Nonnen
bin mir sicher, daß sie einiges über
den Tod Ihrer Tante weiß‹, setzte ich rasch nach und
hoffte, daß er endlich anbiß. ›Ich dachte, das
würde Sie interessieren.‹
›Nein, eigentlich nicht.‹ Am anderen Ende der
Leitung entstand eine Pause, ich hörte förmlich, wie
Laux mit sich rang. Dann fuhr er fort: ›Ich habe das Ganze
immer schon für merkwürdig gehalten. Verrückt,
daß Sie nach so langer Zeit damit ankommen. Haben Sie denn
etwas Konkretes herausgefunden?‹
›O ja!‹ behauptete ich. ›Es ist da so
einiges ans Tageslicht gekommen. Aber ich möchte es Ihnen
nicht so gern am Telefon erzählen.‹ Ich wartete
gespannt auf seine Antwort.
Endlich sagte Laux: ›Na gut. Wenn Sie wollen, kommen
Sie morgen abend vorbei.‹
Ich bedankte mich überschwenglich und legte auf. Der
Abend war gerettet, die Träume waren gebannt, die Zukunft
schien interessant und licht.
Zur verabredeten Stunde stand ich vor dem Haus des Dr. Laux.
Es war ein zweistöckiger, ausladender Backsteinbau inmitten
eines parkähnlichen großen Gartens im vornehmsten
Kölner Wohnviertel. Ich ging die Kieselauffahrt entlang und
klingelte. Dabei sank mir das Herz fast in die Hose.
Natürlich mußte meine Lüge auffliegen, und ich
zweifelte daran, daß der Hausherr Verständnis für
meinen Spleen hätte. Er selbst öffnete mir. Ich gab
mich zu erkennen, er schüttelte mir herzlich die Hand und
machte mir dadurch wieder etwas Mut. Er geleitete mich durch eine
mit großen Perserteppichen ausgelegte Halle zu einer
reichbestückten Bibliothek. Ich besitze selbst viele
Bücher, doch dieser Anblick war überwältigend.
Unzählige alte Lederrücken glänzten mich aus
Vitrinen, teuren Regalsystemen und von Buchpulten an. Wie viele
Rätsel mochten diese zeitvergessenen Bände enthalten!
Mein Gastgeber setzte sich in einen alten englischen Ohrensessel
und bedeutete mir, mich ihm gegenüber in einem tiefen Art
Déco-Fauteuil niederzulassen.
›Sie sind also Privatdetektiv‹, begann er.
›Für wen arbeiten Sie?‹
Nun mußte ich, wie man so sagt, die Karten auf den Tisch
legen. Also gab ich zu, am Telefon etwas geflunkert zu haben, und
erzählte ihm in allen Einzelheiten, wie ich auf die Spur der
Nonnen gekommen war. Dabei blickte ich ihn vorsichtig an; jeden
Augenblick befürchtete ich, hinausgeworfen zu werden. Doch
nichts dergleichen geschah. Im Gegenteil: In seinen Augen blitzte
Belustigung auf.
Als ich geendet hatte, sagte er: ›Eigentlich sollte ich
Sie als Hochstapler sofort hinausexpedieren, und zwar
eigenhändig. Aber Ihr Hobby gefällt mir. Es ist so
erfrischend anders als die, mit denen ich sonst immer
konfrontiert werde. Wissen Sie, wie langweilig es ist, Tennis
spielen zu müssen, damit man keine Klienten verliert? Und
erst Golf! Und dieses dauernde Gerede über neue Autos, neue
Geliebte und alten Schmuck! Ich höre mich sicherlich
versnobt an, aber vieles, was mit meinem Beruf
zusammenhängt, ödet mich an. Doch er verhilft mir zu
einem guten Leben.‹ Er machte eine ausholende Geste, als
wolle er sein Haus mit dem Arm umfassen. ›Da ist jemand
wie Sie in der Tat eine Abwechslung.‹
Ich dankte ihm für sein Verständnis, und er fuhr
fort: ›Großtante Elisabeth – oder Hildemarga,
wie sie sich natürlich nur nennen ließ, obwohl sie bei
uns weiter Elisabeth hieß – war schon eine
sauertöpfische Erscheinung! Manchmal besuchten wir sie; es
geschah wie gesagt eher aus Pflicht als aus Neigung, und wir
waren immer froh, wenn wir es überstanden hatten. Ihre drei
Freundinnen waren auch nicht besser. Aber was die Lösung
Ihres Rätsels angeht, so fürchte ich, daß sie
reichlich banal ist, wie es sich bei solchen Dingen häufig
verhält, die auf den ersten Blick vielversprechend
erscheinen mögen. Als wir – ja, es war 1975 –
aus dem Urlaub zurückkamen, lag ein Brief der Oberin im
Kasten, daß die geliebte Hildemarga im Frieden heimgegangen
sei, aber man habe leider keine Möglichkeit, sie im Konvent
zu bestatten, und es entspreche sicher dem Wunsch meines Vaters
als einzigem direkten Angehörigen, für ein
würdiges Begräbnis zu sorgen. Von wegen, seinem Wunsch
entsprechend! Er mochte seine Tante auch nicht mehr, als ich es
tat. Aber was blieb uns übrig? Er fuhr nach Aachen, und als
er zurückkam, hatte er sich obendrein die Verpflichtung
aufschwatzen lassen, auch die drei toten Freundinnen angemessen
unter die Erde zu bringen! Nun, wir hatten
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