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Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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schickt und gleichzeitig hätten wieder neue Platten draußen angebracht werden müssen. All das wäre Auf-gabe der Partisanenkompanie gewesen. In dem Papier wurde auf die militärische Bedeutung der Messungen hingewiesen und betont, dass die Unterlassung ein Kriegsverbrechen sei, auf das unter Umständen die Todesstrafe folge.
    Als Eemeli Toropainen die Übersetzung las, wurde er nachdenklich. Er hätte sich besser gleich, als die Kisten auftauchten, darum kümmern sollen, was es damit auf sich hatte. Hier hatte er jetzt ein Problem, das nicht so einfach zu lösen war. Eemeli fuhr nach Hiidenvaara, um sich mit Severi Horttanainen zu beraten. Vielleicht fiele dem alten Freund etwas ein.
    Severi überflog den Text und war keineswegs beunru­ higt. Den Hinweis auf die Todesstrafe tat er mit einem Lachen ab. Seiner Meinung nach sollten die Bürokraten des Absenders, also des Ersatzlagers für Spezialwaffen­ gattungen, wenn sie ihre eigene Haut retten wollten, lieber in Frankreich bleiben. Die Partisanen von Ukon­ järvi ließen sich nicht durch diese Rotweinnasen ins Bockshorn jagen.
    Eemeli staunte, dass Severis Ofen so merkwürdig glühte. Bei seinem letzten Besuch hatte das Ding ganz gewöhnlich ausgesehen.
    Daraufhin erzählte Severi, dass er ihn mit den franzö­ sischen Platten gekachelt habe. Besonders abends im Dunkeln sehe es sehr schön aus, wenn sie glühten.
    Eemeli Toropainen bekam einen Schreck. Hatte Severi keine Angst vor Strahlung? Der Kerl hatte wahrhaftig rotzfrech seinen Ofen mit geheimem Kriegsmaterial verziert.
    Severi ließ sich nicht von Eemelis Furcht anstecken. Er sagte, dass er sich nichts aus Strahlung mache, das bisschen Glühen könne einem alten Haudegen wie ihm nichts anhaben, es sei ebenso ungefährlich wie das der Glühwürmchen in der Sommernacht.
    »Schreib den Kerlen in Frankreich, dass wir nie ein Analysegerät besessen haben und dass sie sich von jetzt an die Platten in den Hintern stecken sollen.«
    Eemeli Toropainen schickte tatsächlich eine geheime Botschaft an das Ersatzlager. Dies bewirkte lediglich, dass nun statt einer jedes Mal zwei Kisten auf dem Bahnhof von Valtimo eintrafen, von denen eine eine finnischsprachige Anweisung enthielt. Diese Praxis wurde bis zum Ende des Krieges beibehalten.
    Als Eemeli wieder einmal gemeinsam mit Severi Hort­ tanainen im Pferdewagen unterwegs war, um zwei Kis­ ten vom Bahnhof abzuholen, stießen sie auf eine Horde wild aussehender Männer. Am südlichen Ende des Hiidenjärvi-Sees stürmten mehr als zehn schwarzbärtige Reiter aus dem Wald. Es waren Donkosaken.
    Der Anführer fragte, ob sie in Finnland seien. Als Ee­ meli bejahte, erklärte der Mann, dass er mit seiner Patrouille unterwegs sei, um vor einer riesigen Horde von Frauen zu warnen, die sich durch die Wälder arbei­ teten, mindestens vierzigtausend seien es.
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    Der schnauzbärtige Ataman radebrechte Englisch, um sich verständlich zu machen. Die Kosaken seien die inoffizielle Vorhut, die Kundschafter des Frauenkreuz­ zuges. Er wolle den finnischen König sprechen, falls ein solcher regiere, oder zumindest den nächsten Stammes­ häuptling. Eemeli Toropainen lud den Ataman in sein Haus ein.
    Der Ataman überreichte Eemeli einen Krummsäbel mit Scheide als Geschenk. Eemeli ließ Essen auftragen. Während der Mahlzeit erklärte der Ataman sein Anlie­ gen.
    Er und seine Männer waren bereits im dritten Jahr unterwegs. Im Dontal waren seinerzeit Tausende von weiblichen Flüchtlingen aufgetaucht, die ursprünglich aus Indien und Pakistan kamen. Im Süden Asiens wa­ ren viele lokale Kriege geführt worden, und die Frauen und Kinder hatten darunter am meisten gelitten.
    Anfangs hatten nur ein paar Hundert Frauen die Flucht angetreten, um in nördliche, ruhige Regionen auszuwandern. Ihre Kinder hatten sie mitgenommen, nicht jedoch die Männer und die größeren Söhne. Es war eine lautlose Antikriegsdemonstration des weibli­ chen Geschlechts, die Frauen hatten die Krieger verlas­ sen und waren vor dem Krieg geflohen. So erklärte es der Ataman und äußerte zugleich sein Befremden über dieses Verhalten.
    Die Frauen waren in loser Gruppe durch Afghanistan und vorbei am ausgetrockneten Aralsee und bis auf die Ostseite des Kaspischen Meeres gezogen. Nachdem sie das Letztere umwandert hatten, hatten sie sich nach Westen gewandt und waren ins Donbecken gekommen, wo sie unter den Kosaken Helfer geworben hatten, denn bekanntlich hatten Frauen (und Araber) einen schlech­ ten

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