Nora Roberts
anders überlegen«, sagte er
und reichte ihr die Karte.
Sie
betrachtete die Zeichnung und musste unwillkürlich lächeln. »Die könnte ich
bei ebay bestimmt für eine nette kleine Summe versteigern.«
»Dafür
haben Sie zu viel Klasse.« Seth stapelte die Pappschachteln übereinander und
hob sie hoch. »Vielen Dank für die Blumen.«
»Keine
Ursache.« Sie kam hinter dem Ladentisch hervor, um ihm die Tür aufzuhalten.
»Ich hoffe, Ihre ... Schwestern werden Freude daran haben.«
»Ganz
bestimmt.« Er warf ihr einen letzten Blick über die Schulter zu. »Ich werde
wiederkommen.«
»Tun Sie
das, bis sechs bin ich ja immer für meine Kunden da.« Sie steckte die Zeichnung
in ihre Tasche und schloss die Tür hinter ihm.
Er
genoss es, Sybill
wieder zu sehen und eine Stunde allein mit ihr zu verbringen. Und zu
beobachten, wie viel Freude es ihr bereitete, die Blumen in einer hohen Glasvase
zu arrangieren.
Sie sind
einfach wie gemacht für sie, fand Seth, genau wie das Haus, das Phillip und sie
gekauft und eingerichtet hatten. Der gewaltige, alte viktorianische Bau mit all
den stilisierten Details passte zu Sybill.
Sie hatte
über die Jahre verschiedene Frisuren ausprobiert, aber jetzt trug sie das Haar
wieder so, wie es ihm am besten gefiel: Es fiel ihr glatt bis beinahe auf die
Schultern herab und hatte die Farbe eines teuren Nerzmantels.
Sybill
arbeitete zu Hause und hatte sich nicht die Mühe gemacht, Lippenstift aufzulegen.
Sie trug eine schlichte, weiße Hemdbluse zu einer eng sitzenden, schwarzen
Hose. Offenbar stellt sie sich das unter Freizeitkleidung vor, dachte Seth.
Sie war die
Mutter zweier lebhafter Kinder und außerdem studierte Soziologin und
erfolgreiche Autorin. Und wirkte unglaublich gelassen, wie Seth fand.
Er wusste,
wie schwer erkämpft diese Gelassenheit war.
Sybill war
in demselben Haushalt aufgewachsen wie seine Mutter, doch die Halbschwestern
waren so verschieden wie die beiden Seiten einer Münze.
Da sich
schon allein bei dem Gedanken an Gloria DeLauter sein Magen zusammenkrampfte,
verbannte Seth sie aus seinem Kopf und konzentrierte sich auf Sybill.
»Als du vor
ein paar Monaten mit Phil und den Kindern in Rom
gewesen bist, hätte ich nicht gedacht, dass ich dich das nächste Mal hier
wieder sehen würde. Ich habe mir so gewünscht, dass du zurückkommst.« Sie
schenkte ihnen zwei Gläser Eistee ein. »Ich weiß, das war absolut egoistisch
von mir, aber ich wollte dich einfach wieder hier haben. Manchmal hielt ich
während irgendeiner Beschäftigung inne und dachte: Irgendetwas fehlt. Was könnte
es nur sein? Und dann: Oh ja, Seth. Seth fehlt. Albern, nicht wahr?«
»Nein, das
ist einfach lieb von dir.« Er drückte ihre Hand, bevor er das Glas nahm, das
sie vor ihm abgesetzt hatte. »Danke.«
»Du musst
mir unbedingt alles erzählen«, forderte sie ihn auf.
Sie redeten
über seine Arbeit und über die ihre. Über die Kinder und darüber, was sich
verändert hatte und was gleich geblieben war.
Als Seth aufstand,
um zu gehen, legte sie ihre Arme um ihn und hielt ihn noch etwas länger fest.
»Vielen Dank für die Blumen. Sie sind wunderschön.«
»Es gibt
einen hübschen neuen Laden auf der Market Street. Die Inhaberin scheint zu
wissen, was sie tut.« Hand in Hand ging er mit Sybill zur Tür. »Bist du schon
einmal dort gewesen?«
»Ein- oder
zweimal.« Da sie ihn nur zu gut kannte, lächelte Sybill. »Sie ist eine
Schönheit, nicht wahr?«
»Wen meinst
du?« Aber als sich Sybill nur an den Kopf tippte, da grinste er. »Erwischt. Ja,
sie hat ein tolles Gesicht. Was weißt du über sie?«
»Eigentlich
gar nichts. Sie ist im letzten Spätsommer hierher gezogen, glaube ich, und hat
den Laden im Herbst aufgemacht. Sie stammt wohl aus der Washingtoner Gegend.
Ich glaube, meine Eltern kennen irgendwelche Whitcombs und Banks in der Ecke.
Könnten Verwandte sein.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich bin mir nicht
sicher, und meine Eltern und ich, wir... kommunizieren zurzeit nicht häufig
miteinander.«
Er berührte
sanft ihre Wange. »Das tut mir Leid.«
»Muss es
nicht. Sie haben zwei tolle Enkelkinder, die sie die meiste Zeit ignorieren.«
Genauso, wie sie dich ignoriert haben, dachte sie. »Sie sind diejenigen, die
etwas verpassen. «
»Deine
Mutter hat dir niemals vergeben, dass du dich Für mich eingesetzt hast.«
Sybill
sprach in aller Deutlichkeit, als sie sein Gesicht mit ihren Händen umfing:
»Sie weiß ja gar nicht, was sie verpasst hat. Und außerdem stand ich
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