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Noras großer Traum (German Edition)

Noras großer Traum (German Edition)

Titel: Noras großer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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das Besondere, das Einzigartige an solchen Orten wahrnehmen kann, wenn man heute den Uluru, in drei Wochen die Chinesische Mauer und vielleicht in sechs Wochen Tibet fotografiert.«
    »Doch, Nora. Ich gebe zu, dass ich mich manchmal bemühen muss, nicht abzustumpfen, all diese ständig wechselnden Eindrücke als selbstverständlich hinzunehmen. Aber heute, das war schon etwas Besonderes.« Er kratzte sich nachdenklich am Ohr und grinste sie plötzlich wieder unvermittelt an.
    »Und wenn ich in der nächsten Stunde vielleicht auch noch etwas zu essen bekomme, wird mir dieser Tag in unvergleichlich guter Erinnerung bleiben.«
    »Also doch ein Kulturbanause!«
    Als sie später gemeinsam im Hotel ein vorzügliches Abendessen und einen guten australischen Rotwein genossen, verspürte Nora eine tiefe Zufriedenheit. Sie beschlossen, den morgigen Tag noch einmal am Uluru zu verbringen, die etwa vierstündige Wanderung um den Berg herum zu machen und anschließend eine Pause im Besucherzentrum einzulegen, um dort hoffentlich Interessantes von den Aborigines über ihren heiligen Berg oder die Traumzeit zu erfahren. Einem weiteren Abend in diesem Hotel sahen sie nach dem heutigen Essen bereits mit Vorfreude entgegen. Für den darauf folgenden Tag planten sie die Olgas ein, bevor sie dann wieder nach Alice Springs zurückkehren wollten.
    Die vielen neuen Eindrücke hielten Nora später zunächst davon ab, gleich einzuschlafen. Auch musste sie in der Stille ihres Zimmers wieder an die kleine Joanna denken und durchlebte in der Erinnerung noch einmal die schrecklichen Momente, in denen Tom dem kleinen Jungen nicht mehr hatte helfen können. Einen Augenblick lang tauchte in diesem Zusammenhang auch die Schlange vom Stuart Highway in ihren Gedanken auf und ließ Nora schaudern; sie verdrängte allerdings die Frage, ob sie zu den giftigen gehört hatte oder nicht. Sehnsüchtig dachte sie an ihre Familie, denn obwohl sie regelmäßig mit ihrem Mann und den Kindern telefonierte, fehlten sie ihr. Noch nie zuvor war sie für mehrere Wochen von ihnen getrennt gewesen, und auch wenn sie die für diese Reise neu gewonnene Unabhängigkeit genoss, wünschte sie sich manchmal, die weichen Kinderarme wieder um ihren Hals zu spüren oder den endlosen Erzählungen ihrer lebhaften Kinder zuzuhören.
    Seufzend drehte Nora sich in ihrem Bett von der einen auf die andere Seite. Da sie in der letzten Nacht kaum Schlaf gefunden hatte, überkam sie nach einer Weile endlich die ersehnte Müdigkeit, die sie allerdings in unruhige Träume fallen ließ. Als sie morgens erwachte, war sie zunächst verwirrt, da ihr alles so echt erschienen war. Sie erinnerte sich daran, im Traum vor etwas weggelaufen zu sein. Ständig hatte sie sich angsterfüllt umgesehen, und einige Male war Toms ernstes Gesicht vor ihr aufgetaucht, das den gleichen fassungslosen Ausdruck hatte wie bei dem Tod des kleinen Dennis.
    Nora schüttelte schließlich den Kopf, erlaubte sich noch ein ausgiebiges Recken und rieb sich langsam die Augen, bevor ihr Blick zum Fenster wanderte, um sich mit dem Wetter für den bevorstehenden Tag zu beschäftigen. Als sie den blauen Himmel mit ein paar weißen Wölkchen entdeckte, schwang sie die Beine aus dem Bett. Nach einer Dusche und in frischer Kleidung wollte sie Martin zum Frühstück abholen, der ihr jedoch schon auf dem Gang entgegenkam, als sie ihr Zimmer gerade verlassen hatte. »Na, gut geschlafen?«
    Sie strahlte ihn gut gelaunt an.
    »Ja, du auch? Jetzt habe ich aber Hunger.«
    Nora und Martin entschlossen sich dazu, doch erst zu dem neuen Kulturzentrum im Park zu gehen, das sich seit 1995 darum bemüht, den Besuchern ein umfassendes Bild des Uluru und seiner Menschen zu vermitteln. Als sie erfuhren, dass hier die Ureinwohner mit einem Unternehmen namens Anangu Tours eigene Führungen anboten, entschieden sie sich sofort dafür. Wer, wenn nicht die Anangu selbst, könnte ihnen alles Wissenswerte zum Felsen, den Wasserstellen und zugänglichen Höhlen erzählen? Der wenig später ihrer kleinen Gruppe zugeteilte Guide machteden Besuchern auch noch einmal deutlich, dass die Aborigines nicht das Land besäßen, sondern umgekehrt das Land sie. Den Teilnehmern der Gruppe wurde während der Wanderung klar, dass die Kultur der Aborigines ohne dieses Land nicht hätte überleben können. All ihre Tänze, Traditionen, Riten und Erzählungen aus der Traumzeit waren seit ewigen Zeiten unauslöschlich an bestimmte Plätze oder heilige Kultstätten in

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