Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)
Herzen,
obwohl ich Schwangere eigentlich gar nicht mag. Das ist natürlich ein sehr sensibles
Thema. Deshalb würde ich auch nie mit irgendjemandem darüber reden, geschweige denn
mit einer Frau. Am allerwenigsten mit Cäci.
Schwangere
laufen ziemlich schnell total aus der Form, überall, wo es nicht hingehört, haben
sie Wasser. Ihr Körper scheint es wie ein Klumpen Löschpapier, den man in eine Schale
mit Flüssigkeit legt, aufzusaugen. Viele Schwangere wirken wie ein Wasserbett, man
traut sich gar nicht, sie zu berühren, weil man Angst hat, dass es schwabbelt und
gluckert.
Ganz zu
schweigen vom Bauch, da mag ich gar nicht dran denken. Mir reicht es ja schon, wenn
Nichtschwangere einen Bauch haben. Und das Gesicht, wie aufgepumpt. Und wenn es
ein Junge wird – alles voller Pickel, vor allem da, wo man es sieht. Nochmals studierte
ich Cäcis makellose Haut. So musste ich sie in Erinnerung behalten.
Und alle
sind freundlich zu Schwangeren, selbst die von der Bahn. Schwangere werden wie Schwerstkranke
behandelt. Ich kenne Männer, viele Männer, die haben einen Kessel, der mehr als
doppelt so dick ist wie so ein Schwangerenbäuchlein mit den lächerlichen 3.300 Gramm
Inhalt – durchschnittlich bei einem in Deutschland geboren Baby. Das sind gerade
mal sechs Bier. Ein gesunder Mann kann das an einem Abend locker trinken. Ich kenne
Männer, auch Freunde, die haben einen Bauch, der satte 50.000 Gramm wiegt. Die habe
ich noch nie jammern gehört. Butzi, mein motorradfahrender Freund, leidet auch unerklärlicherweise
an dieser Erkrankung. Dem wird selten ein Platz im Bus angeboten. Gut, das mag daran
liegen, dass er noch nie mit einem Bus gefahren ist, auch steigt niemand für Butzi
aus dem Aufzug, um ihm höflich den frei gewordenen Platz anzubieten. Oft leiden
diese Männer mehr als Schwangere, auch psychisch.
Schwangere
essen auch, man müsste eher sagen, sie ernähren sich. Aber sie ernähren sich eigenartig.
Ich mag mir das gar nicht vorstellen. Sie essen viel zu langsam, es kann Stunden
gehen, bis sie ein Spiegelei wegmeditiert haben. Oder sie schlingen. Bevor der Teller
vor ihnen steht, ist er schon halb leer. Einen Mittelweg kennen sie nicht, sie neigen
zum Radikalismus. Und die Kombinationen: Schokolade mit roher Leber, okay, das passt
wenigstens farblich hübsch zusammen. Aber Essiggurken mit Vanillesoße. Oder viele
Schwangere essen Kalk von den Wänden, kann man überall nachlesen. Manche haben ganze
Zwischenwände aus der Wohnung herausgegessen.
Und beim
Einkaufen, an der Kasse stehen sie dann noch Ewigkeiten vor einem herum, mit ihren
weißen Wasserbeinen und herausgestreckten Gesäßen, hohlkreuzig quasi in ihren viel
zu engen Stretchhosen, bei den Süßigkeiten. Und wenn man dann auch noch Gummibärchen
will, sind keine mehr da.
Und schon
ab der ersten Schwangerschaftswoche stützen sie ihre Hände über dem Gesäß ab, um
ja jedem zu demonstrieren, wie schwanger man ist.
Am besten,
ich mache jetzt noch ein paar Fotos von Cäci, damit ich mich so ab dem vierten Monat
daran erinnern kann, wie schön sie einmal war.
»Und, hast du’s in der Schule auch
schon gehört, die Sache mit dem Kopf?«
Ich nickte
Cäci zu und vermied es, fortwährend auf ihren Bauch starren zu müssen, dort wo mein
ungeborener Sohn gerade irgendwie herumdümpelte. Ich würde stolz auf ihn sein und
er auf mich.
»Ich habs
im Radio gehört, eine Walkerin hat wohl Leichenteile bei der Sießener Säge gefunden.
Was wissen deine Kollegen?«
Ich erzählte
meiner Cäcilia, was mir mein informativer Rektor und die gesprächige Monika Magen
an Wissen über die abscheuliche Tat zukommen ließen. Cäci, die geschwängerte Psychologiestudentin,
war ganz Ohr.
»Das hört
sich aber ekelhaft an, von Häuten und abgehacktem Kopf haben die in den Nachrichten
nichts gesagt. Auch nicht, dass eine Nonne die Leichenteile gefunden hat. Mal sehen,
welche Infos die morgen in der Zeitung rausgeben.«
»Die Schwester,
die den Kopf gefunden hat, die geht bestimmt nicht mehr zum Laufen in den Wald.«
Meine Psychologin
konterte:
»Mach dir
da keine Gedanken, wer so wie die Ordensschwestern im Glauben fest verwurzelt ist,
den haut kaum etwas um. Da kommt so eine besser damit klar als eine von deinen unbefriedigten
Kolleginnen. Trotzdem wäre es für mich interessant, mit der Nonne darüber zu reden.«
»Wie meinst
du das, unbefriedigt?«
»Meinst
du, ich habe das schon vergessen, wie die am Gompigen vor einem Jahr um dich
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