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Nora Roberts

Nora Roberts

Titel: Nora Roberts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Frage der Liebe
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leicht von Gefühlen beeinflussen
ließ, war aber davon überzeugt, in seinem Buch einige Vorzüge zu entdecken.
Jetzt brauchte sie noch etwas Zeit, um zu entscheiden, inwieweit ihre Gefühle
für Slade etwas mit dem Eindruck zu tun hatten, den sie von dieser Geschichte
gewonnen hatte.
    Überhaupt
nicht, stellte sie fest. Noch ehe sie das erste Kapitel zu Ende gelesen hatte,
vergaß sie bereits, warum sie dieses Buch unbedingt hatte lesen wollen, obgleich
sich der eigentliche Zweck erfüllt hatte. Sie kannte Slade jetzt besser als
vorher.
    Er besaß
eine scharfe Beobachtungsgabe, die sie nur erahnt hatte, ein tiefes Verständnis
für die Menschen, um das sie ihn beneidete und ihn gleichzeitig dafür bewunderte.
Er geizte beim Schreiben ebenso mit Worten wie beim Sprechen – doch beim
Schreiben offenbarte er mehr von seiner Persönlichkeit. Er mochte seine Gefühle
verborgen halten, seine Personen hingegen besaßen eine Palette an Gefühlen, die
ihre Wurzeln in ihrem Erfinder hatten.
    Und,
sinnierte Jessica weiter, sie hatte sich geirrt, als sie ihm erklärt hatte, er
verstünde die Frauen nicht. Er verstand sie sehr gut – beinahe zu gut, dachte
sie und strich abwesend über eine Manuskriptseite. Wie viel von dem, was sie
als absolut persönlich und für niemanden durchschaubar betrachtete, sah er,
wenn er ihr in die Augen blickte? Welche Gefühls regungen, die sie glaubte
verbergen zu können, spürte er, wenn er sie berührte?
    Wusste er,
dass sie ihn liebte? Instinktiv warf Jessica einen Blick durch den Türbogen,
der das Schlafzimmer und das Wohnzimmer trennte. Slade tippte immer noch. Nein,
sie war davon überzeugt, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, wie tief
ihre Gefühle gingen. Oder, dachte sie mit einem kleinen Lächeln, dass sie
entschlossen war, ihn nicht aus ihrem Leben verschwinden zu lassen, sobald sich
die Dinge auf die eine oder andere Weise geklärt hatten. Wüsste er es,
überlegte sie, würde er sie auf Armlänge von sich fern halten. Er war ein
vorsichtiger Mann. Slade war ein sehr vorsichtiger Mann – einer, der glaubte,
für ein Leben in Einsamkeit geboren zu sein. Na, da werden noch einige
Überraschungen auf ihn zukommen, dachte sie schmunzelnd. Sobald sie ihr Leben
wieder nach ihrem eigenen Gutdünken gestalten konnte, würde sie ihm einige
davon bescheren.
    Sie stand
auf und ging zur Tür. Slade saß mit dem Rücken zu ihr am Tisch, das Licht der
Schreibtischlampe fiel auf seine Hände, die behände über die Tasten flogen. An
seiner Schulterhaltung und der Art, wie er den Kopf geneigt hatte, konnte sie
sehen, dass er in tiefe Konzentration versunken war. Weil sie ihn nicht stören
wollte, blieb sie ein Weilchen an den Türrahmen gelehnt stehen. Der
Aschenbecher neben ihm war halb voll, eine Zigarette qualmte vergessen darin
vor sich hin. Seine Kaffeetasse war leer, aber sein Abendessen auf dem Tablett
hatte er nicht angerührt. Als Jessica das sah, hätte sie ihm am liebsten in
schönster Betsy-Manier die Hölle heiß gemacht, weil er nichts gegessen hatte.
    So könnte
es sein, schoss es ihr spontan durch den Kopf, wenn dieser Albtraum vorüber
wäre. Er könnte hier arbeiten, und ich würde das Klappern der Schreibmaschine
hören, wenn ich nach Hause komme. Manchmal würde er vielleicht mitten in der
Nacht aufstehen und die Tür zumachen, damit mich das Geräusch nicht aufweckt.
Am Sonntagmorgen würden wir am Strand spazieren gehen ... an regnerischen Nachmittagen
gemütlich vor dem Kamin sitzen. Ja, eines Tages könnte das passieren.
    Mit einem
ärgerlichen Seufzer hörte Slade auf zu tippen und rieb sich den verspannten
Nacken. Welche Kraft ihn auch immer die letzten drei Stunden angetrieben hatte,
sie war plötzlich versiegt, und er war noch nicht fertig. Automatisch griff er
nach der Kaffeetasse, nur um festzustellen, dass sie leer war. Vielleicht käme
er wieder in Schwung, wenn er nach unten ginge und sich noch einen Kaffee
holte. Während er noch darüber nachdachte, kam Jessica auf ihn zu.
    Sie legte
die Arme um seinen Nacken und stützte das Kinn auf seinen Kopf. Ach, ich liebe
ihn, dachte sie. Sie drückte ihn kurz und überschwänglich und drängte die Worte
zurück, die zu hören er, wie sie befürchtete, noch nicht bereit war. Aber es
gab genug, was sie ihm vorher noch sagen wollte.
    »Slade, hör
nie auf das zu tun, was du tun musst.«
    Nicht
sicher, ob er die Bedeutung ihrer Worte begriffen hatte, starrte er auf die
Seite, die er gerade getippt hatte. »Wie viel

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