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Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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über hunderttau­ send Dollar. Man versprach ihm mehr Geld, dies sei erst der Anfang.
    Im Hinterzimmer des dänischen Gasthauses wurde nun erst mal ein üppiges Abendessen bestellt. Und während Eemeli dort so in dem alten ledernen Sessel saß, erschienen ihm das Leben und die Menschen als angenehm und gut. Anscheinend fand sich auf der Welt doch noch selbstlose Herzlichkeit, sagte er sich.
    Ganz zu Unrecht wurden die Amerikaner stets als stahlharte Geschäftsleute bezeichnet. Sie verdienten natürlich gern Geld, wer tat das nicht, aber wenn eine so edle Absicht dahinter stand, war eigentlich nichts dagegen zu sagen. Geld war nur das Mittel, mehr nicht, erklärten auch die Amerikaner.
    Munter plaudernd verbrachte man den Abend mitein­ ander. Irgendwann gegen elf Uhr erklärten die Ärzte und der Jurist, dass sie schlafen gehen wollten, wenn es ihnen gestattet sei.
    Der geschäftsführende Direktor, der ziemlich betrun­ ken war, leistete Eemeli weiter Gesellschaft. Er fragte ihn darüber aus, ob es leicht sei, finnische Polizisten zu bestechen. Und ob einige seiner Männer im Notfall mit Waffen umgehen konnten. Bekam man in Finnland ausgebildete Kampfhunde? Diese zu importieren könnte möglicherweise schwierig werden. Wie viel würde Eeme­ lis Schätzung nach der Bau eines eigenen privaten Gefängnisses kosten? Man musste die Organspender nämlich, manchmal sogar über lange Zeit, vor den Ope­ rationen in Gewahrsam halten. Wenn man sie auf freiem Fuß ließe, riskierte man, dass sie die eingegangenen Verträge bereuten und sich davonmachten. Das kam natürlich nicht in Frage. Schließlich war es nicht billig, irgendwelche wenig vertrauenswürdige Russen von Murmansk oder Archangelsk über die Grenze zu schleu­ sen. Es mussten Flugzeuge oder Geländewagen gechar­ tert und geheime Wege benutzt werden. Heutzutage kostete das alles einen Haufen Geld.
    Eemeli Toropainen stutzte. Dann begriff er: Hier ging es um widerwärtige kriminelle Machenschaften, um Handel mit menschlichen Organen. Arme Leute verkauf­ ten lebenswichtige Körperteile an todkranke Reiche. Als Vermittler und Aufschlitzer fungierten gewissenlose Banditen, denen Geld lieber als das Leben war.
    Der betrunkene Amerikaner erklärte die Prinzipien, nach denen die Klinik arbeitete:
    »Wir schlitzen einen dieser armen Schlucker auf, sei­ ne Niere wird rausgenommen und in eine Schüssel geklatscht. Dann wird der Kerl wieder zugenäht und kriegt anschließend einen Tritt in den Arsch. Nun ja, wir sind keine Gauner, zumeist drücken wir ihm die Hälfte des versprochenen Geldes in die Hand, manchmal auch nur ein Viertel, und selbst mit diesen Summen können die armen Teufel viele Jahre leben. Sofern sie nicht an irgendwelchen Komplikationen draufgehen. Spitzenchi­ rurgie ist eine riskante Sache.«
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    Eemeli Toropainen wurde schrecklich wütend. Er erklär­ te barsch, dass er nie und nimmer mit Bestien wie ihnen zusammenarbeiten könne. Die Not anderer Menschen auszunutzen und das Leben von Armen zu zerstören, das seien so rabenschwarze Sünden, wie es sie schlim­ mer nicht gebe.
    Da war kein Raum für Verhandlungen. Der verdutzte Amerikaner versuchte, die Sache zu verharmlosen, und erinnerte Eemeli an seine Streitigkeiten mit den Behör­ den. Es half nichts. Eemeli drohte dem Mann damit, ihn und seine Kumpane bei der dänischen Polizei anzuzei­ gen.
    Es kam zu einem heftigen Handgemenge. Die Leder­ sessel kippten um, vom Kaminsims fiel ein schwerer Kerzenständer aufs Parkett. Die beiden Ärzte und der Jurist kamen aus ihren Zimmern herbeigeeilt. Eemeli rang eine Weile mit vier Männern, bis ihm einer der Ärzte eine Betäubungsspritze in den Hintern stieß. Die Amerikaner trugen ihn kurz entschlossen nach draußen hinter das Haus, wo sie ihn in den Laderaum seines Lieferwagens mitten zwischen die Orgelpfeifen warfen. Der Anführer der Gruppe wollte das betäubte Opfer mit Fußtritten traktieren, aber die Ärzte hinderten ihn dar-an.
    »Nicht treten! Der Kerl hat noch gut funktionierende Organe, wir können Ersatzteile aus ihm gewinnen!«
    Die beiden Ärzte untersuchten Toropainen mit geüb­ ten Griffen. Dabei tauschten sie sich darüber aus, wie viele prächtige Organe der Körper des Finnen wohl hergab. Das Herz, die Leber, die Lunge und die Nieren schienen gut in Schuss zu sein. Wenn man den Mann sauber zerstückelte und alles Brauchbare schön ordent­ lich aussortierte, wäre sein Verkaufswert schwindelerre­ gend hoch. Zum Glück war er

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