Nora Roberts
aufgeht. Dabei spüre ich ...«
Ihre Stimme
versiegte, als sie aufblickte, um ihn anzusehen.
Er hatte
sich kein Hemd übergezogen, und auf seiner Brust glänzten noch einige
vereinzelte Wassertropfen. Die Jeans hing ihm auf den Hüften, und er hatte den
obersten Knopf nicht geschlossen.
Dru stellte
sich vor, mit dem Finger an seinem Hosenbund entlangzuwandern. Oder auch
darunter.
»Du spürst?«,
soufflierte er.
Das
Verlangen, mich hinzugeben, dachte sie. Mich treiben zu lassen. Genommen zu
werden.
»Nun.« Mit
einiger Mühe richtete Dru ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Bild. »Eine
gewisse Einsamkeit. Aber nicht auf traurige Weise. Denn es ist schön dort, und
der Pfad bedeutet, dass man nur allein sein muss, wenn man es will.«
Seth beugte
sich ein wenig vor, um das Bild aus der Nähe zu betrachten. Er roch nach
Seife, und Drus Bauchmuskeln zogen sich unwillkürlich zusammen. »Wo würdest
du es denn hinhängen wollen?«, fragte er.
Wenn das
Verlangen ist, dachte Dru, wenn das Lust ist, dann habe ich so etwas noch
niemals zuvor gespürt.
»Zuhause in
mein Arbeitszimmer. Und wenn ich die Buchführung leid bin, könnte ich es mir
ansehen und in Gedanken einen kleinen Spaziergang machen.«
Sie
richtete den Oberkörper auf und lehnte die Leinwand gegen die anderen. »Also,
verkaufst du es mir?«
»Möglicherweise.«
Auch er richtete sich auf und ihre Körper berührten sich flüchtig. Das Funkeln
in seinen Augen verriet ihr, dass er sich seiner Wirkung auf sie durchaus
bewusst war. »Hast du dein Porträt gesehen?«
»Ja.« Diese
Frage bot ihr die Möglichkeit, ein wenig Abstand zwischen Seth und sich zu
schaffen. Sie erhob sich vom Boden und ging zu der Staffelei am Fenster
hinüber, um es sich noch einmal anzuschauen. »Es ist wunderschön.«
»Aber du
möchtest es nicht kaufen?« Seth war ebenfalls aufgestanden und folgte ihr.
»Ein Bild
von mir selbst? Nein. Wie wirst du es denn nennen?«
»Schlafende
Schönheit«, erwiderte
er und runzelte die Stirn, als ihm der Traum, den er schon längst vergessen
hatte, wieder einfiel. »Zucchini-Football«, murmelte er.
»Wie
bitte?«
»Ach,
nichts. Mir ist nur gerade etwas durch den Kopf gegangen. Aha, die Pizza«,
fügte er hinzu, als ein forsches Klopfen an der Tür ertönte.
Er holte
sein Portemonnaie, das auf dem Arbeitstisch lag, und ging – immer noch ohne
T-Shirt und barfuß – zur Tür. »Hallo, Mike, wie geht's denn so?«
»Alles im
grünen Bereich.«
Der magere,
picklige Teenager reichte Seth die Pizzaschachtel. Dann schweifte sein Blick
durch den Raum und fiel auf Dru. Die Art und Weise, wie sein Adamsapfel
plötzlich auf und ab hüpfte und ein Ausdruck von Überraschung und Interesse
über sein junges Gesicht huschte, sagte Dru, dass es bald neues Futter für die
Klatschmäuler von St. Chris geben würde.
»Oh, hi Mrs
Whitcomb. – Grandma hat dir noch einen Stapel Servietten und so was beigelegt.«
Er drückte Seth eine Papiertüte in die Hand.
»Großartig.
Sag ihr vielen Dank. Hier Mike, behalte das Wechselgeld.«
»Okay. Tja,
dann – mach's gut.«
»Sieht ganz
so aus, als wäre der kleine Mike in dich verknallt«, kommentierte Seth,
nachdem er die Tür mit dem Fuß geschlossen hatte.
»Ich
schätze, dass Mike in Rekordzeit zu Village Pizza zurückdüsen wird,
damit er die Neuigkeit unter die Leute bringen kann, dass sich der Maler und
die Blumenverkäuferin heiße Pizza und heißen Sex gönnen.«
»Ich hoffe
nur, er wird Recht behalten. Aber wenn wir den ersten Teil in die Realität umsetzen
wollen, sollten wir jetzt besser essen.« Er ließ die Schachtel auf das Bett fallen.
»Brauchst du einen Teller?«
Ihr Herz
stand für einen kleinen Moment still, dann nickte sie. »Ja, ich brauche einen
Teller.«
»Langsam,
kein Grund, nervös zu werden. Ich werde dir ein Glas leckeren Chianti anstelle
des Biers holen.«
»Ich kann
es trinken, kein Problem.«
»Ich weiß,
dass du es trinken kannst«, erwiderte er, als er sich erneut auf den Weg in die
Küche machte. »Aber du hättest lieber Wein. Ich trinke das Bier. Und noch was,
mein Engel, wenn es dir nicht gefällt, dass Leute über dich reden, dann
solltest du nicht in einer Kleinstadt leben.«
»Es macht
mir nicht viel aus, dass die Leute über mich reden.« Denn hier war es anders,
hier waren Klatsch und Tratsch weitaus weniger gehässig als in Washington. »Es
gefällt mir nur nicht, wenn sie über etwas reden, bevor ich überhaupt die
Gelegenheit hatte, es zu
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