Noras großer Traum (German Edition)
dass ihr gekommen seid. Und ich bin euch dankbar, dass ihr mir helfen wollt. Aber im Moment bin ich die einzige Person, die mir helfen kann. Auch wenn ihr das jetzt nicht versteht, bitte ich euch, mit mir Geduld zu haben. Ich habe euch nie vergessen, und in einiger Zeit hätte ich mich auch bei euch gemeldet.« Mit einem altvertrauten ironischen Grinsen sah er nun an sich hinunter. »Und selbstverständlich hätte ich mich ein wenig hübscher angezogen, wenn ich von eurem Besuch gewusst hätte.« Nach einer kleinen Pause hatte er hinzugefügt: »Außerdem muss ich mir noch ein wenig Mühe geben, wieder in meine Klamotten hineinzuwachsen, nicht?«
Lisa hätte beinahe die Fassung verloren. Sie hatten ihr Entsetzen über seine schlechte Verfassung also nicht verbergen können. Sie hatte ihn einfach an sich gedrückt und gemurmelt: »Ja, bitte tu das!«
Bill war erneut auf seinen Freund zugegangen.
»Du weißt aber, Tom, dass du jederzeit bei uns willkommen bist, nicht? Es wäre schön, wenn du eines Tages nach Cameron Downs zurückkehren würdest.«
»Ich denke darüber nach, Bill. Ich weiß aber noch nicht, ob ich das kann.«
Gleich darauf war Josh aus der Küche hereingestürmt und hatte sich an seinen Onkel geschmiegt. »Machen wir draußen weiter, Onkel Tom?«
Seine Finger hatten einen Augenblick mit den dunklen Locken seines Neffen gespielt. »Aber ja. Lauf schon mal vor, ja?«
Caroline war ebenfalls wieder ins Wohnzimmer gekommen und hatte ihren Bruder etwas unsicher angesehen.
»Bist du mir böse, dass ich deine Freunde angerufen habe?«
Als er den Kopf schüttelte und einen Arm um sie legte, schien sie erleichtert zu sein. Sie hatte die beiden Gäste auffordernd angeblickt.
»Sie machen uns doch die Freude und bleiben zum Essen, nicht wahr?«
Lisa sah sich nachdenklich im Schwesternzimmer um, in dem es um diese Zeit sehr still war. Schließlich griff sie nach ihrer Teetasse, um den letzten Schluck Tee zu trinken, und stellte anschließend die leere Tasse in den Geschirrspüler. Merkwürdig, wie lebendig einem bestimmte Dinge in Erinnerung blieben, während man andere völlig vergaß.
Nach dieser Begegnung mit Tom waren noch mehrere Monate vergangen, bevor er dann endlich in Cameron Downs aufgetaucht war. Er hatte zwar deutlich besser ausgesehen, schien im Ganzen aber sehr viel ernster als früher. Auch zu diesem Zeitpunkt war er sich noch nicht im Klaren darüber gewesen, ob er wieder für den Royal Flying Doctor Service tätig sein wollte. Er hatte sich entschlossen, zunächst eine Weile in der Umgebung zuzubringen, half früheren Freunden auf einer Farm aus und lebte auch einige Zeit bei seinen Aborigines-Künstlerfreunden in der Siedlung. Schließlich war er bei einem Notfall als Arzt eingesprungen und hatte anscheinend doch entdeckt, dass er auch hier gebraucht wurde. Als er seinen neuen Vertrag beim RFDS unterschrieb, waren sie und Bill sehr froh darüber gewesen. Nie wieder hatte er über seine Zeit in Afrika gesprochen, und sie waren übereingekommen, ihn damit in Ruhe zu lassen und seinen Wunsch zu respektieren, damit allein fertig werden zu wollen.
Lisa streckte sich und legte den Kopf in den Nacken, bevor sie sich auf den Weg zum Empfang machte, um dort die Unterlagen für die Übergabe zum Schichtwechsel vorzubereiten. Als sie auf den Gang trat, sah sie in Toms Büro immer noch Licht. Leise öffnete sie die Tür, um nun doch nach ihm zu schauen. Er hatte die Füße auf den Schreibtisch gelegt, die Arme vor der Brust verschränkt und war fest eingeschlafen. Sein Kopf war auf die linke Schulter gesunken, und sein Gesicht hatte selbst jetzt, im Schlaf, noch einen unzufrieden besorgten Ausdruck. Vor sich auf dem Schreibtisch lagen sein Bericht und der Totenschein des Jungen. Lisa ging schnell in einen Nebenraum und kam mit einer Decke zurück, die sie vorsichtig über Tom ausbreitete. Er bewegte kurz den Kopf, schlief aber weiter. Sie knipste die kleine Halogenlampe an, die auf dem Schreibtisch stand, und löschte die große Deckenbeleuchtung, bevor sie das Zimmer verließ und langsam zum Empfang ging.
9
N ora und Martin hatten im Hotel noch eine ganze Weile zusammengesessen und geschwiegen, bevor sie in der Lage waren, über den traurigen Einsatz zu sprechen, den sie heute erlebt hatten. Schließlich waren sie übereingekommen, ihren Aufenthalt in Cameron Downs für einige Tage zu unterbrechen, um den vorgesehenen Besuch im berühmten Roten Herzen des Kontinents einzuschieben. Sie hatten
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