Nora Roberts
Schattierungen versah.
»Allerdings. Er ist einfach ein Schatz, mein Liam. Du hast ihn wirklich gut getroffen.«
Als sie das leichte Krächzen in Maggies Stimme vernahm, hob Shannon alarmiert den Kopf. »Du fängst ja wohl nicht an zu heulen. Bitte nicht!«
»Das sind die Hormone«, schniefte Maggie, doch dann schüttelte sie den Kopf. »Tja, ich nehme an, ich muß zugeben, daß du besser zeichnen kannst als ich.«
»Vielen Dank.« Shannon setzte ihre Initialen an den unte ren Rand des Blattes, ehe sie es vorsichtig aus dem Skizzenblock riß. »Ich denke, damit habe ich den Briefbeschwerer wieder wettgemacht.«
»Oh nein. Jetzt stehe ich wieder in deiner Schuld.«
Shannon griff nach einem Lappen und wischte sich den Kohlestaub von den Händen ab. Ohne den Blick von ihren Fingern zu lösen, bat sie: »Erzähl mir, was für ein Mensch Thomas Concannon war.«
Sie wußte nicht, woher das Bedürfnis gekommen war, und war nicht weniger überrascht als Maggie, als ihr diese Frage über die Lippen kam.
Nach einigen endlosen Sekunden legte Maggie ihr die Hand auf den Arm. »Komm rein«, sagte sie in plötzlich sanftem Ton. »Ich mache uns einen Tee, und dann unterhalten wir uns.«
Hier war es, wo Brianna sie fand, als sie mit Kayla und einem frischen Brot ihre Schwester besuchen kam.
»Oh, Shannon, ich wußte nicht, daß du hier bist.« Niemals hätte sie sich vorstellen können, daß ihre Halbschwester hier in dieser Küche saß und sich von Maggie mit Tee bewirten ließ. »Ich ... ich habe dir ein Brot mitgebracht, Maggie.«
»Danke. Warum schneiden wir es nicht gleich an? Ich bin am Verhungern.«
»Ich wollte nicht bleiben ...«
»Ich denke, das solltest du aber.« Maggie blickte über ihre Schulter und sah Brianna an. »Kayla ist sowieso schon eingeschlafen, Brie. Warum legst du sie nicht einfach ein bißchen hin?«
»Also gut.« Sich der Spannung im Raum allzu bewußt, legte Brianna das Brot auf den Tisch und trug das Baby hinaus.
»Sie hat Angst, daß wir uns wieder gegenseitig an die Kehle gehen«, klärte Maggie Shannon auf. »Brie haßt jede Form von Streit.«
»Sie ist ein sehr sanfter Mensch.«
»Allerdings. Es sei denn, daß man ihr auf die Füße tritt.
Dann kann sie sehr leidenschaftlich sein. Und ihr Zorn wirkt um so heftiger, als er vollkommen unerwartet kommt. Sie war diejenige, die die Briefe von deiner Mutter gefunden hat. Weißt du, er hat sie all die Jahre auf dem Dachboden aufbewahrt. In einer Schachtel, die alles, was ihm wichtig schien, enthielt. Wir haben sie genau wie seine anderen Sachen erst lange nach seinem Tod durchgesehen.«
Sie brachte die Teekanne an den Tisch und setzte sich. »Es war schwer für uns, und außerdem hat meine Mutter bis vor ein paar Jahren mit Brie zusammen in dem Haus gelebt. Um möglichen Streit zu vermeiden, hat Brie Dad so gut wie nie erwähnt.«
»Standen die Dinge zwischen euren Eltern wirklich so schlecht?«
»Schlimmer als schlecht. Sie haben sich kennengelernt, da waren sie beide schon ziemlich alt. Sie sahen sich und entbrannten in Leidenschaft. Er sagte einmal zu mir, am Anfang hätten sie einander sogar geliebt.«
»Maggie?« Brianna stand zögernd in der Tür.
»Komm und setz dich. Sie möchte, daß wir ihr von Dad erzählen.«
Brianna kam herein und legte Shannon vielleicht ermutigend, vielleicht aber auch dankbar die Hand auf die Schulter, ehe sie sich einen der Stühle nahm. »Ich weiß, es ist schwer für dich, Shannon.«
»Irgendwann muß es ja wohl mal sein, und ich denke, daß ich der Sache lange genug aus dem Weg gegangen bin.« Sie hob den Kopf und sah jede ihrer Schwestern an. »Ich möchte, daß ihr versteht, daß ich immer einen Vater hatte.«
»Ich denke, daß sich eine Frau, die gleich zwei Väter hatte, glücklich schätzen kann«, warf Maggie ein. »Zwei Väter, von denen sie geliebt worden ist.« Als Shannon den Kopf schüttelte, fuhr sie eilig fort: »Er war ein liebevoller und großzügiger Mann. Manchmal wohl zu großzügig. Als Vater war er freundlich, geduldig und jederzeit zu Späßen aufgelegt. Er war weder weise noch erfolgreich. Und er hatte die unglückselige Angewohnheit, daß er jede angefangene Arbeit halbfertig liegenließ.«
»Er war immer da, wenn eine von uns getröstet werden mußte«, murmelte Brie. »Er hatte große Träume und verrückte Pläne. Er hatte immer reich werden wollen, aber als er starb, hatte er mehr Freunde als Geld. Erinnerst du dich an die Zeit, Maggie, als er Kaninchen züchten
Weitere Kostenlose Bücher