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Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)

Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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Hummelfiguren. Keiner verstand es trefflicher, den kleinen
Ziegenbub, Am Scheideweg, Kurze Rast, Auf Wiedersehen oder andere der über 400 entweder
zu Tränen rührenden oder zu heiterem Nachdenken animierenden Motive der Schwester
Maria Innocentia alias Berta Hummel aus Niederbayern in Holz zu schnitzen, ohne
die gemütliche, heimelige Ästhetik der Originale verblassen zu lassen.
    Nur der
Karton mit dem Nachschub war immer noch nicht da und in ein paar Minuten würde eine
Schulklasse aus der Gewerblichen Schule Bad Saulgau zur Besichtigung der Klosteranlage
erscheinen. Und Schüler kaufen gern Souvenirs.
    Schwester
Nolimetangete hob den Rock nur leicht an, schüttelte ihn kräftig, um den zuckerigen
Schneerand zu entfernen, und zog ihn kein unanständiges Stückchen höher, um etwas
schneller die Kellertreppe abwärts zu streben. Die Schritte hallten energisch im
langen Gang, vor dem Heizkeller rechts. Sie klopfte dreimal gegen die Tür, auf der
in Augenhöhe ein verziertes Holzschild mit einer geschnitzten Aufschrift befestigt
war, die das Thema eines frommen Liedes frei variierte:
     
    Lieber Gast,
in den Hummelhimmel trete ein
    hier bricht
der Glaube durch Holz und Stein
    und kann
die Allmacht fassen;
    er wirket
alles und allein,
    wenn wir
ihn walten lassen.
     
    Keine Antwort.
    »Siegfried!«
    »…fiedied«,
echote der lange, weiße Gang.
    Noch einmal
klopfte die Schwester resolut gegen die Metalltür, dann griff sie zur Klinke.
    Siegfried
war nirgends zu sehen. Mit unchristlicher Verärgerung stürmte die Ordensfrau hin
zur Werkbank und schrak zurück.
    Vor der
hölzernen Anke-Qualitäts-Werkbank aus dem Schwabenland, mit unzähligen Schnitzutensilien
belagert, lag Siegfried zwischen fertigen und unfertigen Hummel-Holzfiguren auf
dem kühlen Boden der gut beheizten Werkstatt. Beinahe hätte sie ihn übersehen, so
versteckt war er zwischen Werkbank und Werkzeugschrank. Neben seinem Kopf lag der
500 Gramm schwere Eichenklüpfel, mit dem er ansonsten seine Beitel in das weiche
Holz schlug. Dort wo der Kopf des Regungslosen unsanft ruhte, war auch eine nicht
unbeträchtliche Blutlache. Das Blut sah nicht mehr frisch aus. Die Ordensfrau ergriff
das Handgelenk des Liegenden und fühlte routiniert den Puls.
    »Maria sei
Dank!«, hauchte sie.
    War da nicht
ein Geräusch aus dem Holzlager?
    »Hallo,
ist da jemand?«
    Schwester
Nolimetangete raffte ihren dunklen Rock dieses eine Mal, wegen des Notfalls quasi,
in unsittliche Höhe, bis zu den mageren Waden, und rannte aus der Werkstatt hinaus
in Richtung Hauptgebäude zur Pforte. Auf dem tief verschneiten und glatten Weg dorthin
kam ihr die lärmende Schulklasse im immer dichter werdenden Schneetreiben entgegen.
    Der Lehrer
schien der dunkelhaarige, für die Kälte viel zu leicht angezogene, schlanke, junge
Mann mit dem altmodischen Anzug zu sein, da er erklärend die rechte Hand ausstreckte,
ungehört etwas erklärte und als einzige Person nicht mit einem Mobiltelefon herumspielte.
    Bevor sie
an der Gruppe vorbeistürmte, rief sie nahezu atemlos:
    »Ich komme
gleich, rufen Sie einen Notarzt und die Polizei … ich komme gleich wieder … ich
muss zuerst … Erste Hilfe … im Keller liegt ein Verletzter! Sie haben doch bestimmt
ein Mobiltelefon!«
    Sie eilte
weiter Richtung Pforte.

10
Rattenfänger
     
    Ach erkennet,
liebste Seelen
     
    Denket,
da wir gar nichts waren,
    hat er uns
zu was gemacht,
    er hat uns
von Jahr zu Jahren
    wunderbarlich
fort gebracht.
    Nichts ist,
was wir an uns haben,
    das nicht
alles von ihm fließt;
    es sind
lauter Gottesgaben,
    die der
arme Mensch genießt.
    Wer ist,
der ihn hat verbunden,
    dich zu
schaffen, Menschenkind?
    Wer, dass
wir zu diesen Stunden frisch,
    gesund und
fröhlich sind?
    Wer gibt
uns die Leibeskräfte,
    das Vermögen,
den Verstand,
    zu verrichten
die Geschäfte?
    Nichts denn
Gottes Gnadenhand.
    Friedrich
Konrad Hiller (1651 – 1726)
     
    Bevor wir uns, wie fernmündlich
verabredet, mit der Schwester im Pfortenbereich trafen, versuchte ich den heiteren
Schülern einige Informationen zum Kloster zu geben. Fragend-entwickelnd ging ich
pädagogisch äußerst geschickt vor.
    »Wisst ihr,
wer das ist?«
    Stille.
    Kristallin
fielen meine gefrorenen Worte langsam wie die Schneeflocken auf die bitterkalte
Erde und erfroren nutzlos. Ich zitterte, Cäci hatte recht, ich war zu leicht gekleidet.
    »Wer könnte
das sein?«
    Stille.
    »Wir stehen
hier vor einem Franziskanerinnenkloster.«
    Stille.
    »Verdammt
noch mal, seid ihr alle

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