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Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)

Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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dement? Und steckt endlich mal eure doofen Handys weg! Ich
sagte Franziskanerinnen , also, wer könnte das am Eingang hier sein?«
    Am Verstand
meiner Schüler verzweifelnd, deutete ich noch einmal auf die Bronzeskulptur. Der
Heilige sah gut aus mit dem weißen Häubchen, es gab ihm etwas Androgynes.
     
    Mit den Schülern der Klasse 2BFME2
und dem Mathe-Sport-Referendar Franz Joachim Finsterle, zu dessen Betreuung ich
durch sein Beifach Geografie kam, war ich in der Mittagspause von der Gewerblichen
Schule aus den Sießener Fußweg hoch zum Kloster hin aufgebrochen. Wofür das Kürzel
2BFME2 stand, wusste ich immer noch nicht, die 2 konnte nicht für die Schülerzahl
stehen, denn es waren deutlich mehr. Ich sinnierte, mit Überlegen könnte man bestimmt
entschlüsseln, mit was für Schülern man es zu tun hatte. Mein letzter Deutungsansatz
erschien mir immer fragwürdiger: BF könnte Baufahrzeuge oder Bauernflegel bedeuten.
ME stand wahrscheinlich für Menschen.
    Für die
Strecke des in Sichtnähe liegenden Klosters, die auch ein wenig geübter Läufer in
guten 30 Minuten schafft, hatte ich 40 eingeplant, wir waren nun nach 60 Minuten
endlich am nordöstlichen Eingang des Klosters angekommen. Schuld für die Verspätung
waren vielerlei kleinere, quasi unbedeutende Anlässe und ein bemerkenswerter: Einer
der hoch motivierten Schüler war beim Entenjagen am Fußweg in den sogenannten Ententeich
eingebrochen. Auf dem schulnahen Gewässer war ein gefiedertes Tier in Nöten, mit
seinen gelben Schwimmhautfüßen rutschte es über das dunkle, glatte Eis, als sich
der Klassenverband geräuschvoll näherte. Vermutlich ersetzten die Beine das, was
beim Flugzeug Räder waren, und das arme Federtier konnte somit in Ermangelung ausreichenden
Grips kein Starttempo aufnehmen. Immer wieder landete es schnatternd auf dem Bauch
und ärgerte sich, dass es nicht zu den Zugvögeln gehörte und im warmen Süden ungestört
überwinterte. Herbie, der Hochmotivierte, wollte das Tier fangen, und es gelang
ihm fast, bis er durch die dünne Eisschicht eines schneebedeckten, von Kinderhand
geschlagenen Fallenlochs ins Wasser einbrach.
    Die grenzwertig
demente Meute grölte:
    »Tschieses,
Tschieses …«
    Der beliebte
Referendar Franz Joachim Finsterle, genannt Jesus, da er schulterlanges schwarzes
Haar hatte und auch ansonsten vom Gesicht her wie ein Jesus-Prototyp aussah, wurde
von der begeisterten, in der Kälte dampfenden Schülerschaft aufgefordert, den Einbrecher
zu retten, da er schließlich über das Wasser gehen könne. Jesus, der wundertätige
Referendar, spreizte unsicher die Arme, mimte grinsend den Helden und wollte mit
einem abgebrochenen Ast, der unter einem der Birkenalleebäume lag, den Havarierten
aus der Brühe ziehen.
    Die Klasse
skandierte:
    »Tschieses
ein Wunder, Tschieses ein Wunder, Tschieses …«
    Der untersetzte
Referendar, der im Gegensatz zu seinem schlanken Antlitz mit der kompakten Figur
eines ostasiatischen Ringers ausgestattet war, nahm die Ovationen in aller Bescheidenheit
entgegen, hob beide Hände zum Victoryzeichen gen Himmel und brach ebenfalls bis
zur Hüfte ein.
    Ich ahnte,
dass es heute noch schlimmer kommen könnte.
    Zum wiederholten
Male deutete ich durch die dichter werdenden Schneeflocken auf die am klösterlichen
Eingang befindliche Skulptur. Mein Zeigefinger zeigte Ermüdungserscheinungen:
    »Also Franziskanerkloster,
wer könnte das sein?«
    Eine Hand
erhob sich, Sebastian, die Stütze meines Religionsunterrichts, zögerte, seine fragend-unsichere
Stimme legte sich über die plötzliche Schülerstille:
    »Der Rattenfänger
von Hameln?«
    Jesus, der
jesusgesichtsähnliche Mathe-Sport-Referendar Herr Finsterle mit mittlerweile gefrorener
Hose wieherte los und rief:
    »Nein, das
ist Mario Gomez, der Anlauf zum Elfmeter nimmt, hähä, hähä!«
    Stille.
    Niemand
verstand den Scherz, nur die schlanke Sabine Mächtler mit dem rötlichen Haar nickte
anerkennend und rotwangig dem Lehrer in spe zu. Sie hielt sich schon die ganze Zeit
in dessen Nähe auf und bewunderte ihn offensichtlich.
    Ich hatte
keine Lust, den Lapsus mit dem zum Rattenfänger degradierten Heiligen aufzuklären
und nickte anerkennend. Sebastian strahlte wie eine Sonnenblume im sibirischen Schneesturm.
    »Stimmt«,
nickte ich in die aufmerksame Gruppe, »das ist der Rattenfänger von Hameln, wer
denn sonst. Gut, Sebastian. Ich mach dir dafür eine schöne mündliche Note. Und jetzt
machen wir, dass wir weiterkommen. Wir wollen ja nicht

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