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Nördlich des Weltuntergangs

Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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und gern zwei Männer ersetzte. Auf dem Eis wurde zunächst ausgeladen: das Garn und Eisbeile, die Stangen für die Zugseile, spezielle Gabeln zum Schieben der Stangen und viele andere Geräte wie Trampen und Flößhaken, mit denen man unter dem Eis schwimmende Stangen suchen konnte. Die Ochsen trugen auf den Flanken derbe lederne Schwimmwesten, die mit Heu gefüllt und mit breiten Riemen befestigt waren – eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass die schweren Tiere durch das Eis brachen. Gleichzeitig waren sie auf diese Weise vor dem scharfen Frostwind geschützt, der über den See wehte.
    Wenn alles fertig war, gab Eemeli Toropainen das Kommando zum Start. Zwei Männer führten die Stangen durch die Einlassöffnung unter das Eis, ausgerichtet auf je eine Reihe der Eislöcher. Zwei weitere hackten die in der Nacht zugefrorenen Löcher auf, und die beiden letzten ließen das Garn ins Wasser gleiten. Es war eine aufregende, ja, spannende Aktion. Niemand konnte vorhersagen, wie groß der Fang sein würde. Für gewöhnlich faltete Tuirevi Hillikainen in dieser Phase der Arbeit die Hände und bat den Allmächtigen um möglichst reiche Beute.
    Wenn die Stangen bis an den ersten Winkel geschoben worden waren, wurden sie mit einer speziellen Gabel in die neue Richtung gelenkt. Dann wurden die Zugleinen ausgezogen, um Flügel und Stert des Garns unter Wasser in gerader Linie auszubreiten. Für diese schwere Arbeit wurden die Ochsen angespannt, zwei Männer setzten sich auf ihren Rücken, und an den Sielen wurde jeweils das Ende des Zugseils befestigt. Die Ochsen stampften mit gebeugten Köpfen über den See, langsam und wuchtig. An den Ecken wurde gewendet, hin zur Aufholeöffnung, und die Ochsen gingen nun aufeinander zu. Dabei dauerte der gesamte Vorgang länger als eine Stunde. Die Ochsen näherten sich, gingen hinter der Aufholeöffnung aneinander vorbei und zogen die Flügel des Garns über Kreuz. Nach dem Mittag kam die spannende letzte Phase: Mit langen Trampen scheuchten die Männer die Fische in den Stert des Garns, der, von den Ochsen gezogen, langsam heraufkam. War der Stert endlich oben, sahen die Männer, welche riesigen Mengen Fisch sie gefangen hatten. Das Garn wurde in die Zuber, die im Schlitten standen, entleert. Es war eine schweißtreibende, aber erfreuliche Arbeit. Das silbrige Gewimmel nahm kein Ende, ein Gefäß nach dem anderen füllte sich, immer neue Fässer wurden herangerollt. Wenn das Netz endlich leer war, konnte man das Ergebnis prüfen. Dutzende von Gefäßen voll mit Edelfisch, insgesamt mehr als 1200 Kilo! Feldpröbstin Tuirevi Hillikainen dankte Gott mit warmen Worten für den Fang.
    Nach getaner Arbeit versammelten sich Menschen und Tiere auf einer kleinen Insel mitten im See, wo die Gehilfen ein Lagerfeuer entzündet und mehrere Unterstände als Windschutz errichtet hatten. Über dem Feuer wurde Fischsuppe gekocht, wobei man nicht mit Butter sparte.
    Am Abend ging der Mond über dem Laakajärvi auf. Von der Russenhalbinsel klang das Geheul eines Wolfes herüber. Die Hunde wurden unruhig und knurrten. Die Ochsen blieben gleichgültig. Sie wurden nach der Mahlzeit vor die Schlitten gespannt, und dann fuhr die ganze Mannschaft ans Ufer. Eemeli Toropainen stieg zusammen mit der Feldpröbstin in seinen Kirchenschlitten und trieb den Hengst an, es ging heimwärts in Richtung Ukonjärvi. Die Schlittenglöckchen klingelten, der Mond schien, die Stimmung war prächtig. Tuirevi Hillikainen zupfte Eemeli am Ärmel und zeigte an den vom Mond beschienenen Himmel. Eine einsame Rakete zog dort einen hellroten Streifen über das Himmelszelt, an dem zahllose Sterne funkelten.

33
    Am 13. Juni im Jahre 2015 ging die Sonne in gewohnter, in Jahrmillionen erprobter Weise auf. In den Morgenstunden war die Luft klar, doch gegen elf Uhr begann es seltsam zu dämmern. Eine schwarze, schleierähnliche Wolke zog von Osten über den Ukonjärvi-See, sie wurde rasch dunkler, sah immer bedrohlicher aus und bedeckte bald den ganzen Himmel. Es war völlig windstill. Die Vögel hörten auf zu singen, die draußen weidenden Schafe suchten Schutz unter den Bäumen, und die Bullen stellten sich im Kreis auf.
    Es war ein seltsames Unwetter. Die Menschen gingen in ihre Häuser, aber draußen fiel kein einziger Wassertropfen. Stattdessen begann schwarzer Staub vom Himmel zu schweben, ein sonderbarer feinpulveriger Ruß. Gegen Mittag verdunkelte sich die seltsame Wolke immer mehr. Um dreizehn Uhr herrschte völlige

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