Noras großer Traum (German Edition)
versah, befanden sie sich schon wieder im Landeanflug auf Frankfurt, wo es am Abend nach Singapur und von dort aus in den äußersten Norden Australiens, nach Darwin, gehen sollte. Der hektische Frankfurter Flughafen empfing sie mit trübem Nieselregen, und so verbrachten sie die Zeit bis zum Anschlussflug mit einem kleinen Bummel durch den Flughafen, einer kurzen Pause an einer der Saftbars und begaben sich dann zum Boarding ans Qantas-Gate. Allein der Anblick des Kängurus auf dem Logo der Fluggesellschaft ließ Noras Herz schon wieder höher schlagen, und als es einige Zeit später endlich so weit war und der riesige Jumbo sich um 21.40 Uhr Frankfurter Zeit in den Abendhimmel erhob, betrachtete Nora die immer kleiner werdenden Lichter unter sich mit der Gewissheit, dass sie nun bald wirklich den Kontinent, von dem sie schon so lange träumte, kennen lernen durfte. Erleichtert konnte sie feststellen, dass die Sitze der Business-Class durchaus Bequemlichkeit und Beinfreiheit versprachen. Dankbar dachte sie an den Hamburger Verlag, der ihnen diesen Luxus gegönnt hatte. Die Erinnerung an die normale Bestuhlung in den Urlaubsfliegern, die sie sonst gewohnt war, hatte sie vor diesem Flug ans andere Ende der Welt einige Male mit panikartigen Gefühlen kämpfen lassen.
Der angenehme Beginn ihrer langen Reise mit Martin hatte sich auch in den nächsten Stunden fortgesetzt. Angeregte Gespräche wechselten mit ruhigen Lesepausen und einigen Nickerchen ab. Überrascht nahmen sie nach einem neunstündigen Flug zur Kenntnis, dass ein Zwischenstopp in Bangkok angekündigt wurde. Nach der Landung jedoch genossen sie die Zeit, sich in Ruhe die Beine zu vertreten, während die Maschine betankt und gesäubert wurde, bevor sie eine gute Stunde später wieder nach Singapur abhob. Dort nutzten sie den vierstündigen Aufenthalt für einen kleinen Einkaufsbummel. Nora genoss es inzwischen, Martin an ihrer Seite zu haben, der sich stets gut auszukennen schien. Als schließlich die letzte lange Etappe ihrer Reise begann, tröstete Nora sich nach einer mehr oder minder schlaflosen Nacht mit dem Gedanken, dass sie nach der nächsten Landung endlich australischen Boden betreten würde.
Am frühen Morgen war es dann so weit. Doch ziemlich erledigt und mit ehrlichem Respekt vor jenen Leuten, die mal eben für ein verlängertes Wochenende nach »down under« flogen, betrat Nora mit Martin den Flughafen in Darwin. Obwohl sie sehr müde war und sich nach einer Dusche sehnte, konnte sie es nicht fassen, endlich am Ziel zu sein. Ungläubig schaute sie sich um, während sie hinter Martin herging. Erleichtert nahmen sie einige Zeit später ihr vollständiges Gepäck entgegen und fuhren mit einem Taxi zum Hotel, wo sie glücklicherweise gleich ihre Zimmer beziehen konnten und vereinbarten, sich nach einer Ruhepause erst am frühen Nachmittag zu treffen.
Nora war froh, die Ruhe und angenehme Kühle des klimatisierten Zimmers genießen zu können. Nachdem sie geduscht und ihren Wecker gestellt hatte, stand sie noch einen Augenblick am Fenster und nahm die Aussicht bewusst in sich auf, bevor sie sich endlich zufrieden auf ihrem Bett ausstreckte.
Als sie später einen ersten Spaziergang durch die Stadt unternahmen, machte Darwin mit seiner ausgesprochen modernen Architektur einen sehr fortschrittlichen und etwas nüchternen Eindruck auf Nora und Martin; was sie aber vor dem geschichtlichen Hintergrund dieser etwa Achtzigtausend-Einwohner-Stadt nicht weiter verwunderte, war sie doch zweimal nahezu völlig zerstört worden. Das erste Mal durch japanische Bomber 1942 und das zweite Mal am Heiligen Abend 1974 durch den Wirbelsturm Tracy, der mit annähernd zweihundertachtzig Kilometern pro Stunde über die Stadt hinwegbrauste und von elftausendzweihundert Gebäuden nur vierhundert nicht zerstörte. Nora hatte mehr als anerkennend gelesen, dass sich die Bewohner bereits in den Tagen nach dem Sturm T-Shirts mit der Aufschrift »What a night with Tracy!« angezogen und ungerührt darangemacht hatten, ihre Häuser neu aufzubauen.
Nachdem sie sich ein wenig umgesehen und etwas gegessen hatten, nahmen sie ein Taxi, um sich im Northern Land Council beraten und die Erlaubnis geben zu lassen, in den nächsten Tagen das Land der Aborigines durchqueren zu dürfen, um den einzigartigen Kakadu National Park kennen zu lernen. Sie waren erleichtert, dass ihnen dies ohne große Schwierigkeiten gelang, und kümmerten sich anschließend um einen geländegängigen
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