Nora Roberts
Katherines Rücken und hasste sich dafür, dass sie das Verlangen
verspürte, zurückzuweichen. »Was machst du denn hier?«
»Als wir
unser Telefongespräch beendet hatten, wurde mir klar, dass ich dich einfach
sehen musste. Ich vermisse meine Kleine so sehr. Lass dich einmal anschauen.«
Katherine trat einen Schritt zurück und strich mit der Hand über Drus Haar.
»Wann wirst du es endlich wieder wachsen lassen? Du hast so wundervolles Haar
und lässt es dir abhacken, um herumzulaufen wie ein Junge. Und du bist so dünn!
Du hast bestimmt abgenommen!«
»Ich habe
nicht abgenommen.«
»Ich mache
mir solche Sorgen, dass du nicht vernünftig isst. Wenn du dir ein paar
Hausangestellte nehmen würdest ...«
»Mom, ich
möchte keine Hausangestellten. Und ich esse sehr gut. Ich habe nicht ein Gramm
verloren, seit wir uns letzten Monat gesehen haben. Du sieht übrigens sehr gut
aus.«
Das traf in
der Tat zu. Ihre Mutter trug einen wundervoll geschnittenen Blazer über einer
perlgrauen Hose, und beides umspielte auf perfekte Weise ihre Figur, die sie
mit einer ausgeklügelten, peinlich genau befolgten Diät und Gymnastik in Form
hielt.
»Ach, ich
komme mir in letzter Zeit wie eine Hexe vor.« Katherine tat Drus Bemerkung mit
einer Handbewegung ab.
Drus Stimme
wurde sanfter. »Das kann gar nicht sein, denn immerhin hast du gute Augen und
genug Spiegel im Haus. «
»Du bist so
lieb zu mir!«
»Bist du
selbst gefahren?«
»Henry hat
mich hergebracht«, erwiderte Katherine und meinte damit ihren Chauffeur. »Ich
habe ihm ein paar
Minuten
freigegeben, damit er ein wenig herumspazieren kann. Es ist eine so entzückende
kleine Stadt, um einen Urlaub hier zu verbringen.«
»Ja, das
stimmt.« Dru gab sich große Mühe, um ihrer Stimme weiterhin einen freundlichen
Ton zu verleihen. »Wir, die wir in dieser Stadt leben, sind sehr dankbar, dass
die Touristen sie ebenso reizend finden wie wir selbst.«
»Aber was
bleibt einem hier schon zu tun? Oh, jetzt werde nicht gleich böse? Bitte
nicht.« Katherine hob abwehrend
eine Hand, als sie zum Schaufenster hinüberging.
»Du bist so
weit weg von der Stadt. Von allem, was sie zu bieten hat, von allem, woran du
gewöhnt bist. Du könntest doch überall leben, Schatz. Auch wenn ich bestimmt verrückt werden würde, wenn du noch
weiter wegziehen würdest. Aber wenn ich sehe, wie du dich hier vergräbst, tut
es mir in der Seele weh.«
»Ich
vergrabe mich nicht. Und St. Christopher ist nicht das Ende der Welt. Wenn ich
etwas von dem wollte, was die Stadt zu bieten hat, könnte ich mit dem Auto in
einer Stunde da sein.«
»Ich meinte
es ja auch nicht in geographischer Hinsicht, Dru,
sondern in kultureller und gesellschaftlicher. Die Gegend hier ist wirklich
malerisch, aber du hast dich total von deinem Leben, deiner Familie, deinen
Freunden zurückgezogen. Du liebe Güte, Kind, wann hast du zum letzten Mal eine
Verabredung mit einem akzeptablen Mann gehabt?«
»Gestern
Abend.«
»Ach,
wirklich?« Katherine zog eine Augenbraue in die Höhe, wie Dru es selbst oft
tat. »Und was habt ihr unternommen?«
Dru
antwortete frei heraus: »Erst haben wir Pizza gegessen und dann miteinander
geschlafen.«
Katherine
fiel die Kinnlade herunter. »Ach du meine Güte, Drusilla!«, rief sie
schockiert.
»Aber darum
geht es gar nicht. Ich war nicht zufrieden mit meinem Leben, also habe ich es
geändert. Jetzt bin ich zufrieden. Ich wünschte nur, du könntest dich für mich
freuen. «
»Das ist
alles Jonahs Schuld. Ich könnte ihn erwürgen.«
»Nein,
Jonah war nichts weiter als ein kleines Steinchen auf meinem Weg. Ich möchte
diese Geschichte nicht immer und immer wieder durchkauen, Mom. Es tut mir
wirklich Leid, dass wir einander nicht verstehen.«
»Ich möchte
doch nur das Beste für dich. Du bist mein Ein und Alles.« In Drus Schläfen
begann es zu pochen.
»Es ist
aber nicht richtig, dass ich dein Ein und Alles bin, und ich möchte es auch
nicht sein. Dad ...«
»Natürlich,
dein Vater. Die Hälfte der Zeit weiß nur Gott allein, warum ich mich überhaupt
mit diesem Mann abgebe. Aber immerhin haben wir achtundzwanzig Jahre
investiert.«
»Deine Ehe
ist also eine Investition?«
»Wie um
Himmels willen konnten wir nur so vom The ma abkommen? Das ist wirklich nicht
der Grund, warum ich hergekommen bin.«
»Liebst du
ihn?«, wollte Dru wissen und sah, wie ihre Mutter blinzelte.
»Aber
natürlich liebe ich ihn. Was für eine Frage. Und auch wenn wir nicht immer
einer Meinung sind, so
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