Nora Roberts
Mann ihm gegenüber und
wusste, dass er keine Chance hatte. »Und es gefällt mir immer noch nicht.«
Slade
beobachtete Davids Augen hinter den Brillengläsern. Das war also diese private
Meinungsverschiedenheit gewesen. Jessica wurde hier ganz offensichtlich die
Loyalität zuteil, die sie erwartet hatte, überlegte er. »Ich würde sagen, das
muss Ihnen auch nicht gefallen«, begann Slade langsam, »aber Jess würde das
anders sehen.«
David trat
unter Slades direktem Blick unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Ich
möchte nicht, dass ihr weh getan wird.«
»Ich auch
nicht.«
David zog
die Stirn in Falten. Etwas an der Art, wie Slade das gesagt hatte, bewog David,
ihm zu glauben. »Sie ist eine leichte Beute.«
Slades
graue Augen wurden so plötzlich dunkel vor Zorn, dass David instinktiv
zurückwich. Doch als Slade sprach, waren seine Worte sanft und von tödlicher
Beherrschung. »Ihr Geld interessiert mich nicht.«
»Okay.
Verzeihen Sie.« David entspannte sich ein wenig und meinte dann achselzuckend:
»Es ist nur so, dass sie schon einmal über den Tisch gezogen worden ist. Sie
vertraut jedem. Sie ist wirklich sehr klug, wissen Sie – für einen Wirrkopf
wie sie einer ist und ständig vergisst, was sie gerade tun wollte, weil sie
immer zwanzig Dinge gleichzeitig tut. Aber wenn es um Menschen geht, dann hat
sie Scheuklappen auf.« Hinter ihm auf dem Herd brodelte der Kaffee. David fuhr
herum und drehte das Gas ab. »Ach, bitte, vergessen Sie, was ich eben gesagt
habe. Jessica hat mir zu verstehen gegeben, dass mich das nichts angeht, und es
geht mich auch tatsächlich nichts an. Außer ... nun, ich liebe sie, müssen Sie
wissen«, murmelte er. »Wie fühlt sie sich?«
»Ihr wird
es bald wieder besser gehen.«
»Mann, das
hoffe ich«, rief er inbrünstig aus und brachte den Kaffee an den Tisch. »Ich
gestehe es nur ungern ein, aber sie fehlt mir momentan sehr im Laden. Die neue
Lieferung muss abgewickelt werden, und dazu Michaels Launenhaftigkeit ...«
David machte ein gequältes Gesicht und goss Milch in seinen Kaffee.
»Michael?«,
wiederholte Slade leichthin.
»Tja,
wissen Sie, jeder hat das Recht, hin und wieder mal richtig Dampf abzulassen.
Doch Michael war bisher immer die Beherrschtheit in Person gewesen.« Er
grinste. »Jessica würde das eine gute Erziehung nennen.«
»Vielleicht
geht ihm etwas im Kopf herum.«
David
atmete geistesabwesend tief durch und nahm dann einen Schluck von seinem
Kaffee. »Vielleicht, aber so aufgewühlt habe ich ihn nicht mehr erlebt, seit
der Verwechslung mit diesem Chippendale-Schrank im vorigen Jahr.«
»Oh?«
Manche Menschen vertragen es nicht, wenn man sie drängt, dachte Slade.
»Es war
meine Schuld«, fuhr David fort, »aber ich wusste ja nicht, dass er diesen
Schrank für einen speziellen Kunden gekauft hatte. Das passiert manchmal, aber
normalerweise sagt er Jessie oder mir dann immer Bescheid. Es war ein Meisterstück«,
erinnerte sich David. »Dunkles Ebenholz mit prachtvollen Einlegearbeiten. Mrs.
Leeman hat ihn gekauft, kaum dass wir ihn ausgepackt hatten. Sie war gerade im
Laden, als die Lieferung kam. Ein Blick, und schon zückte sie das
Scheckbuch. Michael kam an dem Tag aus Europa zurück, als wir den Schrank
aufpolierten und zum Liefern verpackten. Er sagte, der Schrank sei verkauft,
er habe bereits eine Anzahlung dafür erhalten.« David nahm rasch einen Schluck
von seinem Kaffee, stellte fest, dass er bitter war, trank aber den Rest
ergeben aus.
»Wahrscheinlich
war der Kaufvertrag irgendwo verlegt worden, nehme ich an«, fuhr er fort. »Was
ungewöhnlich war, denn Jessie ist sehr pingelig, was Rechnungen anbelangt. Diese
Mrs. Leeman war über dieses Missgeschick ebenfalls nicht sonderlich erbaut«,
erinnerte sich David und grinste. »Jessica hat ihr dann ein Sideboard beinahe
zum Selbstkostenpreis verkauft, um sie für den Schrank zu entschädigen.«
»Wer hat
ihn gekauft?«, wollte Slade wissen.
»Was, den
Schrank?« David rückte seine Brille zurecht. »Mein Gott, keine Ahnung. Ich
glaube, Michael hat mir das gar nicht erzählt, und bei der miesen Laune, die er
damals hatte, wollte ich ihn auch gar nicht fragen.«
»Sie haben
sicher die Rechnung, oder?«
»Natürlich,
ja.« David musterte ihn verdutzt. »Im Geschäft. Warum?«
»Ich muss
mal schnell weg.« Slade war schon aufgestanden und strebte der Tür zu.
»Bleiben Sie hier, bis ich wieder zurück bin.«
»Was haben
Sie ...« David brach seine Frage ab, als er Slades
Weitere Kostenlose Bücher