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Nördlich des Weltuntergangs

Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Gebet rief. In der Einödlandschaft von Kainuu wirkte der Auftritt jedenfalls ziemlich exotisch.
    Bei Tageslicht betrachtet, zeigte sich, dass die Männer eine dunkle Hautfarbe und lockiges Haar hatten. Feinde aus der unmittelbaren Nachbarschaft konnten sie demzufolge nicht sein, auch ihre Sprache klang nicht vertraut. Man holte einen Mitbürger herbei, der Englisch sprach, und es stellte sich heraus, dass es sich um Araber handelte, die Piloten stammten aus dem Nahen Osten.
    Sie nannten ihren militärischen Rang und ihre Einheit und zeigten ihren Militärpass, der jedoch mit Schriftzeichen ausgefüllt war, aus denen niemand schlau wurde. Ferner sagten sie, dass sie menschenfreundliche und tierliebe Araber seien und dass man sie wie Gentlemen behandeln möge.
    In den Verhören stellte sich heraus, dass die Piloten einige Stunden zuvor mit einer Wasserstoffbombe an Bord zu Hause gestartet waren, mit dem Befehl, die Last an einem bestimmten Punkt über Afrika abzuwerfen. Sie zeigten die Koordinaten vor. Man machte ihnen klar, dass sie nicht in Madagaskar seien, wohin die Codes wiesen, sondern in Kainuu. Darüber zeigten sie sich äußerst verwundert. Unterwegs hatten sie zwar kleine Meinungsverschiedenheiten über die Flugrichtung gehabt, aber mit einer so großen Abweichung hatten sie nicht gerechnet. Erst als sie im Morgengrauen durch Frost und Schnee über eine feindlich wirkende Einödlandschaft geflogen waren, waren sie auf den Gedanken gekommen, dass ihnen vielleicht doch ein Fehler in der Navigation unterlaufen war.
    Eemeli Toropainen konnte sich nicht recht entscheiden, ob die arabischen Piloten Feinde oder Freunde Ukonjärvis waren. Wie auch immer, sie wurden entwaffnet und bekamen zu essen, bevor sie in das Gefängnis von Rajakylä gebracht wurden. Man beschloss, die internierten Russen aus den Zellen zu entlassen und unter Hausarrest zu stellen, denn sie hatten sich in der Anfangsphase des Weltkrieges als vertrauenswürdig erwiesen, und im Gefängnis war nicht genug Platz für sie und für die Araber.
    Am Nachmittag fand man auch das abgestürzte Flugzeug. Es war von Ukonjärvi aus noch etwa zehn Kilometer weiter geflogen und lag jetzt am Ufer des Löytölampi-Sees. Die Maschine hatte den See, der einen Kilometer lang war, von einem Ende bis zum anderen durchpflügt und dabei das Eis zermalmt, dann war sie auf dem nordwestlichen Ufer liegen geblieben. Die gewaltige Wucht der Bauchlandung zeigte sich daran, dass zwischen dem zerbrochenen Eis Unmengen toter Fische lagen.
    Das Flugzeug qualmte am Ufer vor sich hin. Es war eine viermotorige, um die Jahrtausendwende gebaute Iljuschin. Im Inneren fanden sich noch zwei tote Mitglieder der Crew. Ein Tragflügel war abgerissen, und der Rumpf lag halb auf der Seite. Vorsichtshalber wurde das Gelände abgesperrt, denn man wusste ja, dass sich in der Maschine eine Wasserstoffbombe befand, wenn nicht sogar mehrere. Wenn die Kernladung explodierte, wäre es um Ukonjärvi geschehen. Sonst wurde die Idylle am Ukonjärvi nicht weiter durch den dritten Weltkrieg gestört, außer dass man verschiedentlich Kunde von ihm erhielt. Eines dieser Zeichen fernen Kriegsdonners traf auf dem Schienenwege ein. Der Bahnhofsvorsteher von Valtimo teilte mit, dass für die Partisanenkompanie von Ukonjärvi wertvolle und geheime Kriegsfracht aus Frankreich eingetroffen sei.
    Das Kollo wurde mit dem Pferdewagen abgeholt und nach Kalmonmäki in die Kaserne gebracht. Es war eine Holzkiste, etwa sechzig Zentimeter lang, einen halben Meter breit und zwanzig Zentimeter hoch. Sie wog mehr als dreißig Kilo und sah aus wie eine Obstkiste. Vorsichtig löste man den Deckel. In der Kiste lagen dicht verpackt merkwürdige schwarze Platten von der Größe eines Geldscheins und mit einer Dicke von etwa zwei Millimetern. Sie waren in Folie eingeschweißt und glühten eigenartig. Niemand wusste, welchem Zweck die Platten dienten, nicht einmal der Technikfachmann, Somalischmied Josif Nabulah, konnte sich einen Reim darauf machen. Ein Blatt mit einer Gebrauchsanweisung lag dabei, eng in französischer Sprache beschrieben. Niemand verstand den Text. Was also tun mit den sonderbaren Platten? Man sagte sich, dass es sich bestimmt um einen Irrtum handele, in Ukonjärvi brauchte man solche Gegenstände nicht. Allerdings stand auf der Sendung deutlich die Anschrift: Partisanenkompanie Ukonjärvi, Kainuu, Finnland.

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    Die am Löytölampi abgestürzte arabische Iljuschin wurde weiträumig mit einem Zaun umgeben,

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