Nora Roberts
sind wir uns doch in einer Hinsicht vollkommen einig:
dass du das Kostbarste in unserem Leben bist. Und jetzt« – sie lehnte sich vor
und küsste Dru auf beide Wangen – »habe ich eine ganz wunderbare Überraschung
für dich.« Sie ergriff Drus Hand. »Wir werden jetzt zu deinem kleinen Haus
fahren, damit du deinen Reisepass und ein paar Sachen einpacken kannst. Du wirst
nicht viel brauchen. Wir kümmern uns um deine Garderobe, wenn wir dort sind.«
»Was meinst
du mit > dort < ?«
»Paris. Es
ist schon alles in die Wege geleitet. Nach unserem Gespräch heute Morgen hatte
ich diese fantastische Idee. Ich habe sofort deinen Vater angerufen, und er
wird in ein, zwei Tagen nachkommen. Das Flugzeug wartet am Flughafen auf uns.
Wir werden einige Zeit in Tante Michelles Wohnung in Paris verbringen, shoppen
gehen und eine kleine Dinnerparty geben. Dann fahren wir in Richtung Süden und
wohnen eine Woche in der Villa.«
»Mom ...«
»Und dann
sollten wir beide uns demnächst einmal auf und davon machen und ein nettes
Wochenende zusammen verbringen. Nur wir zwei. Wir verbringen gar nicht mehr
genug Zeit miteinander. Da gibt es dieses wundervolle Mineralbad nicht weit
entfernt von ...«
»Mom! Ich
kann nicht mit.«
»Ach, sei
nicht albern. Es ist bereits alles arrangiert. Du musst dich um gar nichts
kümmern.«
»Ich kann
nicht mit. Ich habe ein Geschäft zu führen.«
»Also wirklich, Dru? Du kannst
doch bestimmt für ein paar Wochen
zumachen oder jemanden bitten, sich darum zu kümmern. Du darfst nicht zulassen,
dass dir dieses kleine Hobby jeden Spaß verdirbt.«
»Dieser
Laden ist kein Hobby für mich. Und ich kann nicht einfach so zumachen, um
herumzureisen.«
»Du willst
es nicht.«
»Na schön,
ich will es nicht.«
Katherines
Augen füllten sich mit Tränen. »Aber ich tue es doch für dicht Begreifst du das
denn nicht? Du bist doch meine Kleine, meine süße Kleine. Ich sorge mich halb
zu Tode, weil du hier so allein herumhockst.«
»Ich hocke
hier nicht allein herum. Ich bin beinahe siebenundzwanzig Jahre alt, und ich
will mein eigenes Leben führen. Du und Dad, ihr müsst euer Leben führen. Jetzt
wein doch nicht!«
»Ich weiß
wirklich nicht, was ich falsch gemacht habe.« Katherine öffnete ihre Handtasche
und holte ein Taschentuch hervor. »Warum du nicht ein wenig von deiner Zeit
opferst, um sie mit mir zu verbringen. Ich fühle mich so verlassen.«
»Aber das
musst du wirklich nicht. Bitte ...« Als die Türglocke ertönte, blickte Dru auf.
»Seth!«, rief sie erleichtert.
»Ich
dachte, ich schaue einmal vorbei, bevor du ...« Er brach ab, als er die Frau
erblickte, die in ihr Taschentuch schniefte. »Tut mir Leid ... Ich werde später
wiederkommen.«
»Nein.
Nein.« Dru musste sich förmlich zwingen, nicht vor die Tür zu springen und ihm
damit seinen Fluchtweg zu versperren. Sie wusste, dass nichts die Tränen ihrer
Mutter schneller zum Versiegen brachte, als die Rückbesinnung auf angemessene
gesellschaftliche Umgangsformen. »Ich bin froh, dass du vorbeigekommen bist.
Ich würde dir gern meine Mutter vorstellen. Katherine Whitcomb Banks, Seth
Quinn.«
»Sehr
erfreut, Sie kennen zu lernen.«
»Ganz
meinerseits.« Katherine warf ihm ein tränenumflortes Lächeln zu und hielt ihm
ihre Hand hin. »Sie müssen mir verzeihen. Ich habe meine Tochter vermisst, und
das Zusammentreffen mit ihr hat mich doch sehr aufgewühlt.« Als sie ihre Augen
trocken tupfte, wurde ihr Blick mit einem Mal interessierter. »Seth Quinn? Der
Maler?«
»Ja«,
bestätigte Dru strahlend. »Wir sind große Bewunderer seiner Werke, nicht wahr,
Mom?«
»Oh ja, das
sind wir. Das sind wir in der Tat. Mein Bruder und seine Frau waren letztes
Jahr in Rom und haben sich in Ihr Bild von der Spanischen Treppe verliebt. Ich
war sehr neidisch auf ihren Fund. Sie sind hier in der Gegend aufgewachsen,
nicht wahr?«
»Ja, das
stimmt. Meine Familie lebt hier.«
»Es ist
sehr wichtig, den Kontakt zu seiner Familie zu halten«, sagte Katherine mit
einem traurigen Seitenblick in Drus Richtung. »Wie lange werden Sie denn
bleiben?«
»Ich lebe
hier.«
»Oh ...
aber ich dachte, Sie leben in Europa.«
»Ich habe
mich für eine Weile dort aufgehalten. Aber ich lebe in St. Chris. Hier ist mein
Zuhause.«
»Ich
verstehe. Werden Sie vielleicht einmal in Washington oder Baltimore
ausstellen?«
Ȇber kurz
oder lang sicherlich.«
»Dann
müssen Sie mir unbedingt Bescheid geben. Ich würde liebend gern mehr von Ihrer
Arbeit sehen.
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