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Nora Roberts

Nora Roberts

Titel: Nora Roberts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Töchter der See
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Ein winziger Ort mit schmalen, gewundenen Gassen, kleinen Geschäften und verwunschenen Häuschen. Reizend und malerisch. Und unpraktisch, dachte sie und stieß einen innerlichen Seufzer aus. Kein Theater, keine Galerien, kein Schnellimbiß. Keine Menschenmassen, in denen es sich untertauchen ließ.
    Beim Geräusch des vorbeifahrenden Wagens hob ein Mann den Kopf, grinste um die Zigarette, die an seiner Unterlippe hing, und winkte ihnen fröhlich zu.
    Brianna winkte zurück, wobei sie aus dem offenen Fenster rief: »Guten Tag, Matthew Feeney.«
    »Um Himmels willen, Brie, halt bloß nicht an«, befahl Maggie, während sie ebenfalls winkte. »Wenn der Kerl ins Reden kommt, hört er vor nächster Woche nicht wieder auf.«
    »Ich habe ja gar nicht vor anzuhalten. Shannon hat sicher mehr Interesse an einem Bett als an dem neuesten Klatsch, den es bei uns zu hören gibt. Aber trotzdem frage ich mich, ob seine Schwester Colleen tatsächlich diesen britischen Handelsvertreter heiraten will.«
    »Nach allem, was ich gehört habe, wäre es das beste, was sie tun kann«, sagte Maggie und stützte sich auf die Rücklehne des Sitzes vor ihr. »Denn offenbar hat er ihr bereits etwas angedreht, was in neun Monaten geliefert wird.«
    »Colleen ist schwanger?«
    »Von diesem Briten, und jetzt hat ihm ihr Vater eine Hand um die Kehle gelegt und hält mit der anderen bereits das Aufgebot in die Luft. Das hat mir Murphy vor ein, zwei Tagen im Pub erzählt.«
    Gegen ihren Willen war Shannon fasziniert. »Willst du damit etwa sagen, daß dieser Mann gezwungen wird, sie zu heiraten?«
    »Oh, gezwungen ist ein hartes Wort«, kam Maggies grinsende Erwiderung. »Ermutigt wäre wohl passender. Ermutigt, denn schließlich kann er sich frei entscheiden, ob ihm die Ehe oder eine zerbeulte Visage lieber ist.«
    »Eine ziemlich archaische Lösung, findet ihr nicht? Schließlich hat die Frau mit der Sache ebensoviel zu tun wie der Mann.«
    »Und sie wird ebenso an ihn gefesselt sein wie er an sie. Bleibt also nur zu hoffen, daß sie sich miteinander arrangieren.«
    »Bis sie sechs weitere Kinder haben und es zur Scheidung kommt«, stellte Shannon fest.
    »Nun, in dieser Beziehung gehen wir alle gewisse Risiken ein, nicht wahr?« Maggie lehnte sich wieder zurück. »Und wir Iren sind stolz darauf, daß wir mehr und größere Risiken eingehen als die meisten anderen.«
    Das taten sie wirklich, dachte Shannon und reckte abermals das Kinn. Mit der IRA und der fehlenden Geburtenkontrolle, mit dem Alkoholismus und den Ehen, aus denen es kein Entrinnen gab.
    Gott sei Dank war sie hier nur zu Besuch.
    Als die Straße enger wurde, machte ihr Herz einen Satz. Schmal und gewunden führte sie zwischen Hecken hindurch, die so dicht an der Straße standen, daß hin und wieder ein Zweig über das Wagendach strich. Ab und zu gab es eine Öffnung in der grünen Mauer, durch die ein winziges Haus oder ein Unterstand zu sehen war.
    Shannon versuchte nicht daran zu denken, was passieren würde, käme aus der anderen Richtung ein zweites Auto herangebraust.
    Dann bog Brianna in eine Seitenstraße ab, und sie kamen in eine andere Welt.
    Unwillkürlich lehnte sich Shannon mit weit aufgerissenen Augen nach vorn und lächelte.
    Das Tal, das sich vor ihnen öffnete, kam einem Gemälde gleich. Ganz sicher war es nicht echt. Dutzende grüner Hügel wurden hier und da von Steinmauern, von Flecken brauner Erde oder von einer Wiese voll farbenfroher Wildblumen durchzogen.
    Spielzeughäuser und Scheunen waren an genau die richtigen Stellen gesetzt, grasende Kühe wanderten ziellos umher, frisch gewaschene Wäsche flatterte fröhlich im Wind.
    Als hätte die Zeit sie vergessen, stand eine Burgruine mit schiefen Türmen und einer hohen Mauer noch wie vor Jahrhunderten mitten in einem Feld.
    Die Sonne tauchte alles in goldenes Licht, und zwischen den Wiesen schlängelte sich wie ein silbernes Band ein kleiner Fluß.
    Und alles, jeder Grashalm, jeder Stein, wurde von einem Himmel überspannt, dessen intensives Blau zu pulsieren schien.
    Zum ersten Mal seit Tagen vergaß sie ihre Trauer, ihre Schuldgefühle, ihre Angst. Sie konnte nur noch starren und mußte sich eingestehen, daß sie genau gewußt hatte, wie es sein würde, noch ehe sie gekommen war.
    »Es ist wunderschön, nicht wahr?« murmelte Brianna und verlangsamte das Tempo, damit Shannon die Gelegenheit bekam, sich ein wenig länger umzusehen.
    »Ja. Etwas Schöneres habe ich noch nie gesehen. Ich kann verstehen, weshalb

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