Nora Roberts
wollte gerade frische Limonade
machen.«
»Ich bin
nur vorbeigekommen, um Aubrey zu sehen und ...« Er brach ab. Oh nein, dachte
er, damit kann ich Grace unmöglich belasten. »Ist sie da?«
»Sonntagnachmittags
spielt sie doch immer Softball.«
»Ach ja,
richtig.« Seth stopfte die Hände in seine Hosentaschen und blickte finster
drein. »Hatte ich vergessen.«
»Stimmt
etwas nicht, Schatz? Hast du dich mit Aubrey gestritten?«
»Nein.
Nein, ich wollte nur ... mit ihr über etwas reden.«
»Sie ist in
einer guten Stunde bestimmt wieder da. Emily übrigens auch. Sie ist mit ihrem
Freund unterwegs. Warum gehst du nicht zu Ethan und Deke hinaus und bleibst
zum Essen? Wir wollen nachher grillen.«
»Danke,
aber ... ich hab noch etwas zu erledigen.« Es war ein zu komisches Gefühl, in
Graces Gesicht zu blicken, die Ähnlichkeit mit Aubrey darin zu sehen und an
das zu denken, woran er gerade dachte. »Ich muss los.«
»Aber ...«,
hob Grace an, doch sie sagte es zu Seths Rücken, denn er war bereits auf dem
Weg zur Tür. Anna hat Recht, dachte Grace seufzend, irgendetwas stimmt nicht
mit ihrem Jungen.
Als Seth
im Park ankam,
befand sich das Spiel gerade in der zweiten Hälfte des achten Spielabschnitts
mit zwei Spielern auf Base und zwei Spielern aus. Aubreys Mannschaft, die Blue
Crabs, lagen mit einem Lauf gegen ihre Erzfeinde,
die Rockfishs, im Rückstand. Die Zuschauer aßen Hotdogs, nippten kühle
Getränke aus Papierbechern und warfen mit den üblichen Beleidigungen oder Ermunterungen
in Richtung der Spieler um sich. Der Juni mit seinem heißen Atem stand vor der
Tür und ließ den Frühling zu einer schönen Erinnerung verblassen. Die Sonne
knallte auf das Spielfeld.
Seth ging
am Hotdog-Stand vorbei und stieg die Tribüne hinauf.
Er
entdeckte Junior Crawford mit einer Baseballkappe auf dem kahlen Schädel, die
er weit in die faltige Stirn gezogen hatte. Auf seinen knochigen Knien hockte
ein Junge, der nicht älter als drei Jahre sein konnte.
»Hallo
Seth, wie geht's?« Junior rückte einladend ein paar Zentimeter nach rechts.
»Wie kommt's, dass du nicht mit da unten auf dem Spielfeld bist?«
»Als ich
heimkam, war die Auswahl schon gelaufen.« Seth blickte sich suchend auf dem
Spielfeld um und sah, dass Aubrey als Nächste am Schlag war, während der
gegenwärtige Batter den dritten Fehlball nahm. Dann blinzelte er dem kleinen
Jungen zu. »Und wer ist dieser junge Mann?«
»Das ist
Bart.« Junior ließ den Jungen auf seinen Knien einmal auf und ab hüpfen. »Mein
Urenkel.«
»Urenkel?«
»Jawohl.
Wir haben inzwischen acht Enkelkinder, und das hier ist unser erster Urenkel.«
Bei dem typischen knallenden Geräusch, mit dem der Ball auf den Schläger
trifft, wandte Junior seine Aufmerksamkeit wieder dem Spielfeld zu. »Ging nach
hinten weg«, murmelte er. Dann brüllte er: »Lern endlich mal richtig zu
schlagen, Jed Wilson! Himmel noch mal!«
»Jed
Wilson? Mrs Wilsons Enkel?«
»Höchstpersönlich.
Netter Junge, sehr umgänglich, aber wenn er
einen Schläger in der Hand hält, ist er einen Scheißdreck wert.«
»Scheißdreck
wert«, plapperte ihm Bart fröhlich nach.
»Na, na,
mein Junge.« Junior kicherte und drohte Bart tadelnd mit dem Finger. »Du weißt
doch, dass du mich wieder in Teufels Küche bringst, wenn du das vor deiner Mama
sagst.«
»Scheißdreck
wert! Scheißdreck wert!« Bart stieß ein fröhliches Lachen aus und streckte Seth
seinen schon übel zugerichteten Hotdog entgegen. »Beißen?«
»Klar.«
Dankbar für die Ablenkung lehnte sich Seth vor und tat so, als nehme er einen
Riesenbissen.
Als auf
Fehlball vier entschieden wurde, brach die Menge in Beifall aus und Junior
ließ ein Freudengeschrei ertönen. »Gott sei Dank, er hat einen Freilauf
bekommen. Jetzt seid ihr dran, ihr Stinkefische!«
»Stinkefische!«,
ertönte es fröhlich aus Barts Mund. »Jetzt geht die Post ab! Denen werden wir
es aber zeigen!«
Die Fans
der Blue Crabs begannen wie aus einem Munde »Aub-rey! Aub-rey!« zu
brüllen, als sie zur Homeplate stolzierte.
»Hau den
Ball raus, Aub! Die Kleine könnte es glatt schaffen«, sagte Junior mit einer
solch unbändigen Begeisterung, dass Seth schon fürchtete, ihn von einem
Schlaganfall niedergestreckt zu Boden sinken zu sehen. »Sieh genau hin!« Er
stieß Seth seinen spitzen Ellenbogen in die Seite. »Sieh genau hin, wie sie
diesen Mistkerl fertig macht.«
»Mistkerl!
Mistkerl!«, schrie Bart und wedelte mit seinem zerdrückten Hotdog, von dem der
Senf
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