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Noras Erziehung

Noras Erziehung

Titel: Noras Erziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Belle
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versuchte, mich in meine Bücher zu vertiefen, konnte mich aber nicht konzentrieren. Um 17   Uhr gab ich schließlich auf und machte mich auf den Weg ins Studentenparlament. Dort waren zwar einige Leute anwesend, aber weder Giles noch sonst ein Mitglied der Hawkubites war zu sehen. Ich sprach mit ein paar der Anwesenden, aber es waren offensichtlich noch keine Gerüchte im Umlauf. Also entschloss ich mich irgendwann, dem St.   Mary’s College einen Besuch abzustatten.
    Eigentlich war mein Vorhaben durch und durch vernünftig, aber als ich die Hauptstraße überquerte, hatte ich das Gefühl, direkt in eine Falle zu tappen, und rechnete fest damit, es würde in der Eingangshalle des College vor Polizisten nur so wimmeln – wahrscheinlich bewaffnet und mit Spürhunden im Schlepptau, die auf den Geruch von Spießbraten abgerichtet waren. Doch genau wie in St.   Boniface waren auch hier nur zwei Pförtner zu sehen, die beide ausgesprochen gelangweilt dreinschauten. Giles war auch nicht da und das Fenster zu seinem Zimmer geschlossen. Als ich aber seinen Gebäudeflügel verließ, bemerkte ich Lucy auf der gegenüberliegenden Seite des Innenhofs. Sie trug Jeans und ein T-Shirt , sah, abgesehen von einer großen Sonnenbrille, völlig normal aus. Sie drehte sich um, als ich nach ihr rief, und kam dann schnell auf mich zu.
    «…   wurde verhaftet und dann   …», hörte ich sie bereits im Näherkommen erzählen.
    «Wer wurde verhaftet?»
    «Giles! Stephen ist, glaube ich, nochmal davongekommen, aber sie haben Giles. Und ich wäre auch drangewesen, wenn er sich nicht   …»
    «Jetzt mal ganz langsam, Lucy. Gab es etwa eine Razzia?»
    Das wusste ich zwar bereits ganz genau, lauschte ihrer Erzählung aber dennoch voller Faszination. Die schmutzigsten Details ließ sie zwar aus, doch dafür erfuhr ich endlich, was nach meinem überstürzten Aufbruch weiter geschehen war.
    «Giles hat noch versucht, es ihnen auszureden, aber sie haben nicht auf ihn gehört. Nigel sollte eigentlich den Minibus fahren, aber er wollte nicht. Und der Rest von uns war viel zu betrunken, um sich hinters Steuer zu setzen. Also haben wir versucht, zu Fuß zu verschwinden. Doch die Polizei holte uns schnell ein. Giles hat sich dann mit ihnen angelegt, damit ich flüchten konnte   …»
    «Giles hat einen Polizisten angegriffen?!»
    «Zwei sogar. Und ganz allein. Das waren Riesen, sag ich dir. Und das nur, damit ich wegkonnte.»
    «Und dann wurde er verhaftet?»
    «Ich glaube schon. Ich rannte jedenfalls in den Wald. Und da sie keine Hunde oder so was dabeihatten, konnte ich entkommen und bin dann nach Hause getrampt.»
    Ich konnte vor Erstaunen über sie nur den Kopf schütteln. Und auch die Erzählung über Giles verblüffte mich, denn ich hätte eigentlich gedacht, er würde in so einem Fall Lucy einfach stehen lassen, um seinen eigenen Kopf zu retten. Doch stattdessen hatte er versucht, es gleich mit zwei Polizisten aufzunehmen. Und dafür würde er ganz sicher richtig Ärger kriegen.
    «Und Stephen?»
    «Der ist über die Felder abgehauen. Ich wollte gerade nachschauen, ob er da ist.»
    «Ich begleite dich. Was für ein Abend!»
    «Armer Giles. Er kommt bestimmt ins Gefängnis.»
    Das sah ich genauso und konnte nur nicken – in diesemeinen Fall sogar voller Mitgefühl. Was immer er getan und wie immer er sich auch benommen hatte, wenn es wirklich drauf ankam, stellte er sich offensichtlich schützend vor seine Freundin. Und diese Haltung musste man einfach irgendwie bewundern. Während wir zum Emmanuel College gingen, fragte ich mich, ob Stephen wohl dasselbe für mich getan hätte, konnte mich jedoch nicht zu einer klaren Antwort durchringen.
    Stephen war in seinem Zimmer. Er schaute ein bisschen selbstmitleidig drein und sah ziemlich mitgenommen aus, schaffte es aber immerhin, seinen Mund zu einem Grinsen zu verziehen, als wir reinkamen. «Hast du es schon gehört?», fragte er mich.
    «Ja.»
    Ich setzte mich und wartete, bis er und Lucy sich jeweils auf den neuesten Stand der Dinge gebracht hatten. Er war in der Nacht nur ein paar Minuten nach mir den Hügel runtergerannt, war dann aber in Richtung Didcot gelaufen, wo er glücklicherweise einen Nachtbus erwischt hatte. Im Gegensatz zu mir hatte er sein Tempo an den Dornenhecken nicht verlangsamt, sodass sein Gesicht und die Hände voller Kratzer waren. Aber immerhin war ihm nicht ein Polizist über den Weg gelaufen. Ich war mir ziemlich sicher, wäre Lucy nicht gewesen, Giles und er

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