Nora Roberts
nicht. Ich halte dich für einen absolut ehrlichen Kerl. Ich könnte
niemals ernsthaft in Erwägung ziehen, mit dir zusammen zu sein, wenn es anders
wäre. Aber wie ich schon sagte, ich bin noch nicht so weit, diesen Schritt mit
dir zu tun, und ich habe Vorbehalte, was deine Gefühle für eine andere Frau
angeht – und ihre Gefühle für dich.«
Sie blickte
zu ihm auf. »Ich habe selbst erlebt, wie es ist, in der Rolle der Betrogenen zu
sein, Seth. Das werde ich keiner Frau antun.«
»Klingt so,
als hätte ich wohl besser dich nach irgendwelchen seelischen Narben gefragt,
die die Vergangenheit hinterlassen hat.«
Dru erhob
sich und nickte. »Ja, vielleicht hättest du das tun sollen. Da du
offensichtlich eingeschnappt bist, lasse ich dich jetzt wohl besser in Ruhe
schmollen.«
Er packte
sie am Arm, als sie an ihm vorbeigehen wollte, und riss sie so schnell herum,
dass sie erschrak. »Mach du nur schön brav einen Schritt nach dem anderen, wie
du es immer getan hast, mein Engel. Dadurch brauchst du vielleicht länger, bis
du hinfällst, aber der Sturz wird genauso hart sein, glaube mir.«
»Lass mich
gehen.«
Er ließ sie
los und wandte ihr den Rücken zu, um seine Ausrüstung zusammenzupacken.
Aufgewühlter als sie es sich selbst eingestehen wollte, zwang Dru sich dazu,
langsam ins Haus zu gehen.
Neun
Frauen?
Seth knallte die
Kühlbox in den Kofferraum seines Wagens und stellte den Picknickkorb unsanft
daneben. Gerade, wenn man glaubte, sie zu verstehen, verwandelten sie sich in
Aliens. Und diese Aliens besaßen die Macht, einen normalen, vernünftigen Mann
in einen völligen Trottel zu verwandeln.
Gab es überhaupt
irgendeinen Mann, der in der Lage war, den Gedankengängen der Frauen zu folgen?
Er warf die
Decke auf die Rückbank, starrte zum Haus hinüber und murmelte eine Mischung aus
Flüchen, Kraftsprüchen und wenig schmeichelhaften Selbstbetitelungen vor sich
hin. Dann stürmte er in den Garten zurück, um seine Staffelei und die Leinwand
zu holen.
»Ich sollte
doch wissen, zu wem ich mich hingezogen fühle«, erklärte er dem noch unfertigen
Bild, hob es vorsichtig hoch und trug es zum Wagen. »Ein Mann entpuppt sich
als Mistkerl, und schon verdammst du die halbe Gattung!« Er legte die Leinwand
auf die Decke und betrachtete sie mit finsterem Blick. »Aber das ist dein
Problem, Schwester.«
Schwester,
wiederholte er in Gedanken und verspürte ein unbehagliches Zittern in seinen
Eingeweiden. Warum zum Teufel hatte sie ihm nur diesen Floh mit Aubrey ins Ohr
gesetzt? Damit lag sie schief, total schief.
Er liebte
Aubrey. Natürlich tat er das. Aber er hatte noch niemals daran gedacht ... Oder
etwa doch?
»Siehst du?
Siehst du?« Wütend tippte er mit dem Finger auf die Leinwand. »So weit bringt
ihr uns. Ihr erzeugt ein solches Chaos, dass wir unsere eigenen Gedanken in
Frage stellen. Bei mir funktioniert das aber nicht.«
Während er
die restlichen Dinge in den Wagen lud, murmelte er wütend vor sich hin. Dann
machte er sich auf den Heimweg. Kurz vor der Abbiegung zum weißen Haus der
Quinns bremste er plötzlich ab und wendete.
»Wir werden
diese Sache jetzt gleich klären«, sagte er laut und nickte dem Bild zu. »Damit
sie ein für alle Mal aus der Welt ist. Und dann werden wir ja sehen, wer hier
der Trottel ist.«
Seth hielt
vor Graces und Ethans Haus, sprang aus dem Wagen und marschierte mit großen
Schritten auf die Tür zu. Er trat ein ohne anzuklopfen – das hätte auch niemand
von ihm erwartet.
Das
Wohnzimmer war – wie der Rest des Hauses auch – hübsch eingerichtet. Es stand
gerade genug Krimskrams herum, dass man sich darin wohl fühlen konnte. Grace
hatte ein Talent für diese Dinge.
Früher
hatte sie sich eine Zeit lang ihren Lebensunterhalt damit verdient, die Häuser
anderer Leute zu putzen. Heute besaß sie eine Reinigungsfirma mit mehr als zwanzig
Angestellten, und ihr eigenes Haus war die beste Werbung. Im Augenblick war es
allerdings viel zu still.
»Aubrey?«,
rief Seth die Treppe hinauf. »Ist jemand zu Hause?«
»Seth?«
Grace kam aus der Küche. Mit ihren nackten Füßen, der abgeschnittenen Hose und
ihrem achtlos zurückgebundenen Haar sah sie viel zu jung aus, um eine erwachsene
Tochter zu haben. Du meine Güte, er war früher Aubreys Babysitter gewesen.
»Komm mit
nach hinten«, forderte Grace ihn auf, nachdem sie ihm einen flüchtigen Kuss
auf die Wange gegeben hatte. »Ethan und Deke sind draußen und versuchen den
Rasenmäher wieder in Gang zu bringen. Ich
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