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Nora Morgenroth: Der Hüter

Nora Morgenroth: Der Hüter

Titel: Nora Morgenroth: Der Hüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Michelsen
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nicht.»
    «Doch, das habe ich. Also, nicht von Ihnen. Von dem Herrn Simoni habe ich das gekauft, in Erzfeld. Den kennen Sie doch. Und der hat es von Ihnen.»
    « Erzfeld?»
    Ich wusste nich t, was ich noch sagen sollte. Diese Unterhaltung gestaltete sich schwieriger, als ich gedacht hatte. Entweder war dieser Thönges etwas schwer von Begriff oder er machte sich über mich lustig, wenn er es überhaupt war. Aber wer sollte es sonst sein? Ich befand mich doch wohl auf dem Hof, den die Kittelschürze gemeint hatte.
    Ich nahm einen neuen Anlauf.
    «Erinnern Sie sich denn, dass Sie Herrn Simoni das Bett verkauft haben?»
    « Ist es kaputt?»
    « Nein, es ist nicht kaputt. Das Bett ist wunderschön.»
    Plötzlich kam mir ein Geistesblitz. Vielleicht konnte ich mit diesem Einfall das Gespräch noch eine Weile in Gang halten. Irgendetwas musste doch über diesen merkwürdigen Ort herauszufinden sein, von dem unser Bett stammte.
    « Nun, ich … Herr Simoni hat mir erzählt, dass Sie ihm manchmal Wild verkaufen. Und da wollte ich fragen …»
    « Ich hab nichts.»
    « Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich sage es auch niemandem weiter.»
    « Ich hab nichts.»
    « Na gut, wie Sie wollen. Ich dachte nur, ich frage mal. Der Herr Simoni hat immer so geschwärmt von dem guten Fleisch, das er bei Ihnen bekommen hat.»
    Stille. Ich räusperte mich verlegen. Smalltalk war noch nie meine Stärke gewesen. «Also … Sie haben es aber wirklich sehr schön hier.»
    Ich blickte um mich, als bemerkte ich nicht , wie verwahrlos und vermüllt das ganze Gelände war.
    « Wohnen Sie denn ganz allein hier, so abgelegen?»
    Wieder keine Antwort.
    « Für Kinder wäre es das reinste Paradies hier. Einfach herrlich!»
    Ich plapperte weiter und fand mich selbst ganz furchtbar. Geschwätzig, aufdringlich. Wahrscheinlich ging ich dem Mann einfach nur auf die Nerven, so dass er keine Lust mehr hatte zu antworten. Der wohnte sicher nicht ohne Grund hier draußen, wollte für sich sein. Vielleicht hatte er auch einfach nur zu tun. Nicht jeder konnte wie ich am helllichten Tag durch die Weltgeschichte kutschieren und irgendwelchen Hirngespinsten nachjagen. Wie gewisse andere Leute.
    J edenfalls bemerkte ich, dass seine Augen sich leicht verengten. Es war schon fast unhöflich, dass dieser Mann mich so auflaufen ließ, aber schließlich war es ja sein gutes Recht, in Ruhe gelassen zu werden. Ich würde wieder nach Hause fahren. Auch wenn es ärgerlich war, dass ich rein gar nichts in Erfahrung gebracht hatte. Hier war niemand. Kein Kind. Keine Familie. Es war einfach verrückt. Wahrscheinlich war das Bett eine falsche Fährte gewesen.
    In der unangenehmen Stille wurde mir m it einem Mal bewusst, dass ich mich fernab von anderen Menschen mitten im Wald bei einem fremden Mann befand, der mich regungslos anstierte.
    « Ja, dann also, entschuldigen Sie bitte die Störung …»
    Ich trat die Stufen herunter und schob mich an ihm vorbei. Mein Mund verzog sich zu so etwas Ähnlichem wie einem Lächeln. Steif nickte ich dem Mann zu und wandte mich zum Gehen.
    « Ich muss jetzt die Kaninchen füttern.»
    Ich blieb stehen und drehte mich wieder um.
    «Wie schön. Ja.»
    « Willst du mitkommen?»
    Ich zögerte. Es erschien mir nun doch wahrscheinlich, dass der Mann geistig etwas zurückgeblieben war. Oder war er nur verschroben und unbeholfen im Umgang? Kein Wunder, wenn man so einsam lebte. Egal. Es mochte ja sein, dass er noch gar nicht so lange hier lebte, vielleicht war er ein Verwandter des Jungen aus meinen Alpträumen. Wenn ich mit ihm im Gespräch blieb, bekam ich vielleicht doch noch etwas heraus über das Bett und den Mann und einen Jungen. Da bemerkte ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung hinter einem der Fenster im Erdgeschoss. Der Vorhang hatte sich leicht bewegt. Ich konnte mich auch getäuscht haben und es mochte nur eine Katze gewesen sein. Ach, verdammt, dachte ich, ich gebe jetzt noch nicht auf.
    «Ja.»
    Obwohl mein Magen vor Aufregung rebellierte, ließ ich mich zu einem hölzernen Verschlag auf der Rückseite des Hauses führen. Es war darin gerade so viel Platz, dass zwei Erwachsene hinein treten konnten. In einer Ecke lagen neben zwei halbvollen Futtersäcken eine zusammengeknüllte Jacke und etwas, das aussah wie eine Hundeleine. Den Rest des Raumes nahmen große Käfige ein, die jeweils ein oder zwei Kaninchen beherbergten.
    « Willst du mal anfassen? Die sind ganz weich.»
    Der Mann öffnete die Luke zu einem der Käfige und ich streckte

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