Nora Roberts
Und ich würde mich freuen, Sie einmal zum Abendessen einladen zu
dürfen, wenn Sie die Zeit erübrigen können. Haben Sie eine Visitenkarte, damit
ich Ihnen eine Einladung zusenden kann?«
»Eine
Visitenkarte?« Ein amüsiertes Grinsen huschte über Seths Gesicht. »Nein, tut
mir Leid. Sagen Sie einfach Dru Bescheid. Sie weiß, wie ich zu erreichen bin.«
»Ich
verstehe.« Und Katherine begann in der Tat langsam zu begreifen, was hier vor
sich ging. »Wir sollten nicht zu lange damit warten.«
»Mom ist
sozusagen schon auf dem Weg nach Paris«, warf Dru rasch ein. »Wenn du wieder da
bist, werden wir bestimmt einen Termin finden«, sagte sie zu ihrer Mutter und
führte sie mit sanfter Gewalt zur Tür.
»Bon
voyage.« Seth hob
die Hand zu einem Abschiedsgruß.
»Danke,
aber ich bin mir noch nicht sicher, ob ...«
»Mom, flieg
nach Paris!« Dru gab ihr einen festen Kuss auf die Wange. »Amüsier dich.
Verbringe einen schönen, romantischen Urlaub mit Dad. Kauf Chanel leer. Und
schick mir eine Postkarte.«
»Ich bin
mir noch nicht sicher. Ich werde darüber nachdenken. Ich habe mich gefreut,
Sie kennen zu lernen, Seth. Ich hoffe, wir werden uns sehr bald wieder sehen.«
»Das wäre
großartig. Gute Reise!«
Er wartete
und trommelte mit den Fingern auf seine Oberschenkel, während Dru ihre Mutter
nach draußen begleitete.
Durch das Schaufenster beobachtete er, wie sie Katherine in eine cremefarbene
Mercedes-Limousine mit uniformiertem Fahrer verfrachtete.
Das
erinnerte ihn an eine Kleinigkeit, die er völlig vergessen hatte: Drus Familie
schwamm in Geld. Aber das konnte man auch nur allzu leicht vergessen, denn Dru
lebte ganz normal.
Als sie in
den Laden zurückkam, schloss sie die Tür ab und lehnte sich dagegen. »Es tut
mir Leid.«
»Was denn?«
»Dass ich
dich benutzt habe, um aus einer sehr unangenehmen Situation herauszukommen.«
»Dafür sind
Freunde doch da.« Er trat auf sie zu und tippte mit dem Finger gegen ihr Kinn.
»Möchtest du darü ber reden, warum sie geweint hat und so unglücklich aussah?«
»Sie
wollte, dass ich mit ihr nach Paris fliege. Einfach so«, fügte Dru hinzu, hob
die Hände und ließ sie wieder fallen. »Sie hatte schon alles in die Wege
geleitet, ohne mich zu fragen, ist dann hergekommen und hat erwartet, dass ich
vor Freude in die Luft springe, alles stehen und liegen lasse, eine Tasche
packe und mit ihr losziehe.«
»Ich
schätze, nicht jeder hätte so ein Angebot ausgeschlagen.«
»Es hat ja
auch nicht jeder ein Geschäft zu führen«, fuhr sie ihn an. »Und nicht jeder war
schon so oft in Paris, dass er aufgehört hat mitzuzählen. Und nicht jeder mag
es, wenn man sein Leben verplant, als wäre er immer noch acht Jahre alt.«
»Na, na,
na, mein Engel.« Seth spürte, dass Dru vor Wut zitterte, und rieb mit seinen
Händen an ihren Armen entlang. »Ich sage ja auch nicht, dass du hättest
mitfahren sollen. Sie hat dich ganz schön auf die Palme gebracht, was?«
»Das
gelingt ihr fast jedes Mal. Dabei weiß ich, dass es eigentlich gar nicht ihre
Absicht ist. Sie glaubt wirklich, sie tue es für mich, aber das macht es nur
noch schlimmer. Sie geht von falschen Annahmen aus, trifft Entscheidungen,
die zu treffen sie schon lange kein Recht mehr hat, und wenn ich dann nicht
mitziehe, ist sie beleidigt. «
»Tröste
dich, ich habe heute Morgen auch einen Rüffel von Cam bekommen, weil ich mich
rar gemacht und vergessen habe, einige Dinge zu erledigen, die ich versprochen
hatte zu tun.«
Dru legte
den Kopf schräg. »Hat er geweint?«
»Er hat
vielleicht einen etwas verschleierten Blick gehabt ... Also schön, nein«,
sagte Seth kleinlaut und stellte erleichtert
fest, dass ihre Mundwinkel in die Höhe wanderten. »Aber wir standen kurz
davor, uns zu prügeln, als Phil sich einmischte.«
»Tja, ich
kann meiner Mutter wohl kaum einen Kinnhaken verpassen. Hast du dich denn
wieder mit deinem Bruder vertragen?«
»Oh ja, ist
schon längst alles vergessen. Ich muss jetzt nur noch bei Anna zu Kreuze
kriechen, aber ich dachte, ich bringe dir vorher noch den Entwurf für das Boot
vorbei.« Er nickte zu der großen Aktenmappe hinüber, die er auf den Ladentisch
gelegt hatte.
»Oh.« Dru
presste ihre Finger gegen die Schläfen. »Darf ich später einen Blick darauf
werfen? Wenn ich mich jetzt nicht auf den Weg mache, komme ich zu spät zu
meinem Yogakurs.«
»Dein
Yogakurs ... Oh ja, den solltest du auf keinen Fall verpassen. Gilt unsere
Verabredung für nachher
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