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Noras großer Traum (German Edition)

Noras großer Traum (German Edition)

Titel: Noras großer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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Nein, es lag an ihm selbst. Er mochte es einfach nicht, sein Innerstes nach außen zu kehren. Manchmal konnte er deswegen anderen auch schroff oder abweisend erscheinen. Er musste lächeln. Und in den einen oder anderen Fettnapf war er in seiner Zeit hier in Cameron Downs wohl auch schon getreten. Oft hatte er sogar Schwierigkeiten, sich selbst seine Gefühle einzugestehen.
    Und wenn er über die Frauen nachdachte, die in seinem Leben eine Rolle gespielt hatten, musste er zugeben, dass diese häufiger den entscheidenden Schritt gemacht hatten als er. Seine Gedanken wanderten zurück zu Sarah. Er hatte damals geglaubt, sie sei die Frau seines Lebens, und dennoch hatte er keine Bereitschaft verspürt, ihretwegen seinen Afrikaeinsatz abzusagen. War ihm der Beruf immer wichtiger? War seine Liebe nicht tief genug gewesen?
    Trotzig warf er die Grashalme weg. Sie hatte ihn ja auch nicht begleiten wollen, obwohl er sie so darum gebeten hatte. Er stand auf und bog die Schultern zurück. Nein, wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er Sarah mehr als einmal verletzt hatte, besonders, indem er sie von seinen Gedanken und Gefühlen ausgeschlossen und mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt hatte. Niedergeschlagen sah er in die Ferne. Wie sehr ihm das Land hier doch gefiel, diese scheinbar unendliche Weite. War es das, was er wollte? Einfach frei sein und zu niemandem gehören? Auf niemanden Rücksicht nehmen müssen? Sich immer frei entscheiden können? Bis vor kurzem hätte er an dieser Stelle vielleicht noch Ja gesagt. Nicht etwa, weil er ein rücksichtsloser Egoist war, sondern eher, weil er voll und ganz in seinem Beruf aufging, Prinzipien hatte und zu seinen Entscheidungen stand, was eben manchmal einen gewissen Grad an Freiheit voraussetzte.
    Seit er sich seine Gefühle für Nora eingestanden hatte, dachte er erstmals anders. Sicherlich war er auch durch seine bisherigen Erfahrungen gereift, aber er spürte zum ersten Mal in seinem Leben, dass er bedingungslos liebte, dass er sich nichts mehr wünschte, als zu ihr zu gehören und alles mit ihr zu teilen, sogar seine Gefühle und Gedanken. Wütend trat er gegen einen Stein, der meterweit flog und eine Staubwolke aufwirbelte, als er wieder auf den Boden traf. Verdammt! Wie konnte sein Leben nur derart aus dem Gleichgewicht geraten! Er hasste sich dafür ... und sie für ihre verdammte Treue zu einem Mann, an den sie sich so früh gebunden hatte, dass sie noch nicht mal mit der Schule fertig gewesen war.
    Tom ließ sich wieder unter dem Baum nieder und lehnte seinen Kopf gegen den Stamm. Er versuchte sich zu beruhigen. Es hatte einfach keinen Zweck, irgendjemandem die Schuld zu geben.
    Und wenn er ehrlich war, liebte er Nora so, wie sie war, auch dafür, dass sie zu ihrer Familie stand und nicht alles hinwarf. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als könnte er sich so besser konzentrieren. Nach kurzem Überlegen stand er auf und ging entschlossen zum Wagen. Vor einigen Tagen, nach dem Unfall, hatte er sich geschworen, jede Entscheidung von ihr zu akzeptieren, und das würde er jetzt verdammt noch mal auch tun. Sie hatte ihm klar gemacht, dass sie ein Glück mit ihm nicht auf dem Unglück ihrer Familie aufbauen konnte, und das war etwas, das er einsehen musste. Sicher, viele Leute – manchmal mit, manchmal ohne Kinder – taten das ohne Rücksicht auf Verluste. Aber machte die Tatsache, dass sie es nicht fertig brachte, sie nicht auch zu etwas Besonderem? Er wurde noch nachdenklicher. Hätte er Sarah und zwei mögliche Kinder einfach für ein neues Leben mit Nora verlassen können? Er schloss die Augen. Nein! Als der Motor ansprang, ließ er die Scheibe hinunter, als sollte ihn der Fahrtwind endgültig von seinen Gedanken befreien.

16
    M ax Bergmann sah aus dem Fenster. Wie schon oft auf dieser langen Reise hatte er so viel Zeit zum Nachdenken wie selten zuvor. Sein Alltag war geprägt von seinem beruflichen Erfolg. Er konnte stolz auf sein bisheriges Leben sein. Er hatte eine Frau, die ihn noch nie enttäuscht hatte und die mit ihm durch dick und dünn ging. Gemeinsam waren sie glücklich über zwei hübsche und aufgeweckte Kinder, die sich prächtig entwickelten. Das Haus, in dem sie lebten, war nach ihren Ideen entstanden. Wie gerne kehrte er nach anstrengenden Verhandlungen oder Dienstreisen immer dorthin zurück. Zum ersten Mal seit langer Zeit fand er die Ruhe, sich einzugestehen, dass seine Frau und seine Kinder der Lebensmittelpunkt waren, um

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