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Nonstop in die Raketenfalle

Nonstop in die Raketenfalle

Titel: Nonstop in die Raketenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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versucht. Ebenso gut hätte ich in ‘ne leere Mülltonne reden
können. Leon lehnt sich gegen irgendwas auf. Aus Protest schmeißt er die
Schule. Denn darauf läuft es hinaus.«
    »Ich bin geschieden. Sein Vater
kümmert sich nicht. Er ist in Norwegen, hat eine Einheimische geheiratet und zwei
Kinder mit ihr. Aber ich versuche, Leon eine gute Mutter zu sein.«
    »Er hält große Stücke auf Sie.
An Ihnen liegt es nicht.«
    Sie schluckte. »Tust du mir
einen Gefallen und redest mit ihm?«
    »Mache ich gern und ich werde
mir Mühe geben. Aber ich kann nicht garantieren, dass es was hilft.«
    »Danke, Tim!«
    »Gern.«
    »Dann bis bald, tschüss!«
    Klößchen war schon beim
Fahrradschuppen, lehnte in der offenen Tür und biss große Stücke aus einer
Schokotafel. Tim informierte ihn und sein Freund hob die Schultern.
    »Leon ist verkorkst. Irgendwann
fliegt er auf und dann von der Schule.«

    »Wenn er wieder mal mit
Abwesenheit glänzt, brettere ich zu der Feldscheune. Und er kann was erleben.«
    »Bei dem Wetter dort den ganzen
Vormittag hocken — das stelle ich mir schlimmer vor als Unterricht. Wenn ich’s
richtig sehe, spielt sich’s bei ihm also so ab: morgens Abschiedsbussi von
Mama, aufs Bike und ab die Post. Aber nicht Richtung Schule, sondern über die
Germsdorfer Landstraße raus aus der Stadt, hin zur Scheune und dann fünf
Schulstunden Pause. Mittags heim. Na, wie war der Unterricht? Öde wie immer,
Mama, und in Mathe habe ich nur die Hälfte verstanden. Aber mach dir keine
Sorgen. Einen Vierer schaffe ich allemal. Richtig?«
    »Er sagt nicht Mama, sondern
Mutti.«
    Klößchen grinste. »Hoffentlich
fällt’s nicht auf, wenn er nun ständig auf seinem Platz sitzt. Besser wäre,
Leon würde den Übergang fließend gestalten. Immer häufiger anwesend, immer weniger
abwesend. Aber nicht gleich total.«
    »Willi, du spinnst.«
    Tim hatte sich erst für sein
Mountainbike entschieden, es dann aber wieder
ins Gestell geschoben und sein Rennrad genommen. Er wollte aufsitzen, doch
wieder klingelte sein Handy. Es war Gaby.
    »Tim, ihr müsst sofort
herkommen.« Ihre Stimme klang aufgeregt.
    »Wir sind schon auf dem Weg.
Was ist los?«
    »Gloria wurde überfallen.«
    »Die Diva?«
    »Kennst du sonst eine Gloria?«
    »Überfallen? Wie? Wo? Wann? Von
wem? Ist sie verletzt?«
    »Sie liegt im Ursulinen-Krankenhaus.
Vermutlich Gehirnerschütterung. Ich weiß es von Papi, aber er ermittelt nicht
in der Sache, sondern sein Kollege Sondermann vom Dezernat Raub. Der sagt uns
natürlich keinen Piep. Der würde nicht mal ein Selbstgespräch führen, wenn
etwas topsecret ist.«
    »Hast du Karl verständigt?«
    »Noch nicht. Mache ich gleich.«
    »Wir sind schneller am
Ursulinen-Krankenhaus als bei dir. Ich schlage vor, wir treffen uns dort.«
    »Du willst Gloria besuchen?«
    »Ist doch Menschenpflicht. Sie
hat ja sonst niemanden, wie du sagtest. Außerdem erfahren wir aus erster
Quelle, was war. Hat man den oder die Täter?«
    »Nein.«
    »Na, also.«
    »Man wird uns nicht zu ihr
vorlassen.«
    »Wir tricksen, Pfote, geben uns
für ihre Enkel aus.«
    »Gloria Altwelt von
Scheckerheim hat keine Kinder, geschweige denn Enkel. Das weiß jeder Hamster.«
    »Wir wurden adoptiert.«
    »Spinner!«
    »Wenn du meinst, das
funktioniere nicht, ziehe ich einen weißen Kittel an und socke als Oberarzt Dr.
Carsten auf die Promi-Station.«
    »Sie würden dir eine
Zwangsjacke anlegen. Aber... meinetwegen, also beim Krankenhaus. Ich sage Karl
Bescheid.«
    Tim und Klößchen legten einen
Zahn zu beim Zweiradritt über die Zubringerallee zur Stadt. Auf den kahlen
Feldern hockten Raben, Krähen und Dohlen mit ihrem tristen Gefieder und
ernährten sich mühselig. Hungriges Krächzen hallte über die Flur. An den
Alleebäumen hingen nur noch wenige Blätter.
    Feuchtes Laub machte die
Fahrbahn tückisch, die Reifen rutschten, wenn man nicht aufpasste. Klößchen hätte
es zweimal fast geschmissen, aber sein Fluchen half ihm voran.
    Das Krankenhaus war ein großer
grauer, verschachtelter Gebäudekomplex am Rande zur Innenstadt: äußerlich
vorvoriges Jahrhundert, hinter den Mauern ultramodern und medizintechnisch der
Zeit voraus.
    Gaby und Karl, die den kürzeren
Weg gehabt hatten, warteten vor dem Haupteingang, auf ihre Bikes gestützt. Tim
küsste Gaby auf die Wange, die ein bisschen nach Großstadtregen schmeckte. Karl
hatte Umsicht bewiesen und einen schönen, in Zellophanpapier gehüllten
Blumenstrauß erstanden, Herbstblumen in satten

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