Nördlich des Weltuntergangs
außerdem wurde eine Bewachung organisiert. Aus dem Rumpf der Maschine drang leichte radioaktive Strahlung, wie man mit einem alten Messgerät feststellte. Die Werte waren sehr gering, und so sagte man sich, dass die Strahlung keine große Gefahr bedeutete. Es wurde beschlossen, den Behörden nichts von dem Flugzeugabsturz mitzuteilen. Andernfalls kämen sicher Experten, die alles genau wissen wollten. Darunter litte Ukonjärvis Selbstständigkeit, Schnüffler brauchte man im Dorf nicht. Man fand, dies sei eine interne Angelegenheit.
Der Somalischmied Josif Nabulah montierte vom Flugzeug einige Teile ab, die er in seiner Schmiede gebrauchen konnte. Aus den Spezialmetallen ließen sich Ersatzteile für Landmaschinen herstellen, aus Aluminiumblech konnte man zum Beispiel ausgezeichnete Kornsiebe für die Dreschmaschinen fertigen. Josif trug auch die Abschussvorrichtung für die Wasserstoffbombe in seine Schmiede und machte sich daran, die einschlägige Fachliteratur über Kernphysik zu studieren.
Der Löytölampi-See fror wieder zu, Schnee fiel auf das Kriegsflugzeug. Bei Frost stieg aus dem Bombentrichter leichter Dunst auf, die Wasserstoffbombe lebte und war wohlauf. Die Bewacher beobachteten sie durchs Fernglas und fragten sich, was passieren würde, wenn die Bombe plötzlich explodierte. In jedem Fall fände ihre Wachschicht dann ein jähes Ende.
Somalischmied Josif Nabulah wandte sich an Eemeli Toropainen mit dem kühnen Plan, die Kernladung an einen sichereren Ort zu bringen. Er regte an, die Bombe vorsichtig aus dem Rumpf der Maschine zu lösen und mithilfe eines Flaschenzuges auf einen stabilen, speziell für diesen Zweck gebauten und mit Achsen versehenen Schlitten zu heben. Mit zwei vorgespannten Ochsenpaaren könnte man die Massenvernichtungswaffe vom Ufer des Löytölampi wegschaffen. Stabsfeldwebel d. R. Sulo Naukkarinen schlug als Zielort das Gelände am Feldposten Murtovaara vor. Dort gab es keine zivile Besiedelung, und die Soldaten des Feldpostens könnten die Bewachung der Bombe nebenbei mit übernehmen. Es war nicht auszuschließen, dass man bei größeren Kriegshandlungen, bei denen die gewöhnlichen Artilleriewaffen nicht ausreichten, auf die Kernwaffe würde zurückgreifen müssen. Man könnte sie heimlich hinter die Frontlinie schaffen, möglichst weit weg von den eigenen Truppen, und sie dort in Feindesland zünden. Wer das Zünden übernehmen würde, müsste, abhängig von der Situation, gesondert überlegt werden.
Eemeli Toropainen dachte über die Vorschläge nach. Wenn die Bombe an ihrem jetzigen Standort explodierte, vernichtete sie ganz Ukonjärvi mitsamt der Kirche. Es wäre gut, sie loszuwerden oder zumindest nicht in unmittelbarer Nähe zu haben. Er akzeptierte die Pläne und beauftragte Josif Nabulah, das Vorhaben zu leiten.
Anfang Januar wurde der robuste Schlitten fertig, er hatte Kufen, die sechs Zoll breit waren, und eine aus Kiefernbalken gebaute Achse. Vier Ochsen zogen ihn zum Löytölampi, wo die Bombe bereits mit einem Flaschenzug aus dem Flugzeug geholt worden war. Die Vernichtungswaffe hatte die Form eines Zylinders und war knapp drei Meter lang und einen halben Meter dick, ihr Gewicht schätzte der Schmied auf 2,2 Tonnen. Man hob sie in die Kiste, die auf dem Schlitten wartete, wobei man sehr behutsam vorging, obwohl dem Somalischmied kein Fall bekannt war, bei dem eine Kernwaffe durch Bewegung explodiert war. Allerdings waren sicher noch nicht viele Kernwaffen auf Schlitten transportiert worden, also war Vorsicht geboten.
Bis zum Murtovaara waren es siebzig Kilometer Luftlinie. Da die Ochsen keine Vögel waren, wurde die Strecke länger, denn man musste sich nach dem Gelände richten. Die Partisanen liefen auf Skiern voraus und räumten für das Ochsengespann eine Fahrspur. Der Transport kam langsam, aber sicher voran. Hinter der Kernwaffenladung lief ein Pferd, das auf einem Leiterschlitten das Heu für die Ochsen zog. Die Geschwindigkeit war angemessen, etwa zwei Kilometer in der Stunde, und alle Begleiter passten auf, dass sie nicht gegen die unberechenbare Fracht stießen.
Der Transport der Kernwaffe zum Murtovaara dauerte eine ganze Woche. Auf der Hälfte der Strecke wurde das Ochsengespann ausgewechselt, vier vor Kraft strotzende Zugtiere wurden aus Ukonjärvi geholt und vier erschöpfte in den heimatlichen Stall entlassen.
Der Ort, an dem das Gespann gewechselt wurde, lag etwa zwanzig Kilometer nordwestlich von Valtimo. Severi Horttanainen setzte sich auf
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