Nora Roberts
»Falls es nicht klappt, könnte es mir durchaus passieren, daß mir die Zunge ausrutscht und deine Familie erfährt, daß du in Briannas Küche um ein Haar in Ohnmacht gefallen wärst.«
»Ich bin nicht in Ohnmacht gefallen«, murmelte Maggie. »Aber offenbar ist mir noch nicht einmal ein leichter Schwindel gegönnt«, fuhr sie fort und schob sich vom Tisch zurück. »Dabei sollte man meinen, die Menschen wären schwangeren Frauen gegenüber besonders tolerant. Na, dann komm.« Mißgestimmt zog sie ihre Mütze aus der Tasche und schob sie sich wieder auf den Kopf.
»Ich dachte, wir fahren mit dem Wagen.«
»Typisch Ami«, stellte Maggie angewidert fest. »Wir gehen zu Fuß.«
»In Ordnung.« Shannon nahm Murphys Jacke vom Haken und folgte ihr. »Wo ist Liam?« fragte sie, während sie hinter Maggie durch den Garten ging.
»Bei seinem Dad. Rogan dachte, ich müßte ausschlafen, so daß er ihn für ein paar Stunden mit in die Galerie genommen hat.«
»Die würde ich auch gern sehen. Ich war einmal in der Worldwide-Filiale in New York.«
»Die hier ist weniger elegant. Rogans Ziel war es, ein Heim für die Kunst zu schaffen statt lediglich einen weiteren Ausstellungsort. Wir stellen nur irische Künstler und Handwerker aus. Die Eröffnung war vor einem Jahr, und ich finde, er hat sein Ziel erreicht. Aber das tut er immer«, erklärte Maggie, während sie sich über die erste Mauer schwang.
»Seid ihr schon lange verheiratet?«
»Bald zwei Jahre. Auch das hatte er sich vorgenommen und durchgesetzt.«
Der Gedanke an ihren vehementen Widerstand zauberte ein versonnenes Lächeln auf ihr Gesicht. »Und du hast keine Heiratsabsichten, keinen Mann, von dem du sehnsüchtig zurückerwartet wirst?«
»Nein.« Wie auf ein Stichwort hin drang das Rattern eines Traktors an ihr Ohr, so daß sie den Kopf hob und am anderen Ende des Feldes Murphy sah.
»Ich konzentriere mich auf meine Karriere.«
»Ich weiß, wie das ist.« Maggie hob die Hand und winkte Murphy fröhlich zu. »Er ist bestimmt auf dem Weg zum Moor, um neuen Torf zu stechen. Ein schöner Tag dafür, und er mag Torf lieber als Kohle oder Holz.«
Torffeuer und Moore, dachte Shannon. Großer Gott, sah er nicht einfach phantastisch aus, wie er, die Sonne über sich, über seine Felder fuhr? »Macht er das ganz alleine?«
»Nein. Es ist selten, daß ein Mann seinen Torf alleine sticht. Obwohl immer seltener überhaupt noch Torf gestochen wird, weil es furchtbar lange dauert und obendrein ziemlich mühselig ist. Aber Murphy nutzt immer alles, was er hat.« Maggie machte eine Pause und betrachtete das Feld. »Ich schätze, daß er dieses Jahr eine gute Ernte einfahren wird. Nach dem Tod seines Vaters hat er sich ganz der Farm verschrieben. Und er hat sie genau wie sein und ganz anders als mein Vater zu einem ertragreichen Unternehmen aufgebaut.« Während sie sich wieder in Bewegung setzte, sah sie Shannon an. »Dieses Land hat einmal den Concannons gehört.«
»Murphy hat erwähnt, daß er es gekauft hat.« Sie kletterten über die nächste Mauer und waren so nah an seinem Haus, daß Shannon die Hühner im Hof herumpicken sah. »Dann hat euch das Haus auch einmal gehört?«
»Ja, aber das war lange vor meiner Geburt. Wir sind in Blackthorn aufgewachsen. Wenn man ein paar Generationen zurückgeht, waren die Muldoons und die Concannons miteinander verwandt. Zwei Brüder hatten das ganze Land geerbt und untereinander aufgeteilt. Der eine der beiden brauchte nur einen Samen in die Erde zu legen, und schon ging er auf, während der andere nie etwas anderes als Steine zu ernten schien. Aber es heißt, er hätte auch immer lieber getrunken als gepflügt. Trotzdem kam es zu Eifersüchteleien und Streit, der so weit ging, daß die Frauen der beiden noch nicht einmal mehr miteinander redeten, wenn es zu einer Begegnung kam.«
»Gemütlich«, bemerkte Shannon und war so fasziniert, daß sie vergaß, die geborgte Jacke auf die Veranda zu legen.
»Und eines schönen Tages verschwand der jüngere der beiden, der, dem Alkohol lieber als Dünger war. Tauchte einfach nicht mehr auf. Und dem Erbrecht zufolge fiel alles Land dem Älteren zu. Er ließ die Frau und die Kinder seines Bruders in dem kleinen Cottage wohnen, das heute mein Haus ist, wobei allgemein behauptet wurde, daß er es aus schlechtem Gewissen tat, weil er für das Verschwinden des Jüngeren verantwortlich war.«
»Er hat ihn umgebracht?« Shannon hob überrascht den Kopf. »Was ist das? Eine neue Version
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