Nördlich des Weltuntergangs
vollauf zu tun, die eigenen Leute zu ernähren.
Die Brigade von Kainuu hatte Grenztruppen von der Stärke eines Bataillons zurückgelassen. Ihr Kommandeur Major Ronkkanen hatte Horttanainen einen schriftlichen Befehl mitgegeben, in dem er die Partisanenkompanie von Ukonjärvi seinem Kommando unterstellte und sie anwies, an der Ostgrenze, im Gelände zwischen Kuhmo und Nurmes, einen Feldposten zu errichten. Aufgabe dieses Postens sollte es sein, die nationale Grenze zu schützen und dem Grenzbataillon von Kajaani Meldung zu machen, falls es in der Nähe zu Kriegshandlungen komme.
Wegen des hohen Alters von Stabsfeldwebel Naukkarinen ernannte Eemeli Toropainen den Kommissar von Ukonjärvi, Taneli Heikura, der den militärischen Rang eines Fähnrichs hatte, zum Chef der Partisanenkompanie, gleichzeitig beförderte er ihn zum Leutnant. Neuer Kommissar wurde der frühere Landwirtschaftsberater Jaritapio Pärssinen. Der Arzt Seppo Sorjonen wurde zum Feldscher ernannt, und Pastorin Tuirevi Hillikainen war bereits früher zur Feldpröbstin befördert worden.
Der Posten wurde am Berg Murtovaara am Ufer des Mujejärvi-Sees errichtet. Die Entfernung von der Kaserne in Kalmonmäki bis dorthin betrug siebzig Kilometer, und bis zur russischen Grenze waren es dann noch gut zehn Kilometer. Nach Nurmes waren es fünf und nach Kuhmo sechs Kilometer.
Man begann sofort mit dem Bau der entsprechenden Befestigungen. Der Posten wurde als Stützpunkt einer Partisanenmannschaft angelegt. Es wurden zwei Unterstände für jeweils die halbe Mannschaft gegraben, zwischen denen ein Schützengraben verlief. Unten am Berg wurden ein Unterstand für zwei Pferde und daneben ein Vorratslager errichtet. Ende Juli 2014, als der dritte Weltkrieg etwa einen Monat andauerte, war der Stützpunkt fertig und besetzt.
Aus Sicht der Soldaten war der Kriegseinsatz gemütlich, sie patrouillierten in den Wäldern zwischen Kuhmo und Nurmes, einmal nahmen sie einen nach Westen strebenden russischen Flüchtling fest und überstellten ihn nach Kajaani, sonst war es ruhig. So konnte der Weltkrieg weitergehen, fanden sie. Was gab es Besseres als ständigen Aufenthalt im Freien, direkt am Ufer des fischreichen Mujejärvi-Sees, und hin und wieder einen Heimaturlaub zu Hause in Ukonjärvi.
Die erste Berührung mit der Wirklichkeit des Krieges stand den Dorfbewohnern erst im Herbst bevor, als die Seen vereist waren und der erste Schnee fiel. Sie hatten sich auf dem Dachreiter der Kirche aus Brettern eine Tribüne für die Luftüberwachung gebaut. Frauen und alte Männer taten hier Dienst, denn die waffenfähigen jungen Männer befanden sich entweder in der Ausbildung oder waren am Feldposten eingesetzt.
An einem frühen Novembermorgen zerriss plötzlich das Geheul einer schweren Düsenmaschine die Stille. Das war etwas ganz Außergewöhnliches, denn in Finnland waren wegen des Treibstoffmangels seit Jahren keine Verkehrsflugzeuge mehr unterwegs, und das Geräusch kam auch nicht von einem der kleinen Bomber, die während des Krieges hin und wieder am Himmel zu sehen gewesen waren. Bei der Flugüberwachung tat gerade Stabsfeldwebel d. R. Sulo Naukkarinen Dienst. Er läutete die Kirchenglocke. Die Menschen kamen aus ihren Häusern gerannt und sahen mit Entsetzen, dass von Süden her ein schwerer viermotoriger Bomber Ukonjärvi anflog. Aus der Maschine lösten sich drei Fallschirme; der, der dem Ort am nächsten war, landete auf dem Eis des Sees, und die beiden anderen schwebten auf das Gelände am Tuohenjoki herab, wobei einer sich im Wipfel einer hohen Kiefer zu verfangen schien. Die Maschine flog sehr tief und machte so furchtbaren Krach, dass sich die Leute instinktiv bückten, als sie über ihre Köpfe hinwegdonnerte. Sulo Naukkarinen feuerte mit der Pistole in die Luft, was aber keine erkennbare Wirkung hatte.
Der Bomber verschwand hinter dem Waldrand, und das Geräusch verstummte. Kurz darauf war ein fernes Dröhnen zu hören, und ein helles Licht flammte am nördlichen Horizont auf. Der Bomber war abgestürzt.
Die Partisanen begannen, den Wald hinter dem See zu durchkämmen. In der Morgendämmerung fanden sie drei frierende Piloten, zwei hockten in den Sträuchern am Ufer, und der dritte hing im Wipfel einer großen Kiefer. Der Fallschirm des armen Kerls hatte sich so fest verhakt, dass man länger als eine Stunde brauchte, um ihn herunterzuholen. Eintönig rief er Allah um Hilfe an, als wäre er ein Muezzin, der auf dem Minarett stand und die Gläubigen zum
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