Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)
gehäuteten Körper, aus dem schon alle unbrauchbaren Organe entfernt
sind, auf dem steinernen Schüttstein in die richtige Position.
Der Keller
ist ein guter Keller – ein Gewölbekeller, schön kühl. Vor allem dicht, schalldicht.
Der Keller ist ein alter Keller, ein sehr alter Keller, niemand kennt ihn. Ein atypischer
Keller mit vielen Winkeln und Nischen. Vermutlich wurde er früher als Gerümpelkammer
und unterirdischer Verbindungsgang genutzt. Oder auch als Versteck im Krieg. Die
Temperatur liegt sommers und winters bei ungefähr 15 Grad, die Luftfeuchtigkeit
bei über 90 Prozent.
Gut, dass
du damals nach dem Umzug die alten Regale im Keller entfernt hast, so hast du die
Verbindungsmauer zum Gewölbe gefunden. Es war dir sofort klar, dass dahinter ein
Keller versteckt war, als du dir die alten Pläne angeschaut hast. Zuerst hast du
großzügig das Gemäuer durchgebrochen, um deine geheime Werkstatt einzurichten. Dann
hast du alles wieder zugemauert, bis auf den engen Durchschlupf. Das war eine gute
Idee, schnell wäre so der Originalzustand wieder hergestellt. Und von der anderen
Seite würde eh nie jemand kommen. Stromleitungen und ein Antennenkabel für Radiounterhaltung
waren kein Problem. Die Einrichtung, vor allem der Schüttstein, die große Gefriertruhe,
das hat dich Kraft gekostet.
Nun kommt
der unangenehme Teil der Arbeit, die Sauerei.
Aber das
ist immer so. Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen oder anders gesagt, zuerst der
Dreck, dann das Kreative. Auf jeden Fall muss es diesmal funktionieren. Noch einmal
Ausschuss kannst du dir nicht leisten. Das Desaster gestern, beinahe wäre alles
schiefgelaufen. Wegen der Walkerin, so stand es in der Schwäbischen. Was muss die
auch im Dunkeln durch den Wald sporteln? Nur noch ein paar Meter und etwas mehr
Zeit und der zerteilte Körper wäre für immer in der unterhöhlten Wurzel der Eiche
verborgen geblieben – vermutlich. Gut, dass sie so laut gesungen hat, sonst hätte
sie dich womöglich im Entsorgungseifer überrascht. Die soll bei so einer Kälte zu
Hause bleiben und nicht laufen, nicht andere bei ihrem Werk stören. Das war garantiert
die Schwester mit dem Nordic-Walking-Tick. Die rast ja mehr durch den Wald, als
dass sie in der Kirche zu sehen ist.
Gott sei
Dank hattest du die gute Idee, die restlichen im Kofferraum verstauten Überbleibsel
der Leiche im Anschluss an die misslungene Entsorgung im nahen Hochberger Ried zu
versenken, an der Stelle, wo es selten gefror. Das war zwar ein hartes Stück Arbeit,
es dauerte seine Zeit, aber an dieser Stelle würde niemand suchen. Nach Hause genommen
hättest du die Teile auf keinen Fall mehr. Sie lagerten lange genug in der Gefriertruhe.
Und dann
das Missgeschick, der Unfall, du warst viel zu aufgeregt. Daran ist auch nur die
Schwester schuld. Und der Nebel. Wäre die Schwester nicht aufgetaucht, hättest du
nicht so panisch reagiert und wärst nicht so schnell gefahren. Und das mit dem geliehenen
Wagen.
Du schiebst
die männliche Leiche sanft auf dem harten, marmorierten Spültisch in die beste Position,
bekreuzigst dich und hörst noch einmal den dumpfen Knall, als du viel zu schnell
hinter der Ortschaft hinaus beschleunigt hast. Schneekristalle, gepaart mit Nebelfetzen,
zart wie Puderzucker, rasen im Scheinwerferlicht glitzernd auf dich zu. Dann der
Schatten, der Knall.
Zunächst,
nach der misslungenen Entsorgung des Körpers, bist du panikartig davongerast und
ziellos durch Wälder und Ortschaften gefahren. Dann war da die Idee, ins Hochberger
Ried zu fahren. Beim letzten Spaziergang, als du dem trägen Fuchs gefolgt bist,
war eine Stelle im Wäldchen, wo das Wasser am Rande eines Tümpels nicht gefror.
Das Wasser war in sanfter, dunkler Bewegung. Und tatsächlich ließen sich dort die
zusätzlich beschwerten Leichenteile bestens versenken. Froh, den toten, portionierten
Körper entsorgt zu haben, fast schon euphorisch ging es rasend, wie befreit von
der Last des Todes weiter – zu schnell.
Der Knall,
als der Körper vom rechten Kotflügel erfasst wurde, war wie eine Explosion, eine
zweite, als er auf der Motorhaube landete. Und schon wieder eine Leiche im Kofferraum.
Da blieb ja gar nichts anderes übrig, als sie mitzunehmen. Vermutlich war es eine
Fügung des Schicksals und es musste so sein. Somit konnte der Plan weitergeführt
werden. Gott sei Dank fiel der Schaden am Blinker und am rechten Kotflügel des alten
Autos kaum auf. Die Delle in der Motorhaube konntest du durch Druck von der
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