, wie es die Grenzjäger in der Armee benutzen. Ein Mann mit echt militärischem Habitus, freute sich Eemeli Toropainen.
»Setzen Sie sich, Herr Stabsunteroffizier«, forderte er Sulo Naukkarinen auf.
»Danke, Herr Direktor!«, erwiderte der zackig und ließ sich schwer auf die Bank fallen.
Eemeli Toropainen erläuterte ihm seinen Plan zur Bildung einer privaten und vorläufig geheimen Militäreinheit. Die Stärke solle zunächst zehn Mann und einen Unteroffizier, nämlich Naukkarinen, betragen. Die gesamte vorbereitende Planung könne Naukkarinen selbst durchführen. Für die Verpflegung komme die Stiftung auf. Offiziell werde man das Ganze als Freiwillige Feuerwehr von Ukonjärvi deklarieren, und natürlich könne man für die Burschen auch ein paar Spritzen und Schläuche anschaffen, denn sie sollten sich durchaus auch um den Brandschutz der Kirche kümmern. Die Hauptsache sei jedoch die militärische Ausbildung. Die Außenwelt sei bedrohlich, dafür sei die freche Pfändung der Kirche nur ein Beispiel. Am Ukonjärvi brauche man in Zukunft möglicherweise eine militärische Verteidigung. Schon die bloße Existenz einer kleinen Bewachungseinheit genüge vielleicht, feindlich gesonnene Eindringlinge fern zu halten.
Ein Gehalt konnte Eemeli nicht bieten, aber er versprach freie Unterkunft und Verpflegung am Hiidenvaara.
Stabsunteroffizier Sulo Naukkarinen dachte kurz über das Angebot nach. Dann erklärte er, dass er die Aufgabe gern übernehme, aber unter einer Bedingung:
»Ich mache den Ausbilder, wenn Sie mich zum Feldwebel befördern. In der Reserve habe ich in meinem Alter keine Beförderung mehr zu erwarten, von den nationalen Streitkräften, meine ich.«
Eemeli Toropainen erledigte die Sache sofort. Naukkarinen konnte sich vier Winkel an den Kragen nähen. Glücklich fuhr der neue Feldwebel zum Hiidenvaara, um das Ausbildungsprogramm für die Armee aufzustellen und die Rekruten anzuwerben. Unterwegs machte er an der Kirche Halt und riss den Pfändungsbeschluss ab, den der Kommissar dort angebracht hatte.
Feldwebel Sulo Naukkarinen hatte seinen Wehrdienst im Jahre 1965 in der Nördlichen Brigade in Oulu abgeleistet. Er hatte in einer Infanteriekompanie gedient, hatte eine Unteroffiziersausbildung gemacht, war Hilfsausbilder, sozusagen Schleifer, gewesen und hatte diese Aufgabe so erfolgreich ausgeübt, dass er vor seiner Entlassung zum Stabsunteroffizier befördert worden war. Also suchte er sich jetzt seine alten Lehrbücher von der Unteroffiziersausbildung heraus und kaufte einige neue hinzu. Dann begann er die künftige Ausbildung anhand dieser Lehrbücher und seiner eigenen Erfahrungen zu planen. Die Wochenprogramme würden sich einmal im Monat wiederholen. Der Kurs sollte im Februar beginnen. Bis dahin verfasste Naukkarinen eine Dienstvorschrift, die er durch Eemeli Toropainen bestätigen ließ, und stellte das Rekrutenverzeichnis auf, anhand dessen er zehn wehrpflichtige junge Burschen zusammenbekam.
Einige der Grünen mochten nicht gern in eine selbst ernannte Armee eintreten und verwiesen auf ihren Pazifismus, doch Feldwebel Sulo Naukkarinen kannte keine Gnade: Wer der Einberufung nicht Folge leistet, wird umgehend vom Gelände der Stiftung vertrieben. Das Gejammer hörte sofort auf, und die Idee einer bewaffneten Verteidigung fand allgemeine
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