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Nora Roberts

Nora Roberts

Titel: Nora Roberts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Frage der Liebe
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gab.
    Sie
bezweifelte, dass Slade überhaupt bewusst war, dass er ihr seine andere Seite
enthüllte – den Träumer –, indem er sie mit ihm zusammen arbeiten ließ.
Vielleicht hatte sie diese andere Seite schon immer erahnt, die er so gekonnt
hinter dem Image des harten Straßenkämpfers verbarg. Er war ein Mann mit vielen
Gesichtern, ein Mann, der mit einer Pistole umgehen und Byrons Don Juan zitieren
konnte, und beides mit der gleichen Selbstverständlichkeit. Heute Nachmittag
brauchte sie den Träumer. Vielleicht wusste er das.
    Das Licht
verblasste zu einem sanften Grau. Schatten machten sich in den Ecken des Raums
breit. Jessica hatte ihre Anspannung vergessen und überließ sich völlig der
geistlosen Aufgabe, die jeweiligen Buchtitel und die Namen der Autoren auf
den Karteikarten einzutragen. Als das Telefon klingelte, fiel ihr vor Schreck
ein ganzes Päckchen Karten aus der Hand. Sie bückte sich rasch, um sie wieder
vom Boden aufzusammeln.
    »Ich bin
nur erschrocken«, sagte sie, als Slade sie schweigend ansah. Ihre zittrigen
Hände verfluchend, ordnete sie die Karten wieder zu einem Stapel. »Es war die
ganze Zeit so still, deshalb.« Vor lauter Wut über ihre Ungeschicktheit fielen
ihr die Karten noch einmal aus der Hand. »Verdammt, sitz nicht einfach so da
und starr mich an. Das ist noch schlimmer, als wenn du mich anbrüllst.«
    Slade stand
auf, ging zu ihr hinüber und ging vor ihr in die Hocke. »Sieh nur, was du für
ein Chaos angerichtet hast«, sagte er leise. »Wenn du so weitermachst, muss
ich mich nach einer anderen Assistentin umsehen.«
    Mit einem
Laut, der eine Mischung aus Seufzen und Lachen war, lehnte sie die Stirn an
die seine. »Bitte, hab Nachsehen mit mir. Es ist mein erster Arbeitstag.«
    Betsy
öffnete die Tür zur Bibliothek, zog unwillkürlich die Augenbrauen hoch und
schürzte die Lippen. Tja, wo Rauch war, da gab es auch Feuer, dachte sie. Und
sie hatte den Rauch schon in dem Augenblick gerochen, als die beiden sich zum
ersten Mal begegnet waren. Sie räusperte sich missbilligend und sah Jessica
hochfahren, als hätte sie sich verbrannt.
    »Mr. Adams
ist am Telefon«, verkündete Betsy würdevoll und schloss wieder die Tür.
    Slade nahm
Jessicas Hand. »Ruf sie zurück«, sagte er leise. »Sie soll ihm ausrichten, dass
du schläfst.«
    »Nein.«
Jessica schüttelte heftig den Kopf und stand auf. »Zwinge mich nicht,
davonzurennen, Slade, ich könnte es möglicherweise tun. Und ich würde mich
dafür hassen.« Sie drehte sich um griff nach dem Hörer. »Hallo, Michael.«
    Slade
richtete sich langsam auf, schob die Hände in die Taschen und beobachtete sie.
    »Nein, es
ist nichts Schlimmes, wirklich. Nur eine kleine Erkältung.« Jessica sprach in
ruhigem Tonfall, wickelte dabei aber unaufhörlich die Telefonschnur um ihren
Finger. »David hat nur ein schlechtes Gewissen, weil er glaubt, ich hätte mich
bei ihm angesteckt. Er hätte dich nicht beunruhigen sollen. Ich passe schon auf
mich auf.« Sie kniff einen Moment die Augen zu, doch ihre Stimme blieb
weiterhin unbeschwert. »Nein, morgen komme ich nicht.« Vorsichtig wickelte
Jessica das Telefonkabel wieder von ihrem Finger. »Das ist nicht nötig,
Michael ... nein, wirklich nicht. Ich verspreche dir – mach dir keine Sorgen
... ja, in ein paar Tagen bin ich wieder fit. Ja, das mache ich ... Auf
Wiedersehen.«
    Jessica
legte den Hörer auf und starrte einen Moment ihre leere Hand an. »Er hat sich
Sorgen gemacht«, wisperte sie. »Ich war nämlich noch nie krank. Er wollte
vorbeikommen und nach mir sehen, aber ich habe ihn abgewimmelt.«
    »Gut.«
Mitleid würde ihr im Augenblick nicht helfen, entschied er. »Ich glaube, für
heute haben wir hier genug getan. Komm, lass uns nach oben gehen.« Er stand auf
und ging zur Tür, als setzte er ihre Zustimmung als selbstverständlich voraus.
Die Hand an der Türklinke hielt er inne und drehte sich noch einmal um. Jessica
hatte sich nicht vom Fleck gerührt. »Na komm schon, Jess.«
    Sie
durchquerte den Raum, blieb aber vor der Tür stehen. »Michael würde mir niemals
wehtun«, sagte sie, ohne Slade dabei anzusehen. »Ich möchte nur, dass du das
begreifst.«
    »Ja, wenn
du begreifst, dass ich jeden hier als potenzielle Bedrohung betrachten muss«,
versetzte er gleichmütig. »Du wirst
keinen von beiden – und auch sonst niemanden – sehen, wenn ich nicht dabei
bin.« Als er Trotz in ihren Augen aufblitzen sah, fuhr er rasch fort: »Falls
David und Michael unschuldig sind, wird

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