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Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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platz die erste Kiefer gefällt – und blieb an einem ande­ ren Baum hängen.
    Dann fiel der erste Schnee, und in den Nächten gab es Frost. Auf dem Dach der Kirche wurde nun der Dach­ reiter gezimmert. Zum Schluss wurden die Schindeln verlegt. Das war eine anspruchsvolle und gefährliche Arbeit, aber alles ging gut.
    Anfang November war das Dach fertig, und die Män­ ner konnten sich an die Innenarbeiten machen. In die Fensteröffnungen wurden Rahmen eingesetzt und an­ schließend verglast. Aus Iisakki Matolampis Haus wurde eine elektrische Leitung bis in die Sakristei gezogen, sodass man einen elektrischen Heizkörper anschließen konnte. Die Zimmerleute verlegten ihr Zelt von seinem Standort hinter dem Friedhof in die Kirche, wo sie be­ gannen, den Unterboden zu isolieren und Fußboden­ bretter aus Kiefernholz aufzunageln. Am Ufer des Sees war das Wasser morgens mit dünnem Eis überzogen.
    Der Blockhausbau am Hiidenvaara dagegen wollte nicht vorankommen. Die Gruppe von zwanzig Anhän­ gern eines naturnahen Lebens war auf zehn zusammen­ geschrumpft. Gleich am ersten Tag hatte sich einer von ihnen verletzt, als er unter einen gefällten Baum ge­ kommen war. Zwei Rippen hatte er gebrochen. Eine Woche später kam ein zweites Unfallopfer zum Ukonjär­ vi gehinkt. Der arme Bursche hatte sich mit dem Beil ins Bein gehauen. Auch zwei Patienten mit Fieber ka-men zur Kirche gewankt. Eemeli Toropainen machte sich mit seinen Männern zum Hiidenvaara auf, um nachzusehen, was dort eigentlich los war, da sich immer wieder Kranke bei ihm meldeten.
    Als sie ankamen, bot sich ihnen ein jämmerliches Bild: Ein kleiner Kasten, nur erst ein paar Balken­ schichten hoch, war entstanden, die Balken waren infolge der unsachgemäßen Behandlung schwarz ver­ färbt. Der Schnee um die Baustelle und das Lager war niedergetrampelt und gefährlich glatt, hier und dort lagen gefällte Bäume, offenbar hatten die Grünen ver­ sucht, sie abzuästen, hatten aber nicht die Kraft gehabt, die Stämme anzuheben. Die Eckfugen saßen traurig schief, das Beil hatte ziemlich oft daneben getroffen.
    In einiger Entfernung qualmte ein kümmerliches La­ gerfeuer, an dem sich ein halbes Dutzend rußge­ schwärzter, magerer Männer die Hände wärmten. Sie hockten kläglich und frierend im kalten Wind am felsi­ gen Hang des Hiidenvaara, ihre Gesichter mit den schütteren Bärten zeigten einen ernsten und leidenden Ausdruck. Auf einem schneebedeckten Baumstumpf stand ein rußiger Aluminiumkessel, halb mit gefrorener Kräutersuppe gefüllt.
    Alles zeugte von rührendem Bemühen und kläglichem Scheitern. Die kleine Kerntruppe der Grünen erinnerte an eine Expedition, die sich in der Tundra verirrt hat, vom Schicksal verlassen und ohne jede Hoffnung.
    Eemeli Toropainen kochte erst mal auf dem Feuer ei­ nen anständigen Kaffee und verteilte Brotscheiben mit Speck, die den eingefleischten Vegetariern ausgezeichnet schmeckten. Er nahm dann seinen ältesten Zimmer-mann beiseite und sagte zu ihm:
    »Hör mal, Severi. Du bleibst am besten hier und stellst den Jungs eine anständige Hütte an den Hang.«
    Dann kehrte Eemeli mit den anderen Zimmerleuten zurück, um die Innenarbeiten in der Kirche zu vollen­ den. Severi Horttanainen nahm unterdessen am Hiiden­ vaara die Zügel in die Hand, er setzte die Motorsäge in Gang und fällte noch am selben Tag etwa hundert Kie­ fern zur Balkengewinnung. Er wies die Grünen an, die Stämme abzubeilen. Den bisher entstandenen Kasten nahm er auseinander und rollte die Balken zum Feuer, sie konnten als Brennholz dienen. Danach setzte er die Ecksteine für die neue Hütte, und noch vor Eintritt der Dunkelheit verlegte er die erste Schicht Balken.
    Gleich im Morgengrauen ging es weiter, gegen Mittag brachte Taina Korolainen einen Kessel Fleischsuppe, einige Roggenbrote und hausgemachtes Bier, und am Abend hatte die neue Hütte bereits Fensterhöhe er­ reicht. Nach einer Woche fertigte Horttanainen den Dachstuhl und schaufelte als Isolierung für die Zwi­ schendecke ein paar Kubikmeter Ameisennester hinein. Er zimmerte ein Lattendach und mauerte in die Ecke der Stube einen Ofen, den er mit einem Blechrohr ver­ sah. Dann passte er das Fensterglas und die Tür ein und nagelte schließlich noch an die hintere Wand der geräumigen Stube eine lange doppelstöckige Pritsche, auf der mindestens zwanzig Leute Platz fanden, von den mageren Grünen sogar dreißig. Als die Hütte fertig war, ließ sich Horttanainen

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