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Nora Roberts

Nora Roberts

Titel: Nora Roberts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Töchter der See
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bedeutete, daß sie ihrem Leben eine vollkommene Kehrtwendung gab – daß sie ihrer Kunst den Vorzug gab und jemand anderem das Geschäft überließ.
    Es war mehr als ein bißchen beängstigend, und sie war mehr als ein bißchen nervös. Aber sie hatte zugestimmt, dachte sie, oder zumindest hatte sie Rogans Vorschlag nicht rundweg abgelehnt.
    Dabei hätte sie es gekonnt, dachte sie. Oh, ja, sie erkannte die Taktik, die von Rogan so gnadenlos angewandt worden war. Es war sicher nicht leicht, ihm zu widerstehen, aber sie hätte es gekonnt.
    Tatsache war, sie hatte es gar nicht erst richtig versucht.
    Es war idiotisch, dachte sie jetzt. Eine verrückte Komplikation. Wie sollte sie im Herbst eine Ausstellung in Irland veranstalten, wenn sie selbst dreitausend Meilen entfernt an ihrem Schreibtisch saß?
    Aber ist es wirklich das, was du willst?
    Sie hörte die leise Stimme in ihrem Inneren, runzelte erbost die Stirn und stapfte weiter die Straße hinauf.
    »Sie sehen ziemlich böse aus«, stellte Alice fest. Sie stand am Gartentor vor Murphys Haus und sah Shannon lächelnd an.
    »Oh, ich habe nur ...« Mühsam entspannte sie sich. »Ich habe über ein Gespräch nachgedacht und mich gefragt, wann mir die Kontrolle abhanden gekommen ist.«
    »Im Nachhinein finden wir immer einen Weg, wie wir die Oberhand behalten hätten.« Alice tippte sich gegen die Schläfe und öffnete das Tor. »Wollen Sie nicht reinkommen?« Als Shannon zögerte, schob sie das Tor noch weiter auf. »Meine Familie ist in alle Winde zerstreut, und ich bin nicht gern allein.«
    »Sie überraschen mich.« Shannon trat ein und machte das Tor wieder zu. »Ich hätte gedacht, daß Sie über ein paar Minuten der Ruhe und des Friedens glücklich sind.«
    »Es ist, wie meine Mutter immer gesagt hat – Ruhe und Frieden hat man noch genug, wenn man erst mal unter der Erde liegt. Ich habe mir Murphys Garten angesehen. Er hält ihn gut in Schuß.«
    »Er hält alles gut in Schuß.« Unsicher, wie sie sich verhal ten sollte, folgte sie Alice auf die Veranda und setzte sich neben ihr in einen Schaukelstuhl.
    »Allerdings. Er ist gründlich und sorgfältig in allem, was er macht. Es gab Zeiten, als er noch ein Junge war, da hatte ich den Eindruck, als bräuchte er für alles eine Ewigkeit. Aber wenn ich zu schimpfen begann, hat er mich einfach lächelnd angesehen und mir erklärt, er überlege lediglich, wie er die Sache am besten hinbekommt.«
    »Das kann ich mir nur zu gut vorstellen. Wo ist er eigentlich?«
    »Oh, er und mein Mann sehen sich hinten irgendeine Maschine an. Mein Colin liebt es, so zu tun, als kenne er sich mit solchen Dingen aus, und Murphy liebt es, so zu tun, als wäre es tatsächlich so.«
    Shannon lächelte vorsichtig. »Mein Vater hieß auch Colin.«
    »Ach ja? Wie ich hörte, haben Sie ihn erst kürzlich verloren.«
    »Im Sommer vor einem Jahr.«
    »Und Ihre Mutter in diesem Frühjahr.« Instinktiv drückte Alice Shannon die Hand. »Das ist eine Last, die nur durch das Weiterleben leichter wird.«
    Beide lehnten sich wieder in ihren Schaukelstühlen zurück, so daß außer dem Knarren der Stühle und dem Zwitschern der Vögel nichts zu hören war.
    »Hat Ihnen der Ceili gefallen?«
    Dieses Mal führte die Frage dazu, daß Shannon errötete. »Ja. Es war das erste Fest dieser Art für mich.«
    »Seit wir nach Cork gezogen sind, gehen wir nur noch sehr selten auf einen Ceili, denn die Stadt ist einfach nicht der richtige Ort dafür.«
    »Ihr Mann arbeitet dort als Arzt, nicht wahr?«
    »Ja, genau. Er ist ein guter Arzt. Und ehrlich gesagt, hatte ich nach unserem Umzug in die Stadt das Gefühl, gestorben und in den Himmel gekommen zu sein. Kein Aufstehen mehr im Morgengrauen, um nach den Kühen zu sehen, keine Sorge mehr, ob es eine gute Ernte wird oder ob der Traktor funktioniert.« Lächelnd blickte sie über den Garten und die Felder hinaus. »Aber ein Teil von mir vermißt dieses Leben auch. Selbst die Sorgen vermisse ich gelegentlich.«
    »Vielleicht kommen Sie ja, wenn er einmal pensioniert ist, hierher zurück?«
    »Nein, mein Colin ist der geborene Stadtmensch. Was Sie als New Yorkerin sicher verstehen.«
    »Ja.« Aber auch sie blickte über das Tal hinweg zu den schimmernden grünen Hügeln hinauf. »Ich mag das Gedränge, das Tempo, den Lärm. Ich habe Tage gebraucht, bis mir die Stille und die Weite hier nicht mehr unheimlich waren.«
    »Murphy ist ein Mann, der die Weite und das Gefühl, eigenen Boden unter den Füßen zu haben,

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