Nördlich des Weltuntergangs
anständig voll laufen und befahl den Grünen, ihn wegzutragen.
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Frau Taina Korolainen hatte den ganzen langen Herbst für nützliche Arbeiten genutzt: Sie hatte Dutzende Liter Moltebeeren und Preiselbeeren und Unmengen von Pilzen gesammelt. Eemeli hatte von Bauer Matolampi ein wendiges Ruderboot gekauft, und Taina hatte im See mit dem Netz gefischt. Sie hatte jede Menge Hechte, Barsche und Maränen gefangen. Sogar Krebse hatte sie an Mato lampis Ufer entdeckt. All das hatte sie sorgfältig einge legt und eingesalzen und im Erdkeller gelagert, den Eemeli hinter dem Friedhof in den Hang des Kirchenhü gels gegraben hatte. Dort konnte später der Leichenkel ler eingerichtet werden, wenn erst die Beschaffung von Toten in Gang kam.
Eemeli baute nach Feierabend eine stabile Sauna an den See. Sie stand auf dem Gelände des künftigen Pfarrhauses, etwa zweihundert Meter von der Kirche entfernt am gegenüberliegenden Ufer. Zwischen der Kirche und dem Pfarrhaus floss in Richtung Nordosten der stromschnellenreiche Ukonjoki-Fluss, über den die Männer aus dicken Balken eine Brücke gebaut hatten. Eemeli beabsichtigte, im nächsten Frühjahr auf der Anhöhe gleich hinter der Brücke das Pfarrhaus zu er richten. Wenn man einmal eine eigene Kirche hat, ge hört dazu natürlich auch ein Pfarrhaus. An einen Pastor verschwendete er vorläufig noch keinen Gedanken.
Im Oktober wurde die Glocke geliefert. Das Fahrzeug der Gießerei fuhr mit seiner Last hinter die Kirche. Die Glocke wog mehr als zweihundert Kilo, sodass einige besondere Vorkehrungen notwendig waren, um sie an den vorgesehenen Platz im Dachreiter zu heben. Die Männer bauten im Dach ein Gestell, an dem sie einen Flaschenzug befestigten, dann zogen sie die schwere Glocke an Stahlseilen hinauf. Vom See her blies ein heftiger Wind, der die Glocke an ihren Seilen ins Schwingen brachte. So begann sie auf ihrem Weg nach oben zu läuten, sie hatte einen schönen und weittragen den Klang. Die Glocke schlug sechs Mal an, ehe sie an ihrem Platz war. Dann verstummte sie.
Anfang Dezember wurde die Kirche fertig. Bereits vor her hatten die Zimmerleute ihr Zelt abgebaut und waren an den Hiidenvaara in die Hütte der Grünen gezogen. Der Weg zur Arbeit und nach Hause betrug jeweils vier Kilometer, aber das machte nichts. Mit Fahrrädern gelangten die Männer ans Seeufer und nahmen dann das Boot, denn der See war nur ein paar hundert Meter breit.
Eemeli zog mit Taina Korolainen aus der Sakristei in die neu errichtete Sauna. Die leere Kirche konnte dem nach ausgefegt und von den Bauresten befreit werden. Die breiten Fußbodenbretter wurden lackiert, und nun war gleichsam die geistliche Atmosphäre hergestellt. Im Inneren der Kirche wurde nicht mehr geschnarcht, nicht gegessen, nicht geträumt, kein schmutziges Menschen leben geführt.
Der Außenanstrich wurde auf den nächsten Sommer verschoben; bis dahin würden die Balken von den win terlichen Frostwinden gut ausgetrocknet sein. Eemeli bestimmte Rot als Farbe für die Kirche. Schon früher war für die Holzkirchen in Finnland roter Ocker verwen det worden.
Die Kirche hatte achthundert Sitzplätze. Die Bänke bestanden aus starken gehobelten Kiefernbohlen, eben so die Rückenlehnen. Die Stützen für die Gesangbücher wurden mit Sandpapier abgeschliffen und lackiert.
Eisblumen zierten die Fenster, der frische Lack dufte te, der große Saal war sauber und still.
Allerdings wirkte der Innenraum noch recht schmuck-los. Es gab keine Orgel, keinen Altar, nicht mal eine Kanzel. Eemeli Toropainen grübelte über die Frage, ob er auch das alles noch installieren müsse. In Assers Ver mächtnis war nichts von der Verwendung der Kirche erwähnt. Es reichte, dass sie gebaut wurde. Asser selbst war faktisch Atheist gewesen. Hatte er gewollt, dass die Kirche eines Tages für geistliche Zwecke genutzt wurde? Das ließ sich leider nicht mehr klären, da Asser mitten in den Verhandlungen gestorben war.
Eemeli beschloss, dass die Kirche, ob sie nun benutzt würde oder nicht, auf jeden Fall komplett eingerichtet werden musste. Er akzeptierte keine unvollendeten Arbeiten. Erforderlich waren eine Kanzel, ein Altar, ein Altargemälde und vielleicht hier und dort an den Wän den und der Decke Bilder zu Themen aus der Bibelge schichte. Für den Fall, dass eines Tages Gottesdienste abgehalten würden, musste die Sakristei natürlich mit Talaren, Kerzen, Kirchentextilien, Gesangbüchern, Abendmahlkelchen und einer
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